20.00
Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ganz kurz zu diesem hier eingebrachten Gesetz, durch das die AMA jetzt bis zum Ende der Pandemie Sitzungen über digitale Kanäle abhalten können soll: Ja, natürlich! Willkommen im 21. Jahrhundert!
Die einzige Frage, die ich mir nach wie vor stelle, ist, warum man das zeitlich begrenzt und nicht einfach permanent ermöglicht, aber gut, es soll so sein, an uns soll es nicht scheitern.
Da Herr Berlakovich auch schon über die AMA und vor allem auch über das AMA-Gütesiegel – darüber möchte ich heute auch sehr gerne reden – und darüber, dass es ja jetzt schon eine Kampagne der AMA-Marketing über das AMA-Gütesiegel gibt, gesprochen hat: Ehrlich gesagt sehe ich das diametral anders. Ich habe bei dieser Werbung meinen Augen nicht getraut. Da wird gepriesen, dass durch das AMA-Gütesiegel die Regionalität, die Transparenz und die Gentechnikfreiheit garantiert werden. Das wird suggeriert. Gelinde gesagt ist das eine Irreführung der Konsumentinnen und Konsumenten. Es ist einfach falsch, und ja, es ist gelogen. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ. – Abg. Strasser: Geh, geh, geh, geh, geh, geh, geh!) – Ja, ist es!
Warum sage ich das? – Es gibt doch für das Gütesiegel – und das wissen Sie genauso gut wie ich, Herr Kollege – überhaupt keine Auflagen hinsichtlich der verwendeten Futtermittel, sprich – und ich spreche natürlich über die Schweinebauern – wenn Eiweißfuttermittel zugekauft werden, kommen die natürlich aus Südamerika, und ja, die sind gentechnisch verändert. Das wissen Sie genauso gut wie ich. (Beifall bei den NEOS.)
Dann kann man sich halt nicht einfach hinstellen und sagen, dass die Produkte mit dem AMA-Gütesiegel gentechnikfrei sind. In der Werbung wird suggeriert – und das können Sie auch nicht abstreiten, Herr Kollege –, dass die Produkte mit dem AMA-Gütesiegel aus nachhaltiger, heimischer Landwirtschaft kommen. Viele Betriebe arbeiten definitiv so: Die haben eine Kreislaufwirtschaft. Da wird das Futter auf den Feldern angebaut, die Tiere werden damit gefüttert, und das wird dann vermarktet. Genauso viele kaufen aber eben auch zu, und das muss man sich kritisch anschauen.
„Ich schau [...] ganz genau, weil ich aufs AMA-Gütesiegel schau“. – So heißt es ja so schön in der Werbung. Wir haben es uns eben genau angeschaut, und das muss man in diesem Fall auch tun. Das Gütesiegel klebt nun einmal auch auf Produkten, in denen der Raubbau am Amazonas steckt, hergestellt mit massivem Einsatz von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln und teilweise auf illegal gerodeten Flächen.
Warum ist mir das wichtig? – Die AMA-Marketing wird mit viel Steuergeld und mit Zwangsbeiträgen der Landwirtinnen und Landwirte finanziert. Die heimischen Konsumenten und, ja, auch die Bauern, haben sich Besseres verdient. Sie haben sich verdient, dass sinnvoll und ehrlich mit dem Geld umgegangen wird und dass ihre Interessen ernst genommen werden.
Es ist mir auch deswegen so wichtig, weil da sehr viel Geld in die Hand genommen wird, um einen Standard – den des AMA-Gütesiegels – zu erklären, der in Wahrheit nicht wahnsinnig hoch über dem Standard liegt, der den gesetzlichen Mindestvorgaben entspricht. Das mag vor 20 Jahren in Ordnung gewesen sein, aber heute ist es das eben nicht mehr.
Wir müssen uns da wirklich die Frage stellen: Wer profitiert denn vom AMA-Gütesiegel? – Ich weiß sehr genau, wer nicht davon profitiert. Es profitieren nicht die Bauern, die Landwirte, weil die AMA-Gütesiegel-Aufschläge – das wissen Sie alle –minimal sind, und für die Konsumenten ist es irreführend. Das ist einfach nicht akzeptabel.
Aus meiner Sicht sollte das rot-weiß-rote Gütesiegel im Rahmen der europäischen Vorgaben für eine Landwirtschaft stehen, die nachhaltig ist, die möglichst regional ist und die auch transparent ist, Frau Bundesminister.
Deswegen bringen wir als Opposition heute gemeinsam – also ich gemeinsam mit Kollegin Ecker und Kollegen Schmiedlechner – einen Entschließungsantrag zur Anpassung des AMA-Gütesiegels ein, der da lautet:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Cornelia Ecker, Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kein AMA Gütesiegel für umweltschädliche Sojaimporte“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, umgehend die Vorgaben des AMA Gütesiegel anzupassen, indem innerhalb der kommenden GAP-Förderperiode die Umstellung aller AMA-Gütesiegelprodukte ausschließlich auf regionale und gentechnikfreie Soja- und Eiweißfuttermittel sichergestellt wird und die Lizenzbedingungen für das AMA-Gütesiegel dahingehend geändert werden."
