13.16

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! Wir werden heute, glaube ich, Zeuge der bisher verlogensten Debatte im Nationalrat (Beifall bei den NEOS), und zwar sowohl bei den Gegnern als auch – anscheinend – bei den versteckten Befürwortern des Frei­handels. Ich möchte zwei, drei Punkte aufklären, die, glaube ich, ganz wichtig sind.

Es werden in der Debatte ganz viele Dinge jetzt unter dem Thema Mercosur-Abkommen verhandelt, die überhaupt nichts mit dem Freihandelsabkommen zu tun haben. Das erste – und das ist einmal ganz zentral –: Es ist komplett richtig, dass in Lateinamerika aus der Perspektive der Umwelt eine sehr schädliche Form von Landwirtschaft betrieben wird; es ist vollkommen richtig, dass Techniken eingesetzt werden, die klimaschädlich sind – und es ist im Übrigen auch so, dass die Produkte, die dort hergestellt werden, bereits heute auf dem europäischen Markt erhältlich sind.

Um nichts davon geht es in einem Freihandelsabkommen. Die Fragen, die wir beim Freihandelsabkommen debattieren, betreffen zwei Dinge: Wollen wir Barrieren zwischen Wirtschaftsräumen abbauen? – Ja, das wollen wir als Liberale. – Und: Wollen wir durch diesen Handel dazu beitragen, dass die Welt auf beiden Seiten besser wird? – Ja, auch das wollen wir als Liberale. (Beifall bei den NEOS.)

Schauen wir uns die Situation bei den landwirtschaftlichen Produkten an: Wir sprechen beim Rindfleisch im Fall einer Befreiung von den Zollgebühren von 1 Prozent der europäischen Produktion, während Lateinamerika insgesamt 2,2 Prozent der Produktion in Europa bedient – bei einem gleichzeitigen, bereits jahrzehntelangen Rückgang des Rindfleischverbrauchs. Das heißt ganz konkret, dass da keine große Gefahr besteht, nämlich dass weder das südamerikanische Rindfleisch plötzlich den europäischen Markt überflutet – weil das mit diesem Vertrag einfach nicht geht – noch dass die Europä­erin­nen und Europäer sich das überhaupt wünschen. Das Gleiche ist im Übrigen auch beim Hühnerfleisch der Fall, und Ähnliches gilt bei fast allen anderen landwirtschaftlichen Produkten, für die es immer Kontingente gibt.

Jetzt aber stellen wir – wir NEOS nicht, aber alle anderen Parteien im Nationalrat – uns hier heraus und sagen, es darf keinen Handel mit Agrarprodukten geben, und gleich­zeitig freuen wir uns, wenn der österreichische Wein in Kalifornien, in den Vereinigten Staaten verkauft wird, wir freuen uns darüber, wenn unsere Schweine und Ähnliches exportiert werden. Wir freuen uns über jedwede Art von Export, beim Importieren aber kriegen wir plötzlich Angst. Das ist ganz, ganz billiger Agrarnationalismus und hat nichts mit Evidenz zu tun. (Beifall und Bravoruf bei den NEOS.)

Im Übrigen, um auch auf den Begriff Regionalität zu sprechen zu kommen – und das ist auch ganz wichtig –: Regionalität hat nichts mit Staatsgrenzen zu tun. Als Wiener sind für mich die Slowakei und Ungarn viel regionaler als Vorarlberg – keine Sorge, ich liebe Vorarlberg –, und für einen Vorarlberger ist es viel näher, wenn er in die Schweiz oder nach Deutschland schaut. Regional bedeutet kurze Wege, und es bedeutet vernünftigen Anbau.

All das hat im Übrigen wieder nichts mit dem Mercosur-Abkommen zu tun. Es wird hier einfach nur vermischt, um den Freihandel plötzlich schlechtzumachen. – So, und jetzt möchte ich zu einem anderen Punkt kommen, der sehr wohl gerechtfertigt ist:

Gerechtfertigt ist natürlich der Hinweis darauf, dass, wenn wir insgesamt auf der Welt mehr Handel betreiben, dies unter Anwendung der bestehenden Techniken für das Klima schädlich ist. Das ist definitiv so. Die Frage ist – und das ist die Frage, die wir uns stellen müssen –: Wollen wir deswegen den Handel per se ausschließen? Wollen wir deswegen die Globalisierung auf null drehen und quasi wieder zurück in ein kleines Walddorf? – Das wird sich volkswirtschaftlich einfach nicht ausgehen.

Das, was es braucht, ist ein Handel mit Mechanismen. Das ist der Kritikpunkt, aufgrund dessen wir NEOS dem vorliegenden Mercosur-Abkommen in der jetzigen Fassung nicht zustimmen können. Wir denken, es ist der richtige Weg, das Klimaabkommen darin zu verankern.

Dieses ist bereits ein Bestandteil davon, es gibt auch schon ausreichend Prüfmechanis­men, das Einzige, was fehlt, ist die Konsequenz. Wenn ich also feststelle, dass mein Handelspartner sich nicht an die Regeln, die ich in dem Vertrag vereinbare, hält, dann muss es eine Konsequenz geben. Eine logische Konsequenz wäre, dass die Erleich­terungen, die in dem Vertrag zugesichert werden, ausgesetzt werden. Das ist im Übrigen nicht etwas, das nur wir als kleinste Fraktion im österreichischen Nationalrat uns denken, sondern das ist tatsächlich auch die Denke vieler europäischer Partner, und es wäre der richtige Weg.

Wir wollen, dass jetzt einmal ganz grundsätzlich darüber nachgedacht wird, wie wir ein Abkommen mit Lateinamerika schließen können, das den Menschen in Österreich, den Menschen in Europa und den Menschen in Lateinamerika dienlich ist – für die Lebens­grundlage, für den Wohlstand und für die Zukunft. Wenn das gelingt, werden wir dem gerne zustimmen. Wenn das nicht gelingt, können wir nachher noch immer Nein sagen. Wir brauchen nicht schon vorher durch Lügen schlechte Stimmung zu machen. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

13.21

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Gerald Hauser. – Bitte, Herr Abgeordneter.