10.05

Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Minister! Ge­schätzte Damen und Herren zu Hause! In diesem Gesetzespaket, mit dem man ei­gentlich auch beschließen wollte, dass die Polizei unsere Privaträume, Wohnungen und Häuser ohne Grund betreten darf, werden ja auch Maßnahmen beschlossen, um die Verbreitung von Covid-19 zu verhindern. Ich möchte einmal als einer der Betroffenen, die diese Maßnahmen dann draußen umsetzen müssen – in dem Fall als Bürgermeis­ter –, drei Beispiele bringen und zeigen, wie absurd sie teilweise sind. Auch viele andere, viele Unternehmer vor allem, sind ja von diesen Maßnahmen betroffen.

Wir haben in diesem Jahr schon Verordnungen gehabt, die verfassungswidrig waren, die aufgehoben wurden. Viele Verordnungen sind aber einfach praxisfremd. Jetzt hat man sich als Regierung dazu entschlossen, dass man den Betreibern von Skiliften die Möglichkeit gibt, am 24. Dezember aufzusperren. Offensichtlich hat man dabei aber nicht bedacht, dass es dazu auch eine gewisse Infrastruktur braucht, sprich eine Skihütte, in die man reingehen kann, weil es dort eine WC-Anlage gibt.

Wir betreiben so einen Lift bei uns in unserer Gemeinde: einen kleinen Skilift, wo viele Kinder hinkommen. Das heißt, die Kinder könnten nicht einmal aufs WC gehen. Der Lift wird von uns betrieben, der Betreiber der Skihütte verkauft für uns die Karten. Der Ski­hüttenbetreiber könnte dort Getränke ausgeben, diese dürfen aber nicht konsumiert werden, denn laut einer Verordnung dürfen im Umkreis von 50 Metern der Betriebsstätte keine Getränke oder Speisen, die dort bezogen wurden, konsumiert werden. Das ist völlig absurd, denn wenn ein Skifahrer mit dem Rucksack kommt und sich selber eine Jause mitbringt, darf er sich schon vor die Skihütte hinstellen. Er dürfte diese mitge­brachte, nicht dort gekaufte Jause verzehren und sich dort aufhalten. Wer jedoch in die Skihütte reingeht und sich beim Wirt etwas kauft, muss 50 Meter weggehen.

Jeder, der Skihütten ein bisschen kennt – Kollegen Hörl ist leider nicht da –, weiß, dass man, wenn man sich von einer Skihütte 50 Meter entfernt, in einer Gefahr oder über­haupt tot sein kann. Man steht nämlich mitten auf der Skipiste, oder man braucht Flügel, weil man irgendwo in einen Abgrund stürzt. Diese Verordnung mit den 50 Metern ist also völlig absurd.

Zweites Beispiel: private Haushalte. Wir haben bei uns im Dorf einen Wirt, und in vielen anderen Dörfern gibt es diesen Dorfwirt auch. Er befindet sich mitten im Dorf, rundherum sind Häuser. Wenn man da diese Umkreisregel anwendet, stellt man fest, dass alle Nachbarn des Wirtes in die Regelung hineinfallen, sodass sie das Essen, das sie vom Wirt beziehen, in ihren eigenen Häusern nicht essen dürfen.

Das dritte Beispiel: Wir dürfen jetzt als Gemeinden die Massentestungen durchführen, Sie haben uns ja dazu eingeladen. Morgen und übermorgen wird dies in meiner Gemein­de durchgeführt. Unser Gemeindeamt steht direkt neben dem Dorfwirt. Ich habe bei ihm für morgen und übermorgen eine Verköstigung bestellt, damit die Leute, die bei uns die Tests durchführen, und wir als Gemeindebedienstete – meine Mitarbeiter – dort versorgt werden. Wir dürfen das aber laut Ihrem Gesetz im Gemeindeamt nicht verzehren, weil wir im 50-Meter-Umkreis sind. (Zwischenrufe der Abgeordneten Belakowitsch und Wurm.) Das ist also eine völlig absurde Regelung, wie man an diesen drei Beispielen schön zeigen kann. (Beifall bei der FPÖ.)

