18.43

Abgeordneter Hermann Brückl, MA (FPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Hohes Haus! (Der Redner stellt eine Tafel mit der Aufschrift „Schulen wieder aufsperren!!!“ auf das Rednerpult.) Die Kinder von heute sind die Gesellschaft von morgen. Wir befinden uns mitten in der schwersten Krise dieser Zweiten Republik, und besonders schwer trifft es unsere Kinder.

Ich darf in diesem Zusammenhang eine Kollegin von den Grünen, die Abgeordnete Neßler, bemühen, die heute Mittag in einer Rede gemeint hat: Die kleine Welt unserer Kinder ist durch diese Krise noch kleiner geworden. Und Sie haben, Frau Kollegin, wörtlich gesagt: „Kinder sind nicht nur von der Krise betroffen, sondern Kinder befinden sich mitten in der Krise.“

Danach haben Sie auf ein Gespräch verwiesen, das Sie mit Mitarbeitern von Rat auf Draht geführt haben, in dem Ihnen mitgeteilt wurde, dass der Anteil der Kinder mit Angstzuständen um 220 Prozent gestiegen ist, weil sie Angst haben um ihre eigene Zukunft, Angst haben um die Zukunft ihrer Eltern. Sie haben berichtet, dass der Anteil der Kinder mit Schlafstörungen um 240 Prozent gestiegen ist und – ganz dramatisch – dass der Anteil der Kinder mit Suizidgedanken um 54 Prozent gestiegen ist.

So schrecklich diese Zahlen auch sind, liebe Grüne vor allem, muss ich euch schon fragen: Was habt ihr dagegen getan? Das gilt übrigens auch für die Schwarzen. – Ihr stellt euch hier heraus, erklärt uns die Welt und habt es selbst in der Hand, hier zu handeln. Ihr seid Regierungspartei! Ich rufe euch das noch einmal in Erinnerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Ihr habt die Kompetenz, dafür zu sorgen, dass die Schulen offen bleiben und nicht zugesperrt werden. Ihr habt es in der Hand, dass das Leid unserer Kinder gelindert wird. Liebe Grüne, liebe Volkspartei, Herr Bundeskanzler Kurz, ich rufe Sie auf: Sperren Sie die Schulen wieder auf! (Beifall bei der FPÖ.)

Frau Abgeordnete Neßler, Sie haben auch angesprochen, dass man den Langzeit­folgen, den möglichen Schäden entgegenwirken muss. Auch da frage ich Sie: Was haben Sie getan? Oder ist es so gewesen, wie sich schon in der vorherigen Debatte gezeigt hat, nämlich dass man Sie auch hier über den Tisch gezogen hat? Da darf ich Ihnen sagen: In der Kategorie Über-den-Tisch-Ziehen spielt die ÖVP in einer völlig anderen Liga, die schweben da in anderen Sphären, die wir alle miteinander in diesem Haus niemals werden erreichen können.

Aber ich frage Sie auch: Wo ist die monetäre, wo ist die budgetäre Vorsorge zur Bekämpfung der genannten Langzeitfolgen? – Diese Vorsorge gibt es nicht, Hohes Haus! – Herr Kurz, sperren Sie die Schulen wieder auf! (Beifall bei der FPÖ.)

Bevor jetzt ein übermäßiges Hyperventilieren bei der Österreichischen Volkspartei oder den Grünen eintritt und sich wieder 17 Abgeordnete melden, die mich dann tatsächlich berichtigen: Ja, ja, liebe Freunde, wir wissen schon, dass die Schulen im Sinne des Wortes nicht zugesperrt sind, sondern der Unterricht nur ins Wohnzimmer, ins Kinder­zimmer, auf Küche, Zimmer, Kabinett verlagert ist. Ich sage Ihnen aber, nur als Beispiel hier angeführt, das ist genau so, wie wenn in Wien die Bäder im Frühjahr aufgesperrt werden und das Magistrat sagt: Die Bäder sind offen, aber wir haben halt leider kein Wasser in den Becken, ihr müsst halt trockenschwimmen.

Und wie schaut jetzt das Trockenschwimmen unserer Kinder, wie schaut das Distance­learning aus? – Ich habe Ihnen hier, geschätzte Damen und Herren, eine zweite Tafel mitgebracht, einen Stundenplan einer 1. Klasse Gymnasium in Wien. (Der Redner stellt eine Tafel, auf der eine Tabelle mit der Überschrift „Online-Stundenplan 1. Klasse/Gym­nasium“ zu sehen ist, auf das Rednerpult.)

Ich bin dieser Mutter, die uns diesen Stundenplan zugeschickt hat, sehr dankbar, sie schreibt: Ich erlaube mir höflichst, Ihnen den aktuellen Homeschoolingstundenplan mei­nes Sohnes, welcher die 1. Klasse eines Wiener Gymnasiums besucht, zur Beurteilung zu übermitteln, ob mit dem daraus ersichtlichen Unterricht Ihrer Meinung nach überhaupt irgendwelche Bildungsziele erreicht werden können. Ich bezweifle das. – Und das bezweifle ich auch, Hohes Haus! (Beifall bei der FPÖ.)

