14.43

Abgeordneter August Wöginger (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Also eines ist sehr interessant: Ist Kickl da, ist der Teufel los. Ist Hofer da, kann man halbwegs vernünftig miteinander diskutieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Martin Graf.) Das muss man eingangs gleich einmal festhalten.

Wenn es jetzt eine Regierungserklärung zu einem, glaube ich, doch (Abg. Belakowitsch: Billig seids, nur billig!) extrem wichtigen Thema und einer Situation, die uns seit zig Monaten begleitet, gibt, dann sagt der liebe Klubobmann Kickl nicht dazu, dass er es war, der das erste Mal seit vielen Legislaturperioden eine Vereinbarung gebrochen hat, die er selber unterschrieben hat. Er hat letzten Mittwochabend unterschrieben, dass es keine Sonderaktionen hier im Hohen Haus geben wird (Abg. Amesbauer: Da war aber die Pressekonferenz noch nicht!), damit wir die Reparatur bei diesem einen Gesetz durchführen können. Das ist eigentlich der Grund, warum wir heute da sind. (Abg. Amesbauer: Da hat es die Pressekonferenz noch nicht gegeben!)

Das hat er selber gebrochen – das hat seit Legislaturperioden nicht mehr stattge­fun­den –, und das ist der Grund, warum wir auch diese Diskussion jetzt führen. – Also nicht nur die halbe Wahrheit sagen (Abg. Amesbauer: Die Pressekonferenz war danach!), sondern die gesamte Wahrheit sagen! So etwas haben wir lange nicht mehr gehabt. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Amesbauer.) Da kamen nur Hasstiraden, hier wird Gift versprüht, Unwahrheiten werden erklärt – das ist Klubobmann Kickl! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Das hat im Parlament nichts verloren, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Steger.)

Präsidentin Doris Bures: Herr Klubobmann Wöginger, ich ersuche auch Sie, sich in der Ausdrucksweise zu mäßigen, bitte. (Zwischenruf bei der FPÖ.)

Abgeordneter August Wöginger (fortsetzend): Jawohl, Frau Präsidentin! Sie wissen, ich bin ein Innviertler, aber ich werde mich sehr bemühen. (Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP.) Ja, wir nennen halt die Dinge auch beim Namen; das, glaube ich, soll erlaubt sein, aber ich bemühe mich, Frau Präsidentin. (Ruf bei der FPÖ: So ein Unsinn! – Zwischenrufe der Abgeordneten Martin Graf und Rauch.)

Eines ist aber schon auch interessant. Wenn man nämlich mit den Menschen draußen redet – und wir tun das (Abg. Amesbauer: Aha! ... prüfen!) –, dann sagen ungefähr zwei Drittel der Leute: Ja, es ist mühsam. Es ist mühsam. Schon wieder ein Lockdown! (Abg. Amesbauer: Ohne Grund!) Ich möchte eigentlich meine Normalität zurück. – Wenn man aber mit den Menschen redet, dann verstehen sie auch diese Maßnahmen.

Warum verstehen sie sie? – Weil wir eine Situation in unseren Spitälern und auf den Intensivstationen gehabt haben, die die gesamte Bevölkerung mitbekommen hat. Wir waren wirklich an den Kapazitätsgrenzen, zum Teil sogar darüber. Wir haben Spitäler, die eigentlich nicht mehr als Spitäler fungiert haben, aber bei denen sozusagen die Logistik wiederhergestellt werden konnte, aktiviert – zum Beispiel auch in Oberöster­reich –, damit wir die notwendigen Kapazitäten für die Menschen, die das gebraucht haben, schaffen konnten. (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Und da hat eines keinen Platz, meine Damen und Herren: dieses Virus zu leugnen, zu sagen, dass es diese Erkrankung nicht gibt (Abg. Hafenecker: Das sagt ja keiner!), und dafür einzutreten (Abg. Belakowitsch: Das sagt niemand!), dass man sagt, das ist alles nicht wahr und unrichtig, was hier (Abg. Hafenecker: Sagt doch niemand! – Abg. Belakowitsch: Das sagt keiner!) auch von zahlreichen Medizinern und Expertinnen und Experten untermauert wird. Das ist eine unseriöse Politik, meine Damen und Herren, die wir entschieden ablehnen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Was ist denn jetzt die Situation? (Abg. Hafenecker: Frau Präsidentin, darf der so einen Unsinn reden?) – Ich komme aus einer 800-Einwohner-Gemeinde. Wir haben zwei Todesfälle. (Abg. Kickl: Sonst wäre er stumm!) Jetzt kann man sagen: ältere Herren, Vorerkrankung – aber die sind innerhalb kürzester Zeit verstorben, weil sie sich mit dem Virus infiziert haben. Mittlerweile kennen wir auch viele Menschen, die jünger sind, die diese Covid-Erkrankung bekommen haben. Zum Beispiel gibt es dort, wo ich aufge­wach­sen bin, einen 60-jährigen Mann – ohne Vorerkrankung –, der jetzt mit dem Rollator unterwegs ist und eigentlich nur ein Stück gehen kann, weil ihm die Luft fehlt. Viele Menschen, die diese Erkrankung gehabt haben, müssen sich, wenn sie über eine Stiege hinaufgehen, niedersetzen (Abg. Belakowitsch: Ja, so geht’s mir auch!), weil sie zu wenig Luft haben, um weiterzugehen. Das sind aber Menschen, die nicht 70 oder 80 Jahre alt sind.