*****
(Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, das kann ja eigentlich nur ein Anliegen sein, das Ihnen sehr naheliegt. Wir würden uns daher wirklich freuen, wenn Sie uns heute hier unterstützen würden.
Herr Berlakovich und liebe Kolleginnen und Kollegen von der ÖVP, das ist ein Antrag, in dem es einzig darum geht, die österreichische Landwirtschaft zu stärken. Das muss ja auch wirklich in Ihrem Sinne sein, und deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn Sie heute hier breit zustimmen, und ich ersuche Sie darum. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der FPÖ.)
20.05
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Cornelia Ecker, Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen
betreffend kein AMA Gütesiegel für umweltschädliche Sojaimporte
eingebracht im Zuge der Debatte in der 71. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Antrag 1102/A der Abgeordneten Dipl.-Ing. Georg Strasser, Dipl.-Ing. Olga Voglauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das AMA-Gesetz geändert wird (546 d.B.) – TOP 63
Aufgrund seiner Biodiversität und seiner Rolle als CO2 Speicher gilt das Amazonasgebiet als eines der wichtigsten Ökosysteme der Welt. Wegen der Expansion der landwirtschaftlichen Flächen und des Rohstoffabbaus ist der Regenwald des Amazonas allerdings massiv bedroht. Diese Entwicklung wird beschleunigt durch unzureichende Naturschutzbemühungen der verantwortlichen Staaten und die große internationale Nachfrage nach Produkten und Rohstoffen aus Südamerika.
Eines der problematischsten landwirtschaftlichen Produkte ist Soja als Futtermittelpflanze, welches in der Regel aus gentechnisch verändertem Saatgut hergestellt ist und unter intensivem Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel angebaut wird, häufig auf illegal gerodeten Flächen. Diese Sojafuttermittel werden für die Viehwirtschaft nach Europa exportiert. Eine im Juli 2020 in Science publizierte Studie (Rajão et al, The rotten apples of Brazil's agribusiness, Science, 2020) konnte etwa nachweisen, dass ein Fünftel des Sojas, welches aus Brasilien nach Europa exportiert wurde, aus illegal gerodeten Flächen stammt. Abgesehen davon verursachen die langen Transportwege eine übermäßig hohe Belastung des Klimas.
Trotz einiger Verbesserungen bei der Eiweißautarkie werden auch für die österreichische Landwirtschaft noch immer jährlich ca. 500 000 Tonnen Sojafuttermittel importiert, was indirekt eine Mitverantwortung am Raubbau des Regenwalds bedeutet. Es gibt seit Jahren politische Bemühungen, diese "Eiweißlücke" zu schließen und den heimischen Anbau zu fördern. Um dies weiter voranzutreiben, wäre es auch besonders wichtig Konsument_innen optimal darüber zu informieren, welche Produkte derartige Importe beinhalten und deren Absatz nicht aktiv zu fördern oder zu begünstigen.
Das AMA Gütesiegel ist das in der österreichischen Bevölkerung bekannteste Gütesiegel und steht - laut Eigendefinition - für eine "nachvollziehbare Herkunft des Produktes". Die rot-weiß-rote Färbung des Siegels suggeriert für Verbraucher_innen zusätzlich einen heimischen Charakter. Es wäre daher im Interesse der österreichischen Bevölkerung, wenn man vollkommen ausschließen könnte, dass ein mit dem AMA Gütesiegel markiertes Produkt weder mit gentechnisch veränderten Futtermitteln hergestellt wurde, noch den Raubbau im Amazonasgebiet mitverursacht und so klimaschonend wie möglich hergestellt, oder mit intensivem chemischem Pflanzenschutz hergestellt wurde.
Eine entsprechende Anpassung dieses Gütesiegels würde gleichzeitig die Nachfrage nach nachhaltigeren Eiweißfuttermitteln aus Österreich und Europa stärken und so die nationale und europäische Unabhängigkeit von Importen fördern.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus, wird aufgefordert, umgehend die Vorgaben des AMA Gütesiegel anzupassen, indem innerhalb der kommenden GAP-Förderperiode die Umstellung aller AMA-Gütesiegelprodukte ausschließlich auf regionale und gentechnikfreie Soja- und Eiweißfuttermittel sichergestellt wird und die Lizenzbedingungen für das AMA-Gütesiegel dahingehend geändert werden.“
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, er ist ordnungsgemäß eingebracht, und er steht mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Elisabeth Köstinger. – Bitte, Frau Bundesministerin.