Wie Sie hier sehen können, haben die Kinder täglich 1 Stunde Onlineunterricht. – Nur so viel dazu, wie der Distanzunterricht tatsächlich funktioniert.

Herr Kurz, sperren Sie die Schulen wieder auf! Holen Sie unsere Kinder zurück ins Leben, geben Sie ihnen wieder Zuversicht, geben Sie ihnen Fröhlichkeit, geben Sie ihnen ihren Forschergeist wieder zurück und geben Sie ihnen wieder ihren Mut! – Sie haben entgegen allen Expertenmeinungen die Schulen in unserem Land zugesperrt, und ich sage Ihnen ausschnittweise auch, wer diese Experten sind, die für das Offenhalten der Schulen waren:

Gesundheitsminister: für offene Schulen; Bildungsminister: für offene Schulen; die eigene Regierungsampelkommission: für offene Schulen; Katholischer Familienver­band: für offene Schulen; Kinderfreunde: für offene Schulen; Kinder- und Jugendan­walt­schaften: für offene Schulen; Bildungsreferenten in den Ländern: für offene Schulen; Arbeiterkammer: für offene Schulen; Wirtschaftskammer: für offene Schulen; Industriel­len­vereinigung: für offene Schulen; Ärztekammer: für offene Schulen; Wirtschaftsfor­schungsinstitut: für offene Schulen; Institut für Höhere Studien: für offene Schulen; Caritas: für offene Schulen; Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheil­kun­de: für offene Schulen. Und ich könnte diese Aufzählung noch stundenlang fortsetzen.

Ich darf vielleicht auch noch etwas zitieren: „Werner Rainer vom Landesverband der Elternvereine Kärnten plädierte“ – am 12. November 2020 – „dafür, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten. [...] Auch die Lehrer seien aus pädagogischer Sicht für das Offenhalten, sagte Pflichtschullehrer-Gewerkschafter Stefan Sandrieser.“ (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich berufe mich auf den Generalsekretär im Bildungsministerium, Martin Netzer. Er hat letzte Woche noch gemeint, über 14-Jährige stecken sich beim Distancelearning mehr an. Das war nämlich die Folge dessen, dass man die Oberstufen ins Distancelearning und nicht mehr in die Schule geschickt hat. Die haben sich zu Hause mehr angesteckt, als das in der Schule der Fall gewesen ist.

Warum tun die das? – Ja, sie setzen sich für offene Schulen ein, weil jeder ganz genau weiß – nachgewiesenermaßen! –, dass die Schulen nicht die Treiber des Infektions­ge­schehens sind. Herr Bundeskanzler, sperren Sie die Schulen wieder auf! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundeskanzler, es ist nachgewiesenermaßen so, dass Kinder weniger erkranken, seltener erkranken (Zwischenrufe bei der ÖVP), und es ist nachgewiesenermaßen so, dass Kinder seltener andere Menschen anstecken. Daher: Sperren Sie die Schulen wie­der auf! Stellen Sie ausreichend Budgetmittel für Schulschließungen und für Lockdown­verlierer zur Verfügung, denn wir kennen die Studien aus Belgien, aus Kanada! Ich darf hier nur kurz jene aus Belgien anführen, die ganz klar sagt: Wenn über mehrere Monate hinweg Schulen wiederholt geschlossen werden, dann steigt der Anteil der Schüler, die Klassen wiederholen müssen, dann steigt langfristig der Anteil jener, die niedrigere Bildungsabschlüsse haben, was klarerweise in weiterer Folge auch Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hat und die soziale Ungerechtigkeit natürlich noch massiv verstärkt. – Herr Bundeskanzler, sperren Sie die Schulen auf! (Beifall bei der FPÖ.)

Es genügt, wenn die bekannten Maßnahmen eingehalten werden: Abstandsregeln, Hygieneregeln, Einsatz von Plexiglaswänden, gestaffelter Unterricht, Verlagerung in größere Räume, Nutzung von größeren Räumen und so weiter und so weiter.

Herr Bundeskanzler, holen Sie unsere Kinder zurück ins Leben, in ihr Leben, in ihr soziales Umfeld, in ihre Schulen, zu ihren Freunden! Geben Sie ihnen ihr Lachen wieder und machen Sie die Schulen wieder auf! Herr Bundeskanzler, versemmeln Sie nicht mit Ihrer verfehlten Politik auch noch die Zukunft unserer Kinder! (Beifall und Bravorufe bei der FPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.52

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass die Redezeit der nunmehr zu Wort gemeldeten Abgeordneten 5 Minuten beträgt.

Der nächste Redner ist Herr Abgeordneter Taschner. – Bitte.