Wissen Sie, meine Damen und Herren, was die Aufgabe von gewählten Politikern und Politikerinnen und auch von einer gewählten Bundesregierung ist? – Es ist die Aufgabe, diese Menschen vor diesen schwerwiegenden Erkrankungen zu schützen. Das ist unsere Aufgabe, und die nehmen wir wahr, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: Wir müssen die Menschen vor dieser Regierung schützen!)

Ja, es ist extrem mühsam, es ist extrem herausfordernd, auch für die Familienverbände, auch für die bevorstehenden Weihnachtsfeiertage (Abg. Amesbauer: Haben Sie schon versaut! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), die wir bitte und hoffentlich nur im ganz kleinen Kreise begehen und feiern werden. Es ist alternativlos. Warum? – Weil wir die Infektionszahlen sonst nicht in den Griff bekommen. (Neuerliche Zwischenrufe der Abgeordneten Amesbauer und Belakowitsch.)

Wir wollen diese Pandemie, die die größte seit 100 Jahren, seit der Spanischen Grippe ist, gemeinsam bewältigen. Es geht auch nur gemeinsam. Und ich bin froh, wenn sich auch hier im Hohen Haus die Spreu vom Weizen trennt (Abg. Belakowitsch: Ja!), denn es gibt eine konstruktive Opposition, eine konstruktiv-kritische Opposition (Abg. Amesbauer: Wir wollen ja gar nicht mitmachen mit euch!), wenn ich die SPÖ und die NEOS hernehme.

Es gibt aber eine Oppositionsfraktion, die ist weder konstruktiv, noch bringt sie Vor­schläge. (Abg. Amesbauer: Das stimmt nicht!) Es ist einfach: Hauptsache, wir sind dagegen (Abg. Amesbauer: Das stimmt ja nicht!), weil es in der Bevölkerung vielleicht ein paar Prozentpunkterl von jenen gibt, die dann sagen: Na, das könnte ich mir auch vorstellen, das so zu sehen und diese Kickl-Truppe doch zu unterstützen! – Das ist nicht notwendig, meine Damen und Herren, denn es geht um den Schutz der Bevölkerung (Abg. Amesbauer: Ihr schützt überhaupt niemanden!), es geht darum, wie wir am besten wieder aus dieser Situation herauskommen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Amesbauer: Sie haben beim Schutz der Bevölkerung versagt!)

Es zeigt ja auch eines (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), denn worum geht es? – Dass wir die Zahlen nach unten bringen, dass wir jetzt testen, testen, testen (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch) und dass sich dann hoffentlich so viele Menschen auf freiwilliger Basis - - (Abg. Amesbauer: Ja, genau! – Abg. Steger: Ja, freilich! – Abg. Amesbauer: Das stimmt ja nicht!) – Ja, dass du nur schreist, das wissen wir eh! Also hör einfach einmal zu (Abg. Amesbauer: Das ist ein indirekter Zwang mit Sank­tionen! ...!), denn wenn ihr noch mehr von diesen Unwahrheiten in der Bevölkerung verbreitet, dann seid ihr mitverantwortlich, dass sich auch das Virus durch diese Unwahr­heiten immer stärker verbreitet! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir bringen die Zahlen nach unten. Das ist aktuell auch so. Wir haben jetzt wieder rund 1 500 Neuinfektionen täglich – Gott sei Dank; es sind noch viel zu viele, aber gegenüber dem, wo wir hergekommen sind, doch auch ein guter Erfolg. Was wollen wir? – Es geht doch darum, wie wir jetzt in die nächsten Wochen und Monate hineingehen. Es ist noch eine sehr mühsame Zeit. Wir haben heute Winterbeginn, den kürzesten Tag und die längste Nacht. Es wird noch mühsam in den Frühjahrsmonaten, hinein in den März, April, und daher ist es notwendig, dass wir diese Testungen durchführen. (Abg. Amesbauer: Was ist denn das für ein Blödsinn?!)

