9.13

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsi­dent! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, es möglichst ruhig zu sagen: Was heute hier stattfindet, ist meines Erachtens eine Verhöhnung der parlamentarischen Demokratie. Es ist eine Verhöhnung der parlamentarischen Demokratie, wenn ein Ge­setz spät am Abend eingebracht wird – ein Gesetz, das erst in einem Jahr und einigen Monaten gelten wird, ein Gesetz, das Menschen, die nichts verbrochen haben, außer hart gearbeitet zu haben, ihre Pension raubt, ein Gesetz, das einige Alibimaßnahmen vorsieht, die das irgendwie verschleiern sollen, ein Gesetz, das generell – und dazu ist bei all den Showpressekonferenzen nichts angekündigt worden – alle Pensionen senkt. Ein Gesetz so einzubringen, geschätzte Damen und Herren, ist eine Verhöhnung unse­res Hauses, eine Verhöhnung des Nationalrates. (Beifall bei SPÖ und FPÖ. – Abgeord­nete der SPÖ halten Tafeln mit Aufschriften wie „45 Jahre sind genug“, „Pensionsraub stoppen! 45-Jahre-sind-genug.at“, „Wer arbeitet darf nicht der Dumme sein! 45-Jahre-sind-genug.at“ und „Leistung muss sich lohnen! 45-Jahre-sind-genug.at“ in großen wei­ßen Lettern auf rotem Hintergrund in die Höhe.)

Ich spreche jetzt gemäß den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung nicht vom Inhalt.

Wir hatten gestern am Abend noch eine sehr interessante Debatte zu diesem Thema, eine inhaltlich interessante Debatte, und ich habe zum Beispiel Herrn Koza sehr interes­siert zugehört – es war auch sehr laut. Ich frage Sie aber etwas, Herr Koza – Sie sind ja Gewerkschafter gewesen –: Was hätten Sie als Gewerkschafter zu einem Gesetz gesagt (Abg. Steinacker: Zur Geschäftsordnung! – weitere Rufe bei der ÖVP: Zur Geschäfts­ordnung!), das die Interessen der Menschen massiv betrifft, bei dem aber die Gewerk­schaften nicht mitreden können, die NGOs nicht mitreden können, die Zivilgesellschaft nicht mitreden kann, weil es keine Begutachtung gibt, weil es keinen Ausschuss gibt, weil es eine Nacht-und-Nebel-Aktion ist?

Herr Präsident, Sie sind Präsident dieses Hauses, Sie sind Präsident des Nationalrates! Ich fordere Sie auf, Maßnahmen zu setzen, damit das hier nicht auf solche Art betrieben wird. Das geht so nicht! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

Ich habe verstanden, dass in der Zeit, als die Krisengesetze zur Covid-Situation gekom­men sind, manches schnell gehen musste.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Darf ich Sie ersuchen, die Taferln nach 30 Sekun­den wieder zu senken? – Zudem ersuche ich Sie, zur Geschäftsordnung zu sprechen. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (fortsetzend): Ich habe verstanden, dass damals nicht alle Usancen des Hauses eingehalten werden konnten. Ein Gesetz aber, das erst in einem Jahr gelten wird, auf solche Art in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durchzupeit­schen, ist eine Frechheit, Herr Präsident! (Die Abgeordneten Haubner und Steinacker: Zur Geschäftsordnung! – Weitere Rufe bei der ÖVP: Das ist eine Geschäftsordnungsde­batte!) Ich fordere Sie auf, das als Nationalratspräsident nicht zu dulden! Das geht so nicht! (Beifall bei SPÖ und FPÖ.)

9.16

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es weitere Wortmeldungen zur Geschäftsbe­handlung? – Abgeordneter Schnedlitz, bitte.