22.27

Abgeordneter Alois Kainz (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Zuseher! In meiner heutigen Rede beschäftige ich mich mit der parlamentarischen Bürgerinitiative betreffend „Verbot des tierquälerischen, betäubungslosen Schächtens und Verbot der ‚post-cut-stunning‘-Methode beim Schächten“.

Beim Schächten handelt es sich um das rituelle Schlachten eines Tieres im Judentum und im Islam. Typisch dafür ist das Durchtrennen der Halsschlagader des Tieres durch einen fachmännisch ausgeführten, schnellen Schächtschnitt ohne vorhergehende Be­täubung. Wichtig ist dabei das vollständige Ausbluten des Tieres, denn es darf nur unblu­tiges Fleisch konsumiert werden.

Meine Damen und Herren! In Österreich sind nach derzeitiger Rechtslage Schlachtun­gen ohne vorherige Betäubung laut Tierschutzgesetz zwar grundsätzlich verboten, je­doch bei zwingenden religiösen Geboten oder Verboten einer gesetzlich anerkannten Religionsgemeinschaft erlaubt. Die Unterzeichner dieser parlamentarischen Bürgerini­tiative fordern nun, dass das Schächten, bei dem die Tiere immense Qualen erleiden, nun auch in Österreich gänzlich verboten werden soll.

In vielen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – wie Polen, Dänemark oder auch Schweden – und sogar in der Schweiz ist das Schächten bereits seit geraumer Zeit ver­boten. Das dänische Landwirtschaftsministerium vertritt dabei beispielsweise die An­sicht, dass die Religionsfreiheit nicht über dem Tierrecht steht. Laut jüngster Rechtspre­chung des Europäischen Gerichtshofes vom Anfang dieses Jahres gibt es kein Recht auf rituelles Schächten ohne Betäubung. Damit wurde den EU-Mitgliedstaaten die Mög­lichkeit gegeben, rituelles Schächten ohne Betäubung der Tiere zu verbieten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben nun die Möglichkeit, im Sinne der Tiere zu handeln und können somit den Tierschutz über die Religionsfreiheit stellen.

Somit bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verbot des rituellen Schächtens“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, durch welche das Tierschutzgesetz dahingehend geändert wird, dass die rituelle Schlachtung ohne Betäubung verboten ist.“

*****

Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

22.30

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Peter Schmiedlechner, Alois Kainz

und weiterer Abgeordneter

betreffend Verbot des rituellen Schächtens

eingebracht im Zuge der Debatte in der 79. Sitzung des Nationalrats am 20. Jänner 2021 über den Sammelbericht des Ausschusses für Petitionen und Bürgerinitiativen über die Petitionen Nr. 1, 3, 6, 12 und 13, 18 und 19, 33, 35 und 38 sowie über die Bürgerinitia­tiven Nr. 5, 11 und 12, 20, 28 und 30 (604 d.B.) - TOP 16

Unter Schlachten versteht man das Töten eines Tieres durch Blutentzug und nachfol­gender Ausweidung zum Zweck der Fleischgewinnung (Tierschutzgesetz – TSchG § 4 Z 13). Die Schlachtung und Tötung (Tierschutzgesetz – TSchG § 32) von Tieren darf nur so erfolgen, dass jedes ungerechtfertigte Zufügen von Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwerer Angst vermieden wird und darf nur von Personen vorgenommen werden, die dazu die notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten haben. Das Schlachten von Tie­ren ohne Betäubung ist mit zwei Ausnahmen verboten: Notschlachtungen und rituelle Schlachtungen.

Das Schächten oder Schechita ist das rituelle Schlachten von Tieren, insbesondere im Judentum und im Islam. Bezweckt wird das möglichst rückstandslose Ausbluten des Tie­res, da der Genuss von Blut sowohl im Judentum als auch im Islam verboten ist. Die Tötung erfolgt im Judentum unbetäubt; im Islam ist eine elektrische Betäubung nach bestimmten Rechtsschulen zulässig. Mittels eines speziellen Messers mit einem ein­zigen großen Schnitt quer durch die Halsunterseite, in dessen Folge die großen Blutgefä­ße sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt werden, wird das Tier getötet.

Das Schächten ist vom Standpunkt des Tierschutzes aus absolut abzulehnen. Die Be­fürworter dieser Methode argumentieren zwar, dass nur durch den Schächtschnitt ein komplettes Ausbluten des Tieres sichergestellt sei, und dass - aufgrund des schlagarti­gen Abfalls des Blutdrucks und damit der Sauerstoffversorgung des Gehirns - eine so­fortige Bewusstlosigkeit ohne nennenswerte Schmerzen eintrete. Geringe Fehler beim Schächten sind aber jedenfalls äußerst qualvoll für das Tier.

Aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse weiß man aber, dass die Blutversorgung des Gehirns auch durch nicht durchtrennte Gefäße im Bereich der Wirbelsäule und des tiefen Nackens weiter erfolgt und verweisen auf Aufnahmen geschächteter Tiere, die einen mehrminütigen Todeskampf durchleben, obwohl sichtbar die Luftröhre und Hauptschlag­adern durchtrennt wurden. Eine sofortige Bewusstlosigkeit ist daher beim Schächten nicht bei allen Tieren gegeben. Auch ist ein Beharren auf das Schächten ohne vorherige Betäubung mit dem Hinweis auf das erforderliche Ausbluten nicht überzeugend, da ein betäubtes Tier in gleicher Weise ausblutet wie ein nicht betäubtes. Außerdem bleiben auch beim besten Ausbluten immer noch Blutrückstände im Fleisch, so dass dieses Ar­gument auf jeden Fall angezweifelt werden kann.

Bei der Diskussion des Themas muss auch der historische Hintergrund betrachtet wer­den. Von der Einführung der Schächtung bis in die Moderne war diese im Sinne des Tierschutzes (schnelle Tötung) und der Lebensmittelhygiene (Fleischbeschau) fort­schrittlich. Die Einführung moderner Betäubungsmethoden (Bolzenschuss, Begasung oder Strom) im zwanzigsten Jahrhundert bieten tierfreundlichere Ansätze. Diese Ansicht wird auch von Reformjuden geteilt, welche den Verzehr von unter Betäubung entbluteten Tieren erlauben.

Das Schächten, bei dem die Tiere ohne Betäubung, also bei vollem Bewusstsein aufge­hängt und durch Kehlschnitt getötet werden, ist eine grausame Todesfolter. Es kann Minuten lang dauern, ehe das Tier ausgeblutet und verendet ist. Für die FPÖ ist es un­zulässig, diese barbarische Methode der „reinen Schlachtung“ unter dem Deckmantel der freien Religionsausübung zuzulassen. Tierschutz hat alle uns anvertrauten Tiere zu umschließen. Ansonsten ist er einer inakzeptablen Situationsethik unterworfen, lücken­haft, unglaubwürdig und unehrlich. Sonderrechte für bestimmte Weltanschauungen darf es aber nicht geben, um die Trennung von Staat und Religion zu gewährleisten. Auch im Sinne eines ehrlichen ernstgemeinten Tierschutzes. Dennoch wurden in der Vergan­genheit entsprechende Initiativen der FPÖ stets abgelehnt. 1

Die Region Flandern in Belgien verbot jedoch bereits 2017 die Schlachtung ohne Betäu­bung, woraufhin jedoch von Religionsvertretern Klage erhoben wurde.2 Der Europäische Gerichtshof hat nunmehr in seiner jüngsten Entscheidung (C-336/19)3 geurteilt, dass es kein Recht auf rituelles Schächten ohne Betäubung gibt. EU-Staaten dürfen somit rituel­les Schächten ohne Betäubung der Tiere verbieten. Sie können damit den Tierschutz über die Religionsfreiheit stellen, indem das nationale Recht Schlachtungen ohne Betäu­bung verbietet.

Wir Freiheitlichen teilen in diesem Zusammenhang den Standpunkt der Tierschutzorga­nisationen und des EuGH. Es darf keinen 2-Klassen-Tierschutz geben. Denn jeder, der ein Tier auf diese grausame Weise tötet und sich nicht auf seine Religion berufen kann, begeht eine Straftat und kann wegen schwerer Tierquälerei verurteilt werden.

Der Obmann des österreichisch-ägyptischen Vereins Dr. Moustafa Eltelbi hat den Mufti von Ägypten, eine islamische Autorität, um eine entsprechende Interpretation in diesem Zusammenhang gebeten, die uns Recht gibt. Dieser Interpretation zufolge darf das Tier vor der Schächtung betäubt werden, wenn diese Betäubung für das Tier nicht tödlich ist.

Mit diesem Antrag soll ein EU-rechtskonformer Beitrag geleistet werden, Tierleid in einer Form zu lindern, die auch von der mosaischen und moslemischen Religionsgemein­schaft akzeptiert werden kann.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzu­leiten, durch welche das Tierschutzgesetz dahingehend geändert wird, dass die rituelle Schlachtung ohne Betäubung verboten ist.“

1              https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXIV/NA 00180/index.shtml#tab-Uebersicht

2           https ://www. j u ris .de/jporta l/porta l/t/ 1 tkj/page/hom erl. psml? n id=j nach rJ U NA201204 723&cmsuri=%2Fju ris%2Fde%2F nachrichten%2 F zeigenachricht. jsp

3           http://curia.eu ropa. eu/juris/document/document.jsf ?text=&docid=235717 &pageln­dex=O&doclanq=DE&mode=req&dir=&occ=first&part= 1

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, aus­reichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Fischer. – Bitte.