Ich ersuche Sie deshalb, diese Regelung einfach abzuschaffen, und bringe folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Erwin Angerer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Beseitigung der realitätsfremden 50 Meter Abstandshaltung von Betriebsstätten zur Konsumation von dort erworbenen Getränken und Speisen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Änderung des § 7 Abs. 7 der 2. COVID-19-Schutzmaßnahmen-Verordnung zu veranlassen, die sicherstellt, dass die normierte Abstandsregelung von 50 Metern aufgehoben wird.“

*****

Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

10.09

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Erwin Angerer

und weiterer Abgeordneter

betreffend Beseitigung der realitätsfremden 50 Meter Abstandshaltung von Betriebs­stätten zur Konsumation von dort erworbenen Getränken und Speisen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 4: Bericht und Antrag des Gesundheitsaus­schusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz betref­fend vorläufige Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 (COVID-19-Maßnahmengesetz) geändert wird (564d.B.) in der 71. Sitzung des Nationalrates am 11. De­zember 2020

§ 7 Abs. 1 der Verordnung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, mit der besondere Schutzmaßnahmen gegen die Verbreitung von COVID-19 getroffen werden (2. COVID-19-Schutzmaßnahmen-Verordnung) normiert für das Gastgewerbe Folgendes:

„Das Betreten und Befahren von Betriebsstätten sämtlicher Betriebsarten der Gastge­werbe zum Zweck des Erwerbs von Waren oder der Inanspruchnahme von Dienstleis­tungen des Gastgewerbes ist untersagt.“

§ 7 Abs. 7 der genannten Verordnung regelt zu Abs. 1 nachstehende Ausnahme:

„(7) Abweichend von Abs. 1 ist die Abholung von Speisen und alkoholfreien sowie in handelsüblich verschlossenen Gefäßen abgefüllten alkoholischen Getränken zwischen 06.00 und 19 .00 Uhr· zulässig. Die Speisen und Getränke dürfen nicht im Umkreis von 50 Metern um die Betriebsstätte konsumiert werden.“

Die zitierte Vorschrift, derzufolge man abgeholte Speisen und Getränke erst ab einer Entfernung von mehr als 50 Metern von der entsprechenden Betriebsstätte konsumieren darf, wird in der Praxis zu großen Schwierigkeiten führen.

So wird unter anderem bei Ausübung von Wintersportarten, wie beispielsweise beim Schifahren, diese Bestimmung dazu führen, dass die Einnahme von Getränken und Speisen geradezu verunmöglicht wird, da aufgrund der oft anzutreffenden topo-grafi­schen Bedingungen in Schigebieten eine Entfernung von 50 Metern von einer Schihütte oder einer anderen Getränke und Speisen ausgebenden Betriebstätte direkt in unweg­bares oder ungesichertes Gelände oder aber auch auf Schipisten führen kann.

Gerade Familien mit Kindern oder Kinderschikurse wird diese völlig lebensfremde Be­stimmung vor schwer lösbare Probleme stellen, eine zusätzliche Gefährdung der Kinder bedeuten, und insbesondere eine den Bedürfnissen von Kindern und Familien entspre­chende Durchführung von Familienschitagen oder Kinderschikursen nahezu verunmögli­chen.

Dazu kommt, dass die gegenständliche Verordnung in § 7 Abs. 7 ganz generell auf einen erforderlichen Abstand von 50 Metern abstellt und diesen nicht auf öffentlichen Raum einschränkt. Damit ist beispielsweise die Einnahme von in Betriebstätten erworbenen Speisen und Getränken auf privatem Grund oder in der eigenen Privatwohnung dann nicht möglich, wenn sich diese innerhalb eines Abstandes von 50 Metern zur Betriebs­stätte befinden.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend eine Änderung des § 7 Abs. 7 der 2. COVID-19-Schutzmaßnahmen-Verordnung zu veranlassen, die sicherstellt, dass die normierte Abstandsregelung von 50 Metern aufgehoben wird.“

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß ein­gebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Abstimmung erfolgt am Ende der Tagesordnungspunkte des Gesundheitsaus­schusses.