17.31

Abgeordneter Mag. Gerald Loacker (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! (Abg. Belakowitsch: Bitte nicht lachen, es ist so peinlich!) Danke an den Kollegen Pöttinger, der meinen Antrag schon eingeleitet hat. Es ist für die Zuschauer ein bisschen schwer zu verfolgen, denn es wurden da fünf verschiedene Anträge in eine Debatte verwurschtet.

In unserem Antrag geht es darum, dass der Chef der Selbständigenversicherung, Peter Lehner, im Jänner medial groß angekündigt hat, die SVS werde jetzt beginnen, die Bei­träge einzutreiben. Und das war natürlich das Topsignal mitten im Lockdown, den Unter­nehmern zu sagen: Wir treiben jetzt die Beiträge ein!

Da geht es ja nicht nur um die Selbstständigen, da würde man die Situation verkennen, sondern da geht es auch um Arbeitsplätze von Mitarbeitern dieser Selbstständigen. Und wenn man den Druck auf die Unternehmer erhöht, dann gefährdet man zusätzlich Arbeitsplätze. Da sieht man, wie gut die Selbständigenversicherung ihre Zwangs­ver­sicherten versteht. Peter Lehner ist überhaupt eines meiner Lieblingsexemplare in der neuen türkis eingefärbten Sozialversicherung. Das, was er macht, vernichtet nicht nur Unternehmen, das vernichtet eben auch Arbeitsplätze. (Beifall bei den NEOS sowie bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ.)

Apropos Arbeitsplätze: Der Antrag in Tagesordnungspunkt 12 erhöht die Notstandshilfe für die Langzeitarbeitslosen. Das ist nett, aber hilft vielen nicht, weil sie ihre Notstands­hilfe mit der Mindestsicherung aufstocken. Das ist Österreich: Wer einmal soziale Ab­sicherung will, muss zu zwei Behörden gehen und zweimal einen Antrag stellen, damit er einmal sozial abgesichert wird. Das sieht man auch in dem Abänderungsantrag, den die Mehrheitsparteien selbst zu ihrem Antrag eingebracht haben. In diesem wird darauf verwiesen, wie aufwendig die Abklärung des Arbeitsmarktservice mit dem jeweiligen Sozialhilfeträger ist. Die müssen natürlich korrespondieren, wer wem wie viel auszahlt. Das ist bürokratisch, und das sieht auch der Rechnungshof so. Er empfiehlt, diese beiden sozialen Absicherungssysteme, Notstandshilfe und Mindestsicherung, zu einem gemeinsamen System der sozialen Absicherung zusammenzuführen, einfach auch um die Bürokratie zu reduzieren.

In diesem Sinne bringe ich folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen betreffend „System der sozialen Absicherung“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pfle­ge und Konsumentenschutz, sowie der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die der Rechnungshof­forderung entspricht und Sozialhilfe und die Notstandshilfe zu einem gemeinsamen System der sozialen Absicherung zusammenführt.“

*****

Danke schön. (Beifall bei den NEOS.)

17.34

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

betreffend System der sozialen Absicherung

eingebracht im Zuge der Debatte in der 85. Sitzung des Nationalrats über 12. Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1238/A der Abgeordneten August Wöginger, Mag. Markus Koza, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 geändert wird (647 d.B.)– TOP 12

Von einem österreichweit einheitlichen System der Sozialhilfe kann nach wie vor keine Rede sein, selbst wenn sich die alte FPÖ-ÖVP-Regierung dafür gerühmt hat, zum ersten Mal ein Grundgesetz in diesem Bereich geschaffen zu haben. Eine Reform der Arbeits­losenversicherungsleistungen (Arbeitslosengeld, Notstandshilfe) wurde ebenso wenig angegangen. Auch unter der aktuellen schwarz-grünen Bundesregierung ist eine solche nicht absehbar und im Regierungsprogramm 2020-24 nicht vorgesehen. Doch die Aus­gestaltung von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ist eine zentrale Frage, wenn es darum geht, Menschen, die von Arbeitslosigkeit betroffen sind, einerseits ent­sprechend sozial abzusichern, andererseits diese Personen auch wieder rasch in Beschäftigung zu bringen und die Dauer der Arbeitslosigkeit kurz zu halten. Hinzu kommt noch der büro­kratische Aufwand, der mit der aktuellen Ausgestaltung verbunden ist. Bei den soge­nannten "Aufstockern" sind zwei Behörden mit einer Person befasst. "Aufstocker" sind jene Personen, die Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe beziehen, die geringer als die Mindestsicherung sind, die Differenz wird über die Mindestsicherung bezogen. Eine Harmonisierung bzw. Zusammenführung der Notstandshilfe und Mindestsiche­rung/So­zialhilfe wird auch vom Rechnungshof (Reihe Bund 2014/9) als notwendig erachtet. Die Umsetzung dieser Forderung würde zu einem Abbau einer wesentlichen Doppelstruktur führen. Über den bürokratischen Aufwand sind sich auch ÖVP und Grüne im klarem. Der eingebrachte Abänderungsantrag der Regierungsparteien argumentiert klar und deut­lich, dass die Kombination aus Mindestsicherung und Notstandshilfe zu kompliziert ist und es für die Behörden zu aufwendig ist, die unterschiedlichen Zahlungen abzugleichen:

Durch die Nichtanwendung des § 67 AlVG (Erstattungsregelung) auf die Notstandshilfe für Februar und März 2021 kann auf eine aufwendige Abklärung des Arbeitsmarktservice mit den Sozialhilfeträgern, ob Leistungsempfänger für diese Zeiträume bereits eine Un­terstützung von diesen erhalten haben, verzichtet werden. Dadurch kann eine raschere Auszahlung der erhöhten Beträge erreicht und der Verwaltungsaufwand des Arbeits­marktservice bei der Auszahlung dieser Leistungen verringert werden.

Daher wäre es umso wichtiger die beiden Systeme zusammenzuführen. Nur so ist es möglich, ein möglichst chancenorientiertes, treffsicheres und effizientes System der so­zialen Sicherung in Österreich zu schaffen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, sowie der Bundesminister für Arbeit, wird aufgefordert, dem Nationalrat schnellstmöglich eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die der Rech­nungshofforderung entspricht und Sozialhilfe und die Notstandshilfe zu einem gemein­samen System der sozialen Absicherung zusammenführt.“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nun hat sich Herr Bundesminister Martin Kocher zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.