16.34

Abgeordnete Petra Bayr, MA MLS (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Herren Volksanwälte! Damen und Herren! Die UN-Behindertenrechtskonvention normiert, dass jedem Menschen ein geregeltes Arbeitsverhältnis zusteht, eines, das auch dazu geeig­net sein soll, den Lebensunterhalt des jeweiligen Menschen zu bestreiten.

Nach der Diskussion, nach dem Bericht – ich danke auch dafür – wissen wir, dass wir in Österreich sehr weit davon entfernt sind. Es ist jetzt aber schon eine ganze Menge an guten Argumenten gekommen, warum es notwendig ist, auch Menschen mit Behin­derung die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten, und das auch sozial abgesichert und in vollem Ausmaß zu machen.

Ich möchte noch ein Argument dazu anführen: Wenn wir uns das Thema behinderte Frauen genauer anschauen, sehen wir, dass bis zu 90 Prozent als Kinder oder als Jugendliche Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen machten. Auch bei erwachsenen Frauen mit Behinderung ist die Erfahrung mit körperlichen Übergriffen, mit sexuellen Übergriffen doppelt so hoch wie bei nichtbehinderten Frauen. Das ist für Europa genauso gültig, wie das global gültig ist, und das ist ein wirkliches Drama. Ganz besonders gefährdet sind Frauen, die blind sind, die gehörlos sind oder die psychische Krankheiten haben.

Wir können ja aus der Entwicklungszusammenarbeit eine ganze Menge lernen. Unter anderem können wir lernen, dass Frauen, die ein unabhängiges, selbstständiges Einkommen haben, also nicht von jemand anderem in der Familie finanziell abhängig sind – sei es vom Lebenspartner oder von sonst jemandem; auch bei behinderten Frauen kommen die Übergriffe überwiegend im sozialen Nahraum vor, das ist nichts Außergewöhnliches im Vergleich zu sonstigen Übergriffen –, eine stärkere Position haben. Wir sehen, dass ökonomische Eigenständigkeit extrem vor Übergriffen schützt, weil Frauen, die ökonomisch selbstständig sind, einfach eine stärkere soziale Position haben.

Diese Überlegung, diesen Gedankengang sollten wir, glaube ich, auch mitnehmen, wenn wir darüber reden, dass wir gut abgesicherte, sozialrechtlich richtige, ordentliche Arbeitsplätze für Menschen beziehungsweise Frauen mit Behinderung in Österreich brauchen, weil wir sehen, dass Frauen mit eigenständigem Einkommen seltener von sexuellen Übergriffen betroffen sind, dass sie zum Beispiel darauf bestehen können, dass beim Geschlechtsverkehr ein Kondom verwendet wird, was für HIV-Prävention aus­gesprochen wichtig ist. Und wir sehen auch, dass Kinder von Frauen mit ökono­mischer Eigenständigkeit bessere Schulerfolge haben, länger in der Schule sind.

Es ist also ein ganzer positiver Rattenschwanz an Effekten, und wenn uns das hilft oder helfen kann, Frauen aus Gewaltbeziehungen zu befreien, dann sollten wir gerade auch bei behinderten Frauen besonders hinschauen, da ansetzen und aktiv sehr schnell Ordentliches tun. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Krisper.)

16.37

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeord­nete Mühlberghuber. – Bitte.