Ich bedanke mich bei all jenen, bei den Zigtausenden Freiwilligen, bei den Mitar­beite­rinnen und Mitarbeitern von Feuerwehr und Rotem Kreuz, bei unseren Kommunal­poli­tikern, die da wirklich Hervorragendes geleistet haben und noch leisten, damit wir diese Testungen auch durchführen können. Darum geht es, denn diese Testungen geben Sicherheit. Diese Testungen sind doch dazu da, dass man sagen kann - - (Abg. Amesbauer: Welche Sicherheit geben sie denn?) Ja, es ist halt so: Die Kickl-Truppe schreit nur. Ich kann es nicht ändern. Meine Damen und Herren, verzeihen Sie das! Wir haben hier eine Fraktion, bei der die Manieren in letzter Zeit leider Gottes verloren gegangen sind. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es geht doch um das Testen. Es geht doch darum, dass wir den Bürgerinnen und Bürgern dadurch auch wieder Vertrauen geben können. (Abg. Amesbauer: Das ist ja nicht wahr!) Wenn man sich zum Beispiel jetzt zu Weihnachten mit seinen Eltern in einem ganz kleinen Kreis trifft, dann ist es, wenn da Personen über 70 Jahre alt sind, doch vertrauensbildend, wenn man dort nur hingeht, wenn man getestet ist, wenn man also weiß, man ist nicht infektiös. Ist das so schwer zu verstehen? (Abg. Amesbauer: Das weiß man ja nicht!) Es ist doch menschlich notwendig, dass wir das tun, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Abg. Amesbauer: Das ist ja nicht das, was ihr macht!)

Jetzt, noch vor dem Jahreswechsel, kommen auch die ersten Impfstoffe nach Österreich. Wir bekommen bis März 900 000 Dosen. Wir hoffen, dass sich genügend Menschen impfen lassen, beginnend mit dem Gesundheitspersonal und der älteren Generation als Hochrisikogruppe. Nur so, meine geschätzten Damen und Herren, werden wir dieses Virus gemeinsam einigermaßen bewältigen können.

Abschließend ist mir eines schon auch noch wichtig, zu erwähnen: Es gibt auch vernünftige Kräfte in der FPÖ, beginnend mit Präsidenten Hofer, der die Situation in den Pflegeheimen aus der eigenen Familie kennt und zu Recht gesagt hat, dass es notwendig ist, dort zu testen. Er hat das auch im Frühjahr schon verlangt. Das ist wenigstens ein konstruktiver Beitrag und bringt wenigstens auch für die Sache etwas. Von Kollegen Kickl hören wir keine konstruktiven Vorschläge. Es kommen nur kampf­rhetorische Tiraden, die der Sache nicht dienen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Und auch du, Herr Klubobmann, bist von deinen Wählerinnen und Wählern dafür gewählt, um dafür zu sorgen, dass wir gemeinsam aus dieser Situation herauskommen. Deshalb appelliere ich noch einmal auch an die Freiheitliche Partei, hier keine Unwahr­heiten zu verbreiten, keine Ängste vor dem Testen und vor dem Impfen zu schüren, sondern zu animieren, zu appellieren und zu ersuchen, dass man davon Gebrauch macht. Nur so werden wir diese Situation einigermaßen bestehen.

Es stehen die Weihnachtstage bevor, meine Damen und Herren. Trotz dieser schwie­rigen, herausfordernden Situation wünsche ich Ihnen allen ein paar ruhige, schöne Weih­nachtsfeiertage, in denen hoffentlich die Maßnahmen, die gesetzt wurden, eingehalten werden, damit wir ein besseres Jahr 2021 bekommen, damit wir gemeinsam aus dieser schwierigen Situation herauskommen und damit wir dann im nächsten Sommer wieder Licht am Ende des Tunnels haben. Das ist die Verantwortung, die wir haben. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.54

Präsidentin Doris Bures: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek. – Bitte, Frau Abgeordnete.