19.08

Abgeordneter Mag. Gerhard Kaniak (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bun­des­minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute hier die 23. Än­derung des COVID-19-Maßnahmengesetzes und die ich weiß gar nicht wievielte Änderung des Epidemiegesetzes, neun Tagesordnungspunkte in einer Debatte zusam­mengefasst, über 20 verschiedene Gesetzesänderungen, und – wie könnte es anders sein? – wir haben diese Fülle an Gesetzesänderungen wieder am Freitagnachmittag, zwei Tage vor dem Ausschusstermin, erstmalig übermittelt bekommen, natürlich wieder ohne verfassungsdienstliche Überprüfung und ohne Begutachtungsfrist.

Natürlich ergibt sich heute hier gar nicht die Zeit, auf jede einzelne dieser gesetzlichen Änderungen einzugehen. Es finden sich einige darunter, die tatsächlich sinnvoll sind. Es finden sich sehr viele darunter, die absolut inakzeptabel sind. Aus diesem Grund werden wir einen Antrag auf gesonderte Abstimmung stellen, damit wir hier zumindest ansatz­weise differenziert beurteilen können.

Ich möchte aber auf einen ganz anderen Punkt des letzten Gesundheitsausschusses eingehen, nämlich auf das Expertenhearing. Die Aussagen der Experten, die wir im Gesundheitsausschuss geladen haben, waren für mich wirklich auf der einen Seite sehr erhellend und auf der anderen Seite erschütternd. Wenn namhafte Experten aus der für die Seuchenprävention und Seuchenbehandlung zuständigen Behörde Ages sagen, dass sie selbst behördlich und strukturell zwar sehr gut auf diese Krise vorbereitet waren, dass aber die Ratschläge und Empfehlungen der Experten von der Bundesregierung und von Bundesminister Anschober schlicht und ergreifend ignoriert wurden, dann finde ich das schon sehr bedenklich.

Diese Experten haben im Frühling des letzten Jahres klipp und klar gesagt, dass eine Politik der Angst mehr Schaden anrichtet, als sie hilft, und die Angst aus den Köpfen der Menschen nicht mehr wegzubekommen ist. Die Bundesregierung hat das ignoriert, und das halte ich für sehr bedenklich.

Wenn diese Experten empfehlen, dass der Einzelhandel geöffnet bleiben soll, weil dort kein Risiko besteht, und die Bundesregierung den Einzelhandel komplett, ohne differen­zierte Betrachtung, schließt, dann halte ich das für sehr bedenklich.

Diese Experten sagen auch, dass Schulschließungen der vollkommen falsche Weg sind, weil weder für die Schüler eine Gefahr besteht noch von den Schülern eine Gefahr aus­geht. Ich halte es für sehr bedenklich, wenn die Regierung die Schulen trotzdem schließt.

Betreffend das Thema Maskenpflicht, das Kollege Schallmeiner angesprochen hat, sagen die Experten, dass es in Österreich keine Evidenz gibt, dass weder die Einführung der Maskenpflicht noch die Abschaffung der Maskenpflicht im Frühling noch die Wieder­einführung der allgemeinen Maskenpflicht im Herbst irgendeinen epidemiologischen Effekt gehabt hat. Also, meine sehr geehrten Damen und Herren, was soll denn das bitte? (Beifall bei der FPÖ. – Bundesminister Anschober: Da behaupten Sie etwas, das nicht stimmt! Welche ExpertInnen sagen ...?)

Die Experten haben auch gesagt, dass eines der größten Probleme ist, dass die Akzep­tanz in der Bevölkerung für die Maßnahmen nicht mehr da ist und es eine Müdigkeit in der Bevölkerung betreffend die gesamte Coronapolitik gibt. – Ja, ich kann das verstehen.

Herr Bundesminister, Sie haben ja vorgeworfen, dass die Politik der Freiheitlichen so widersprüchlich sei. Ich möchte Ihnen ein paar Widersprüche aufzeigen: Am Anfang hat es geheißen, entweder Abstand halten oder Maske tragen. Jetzt heißt es auf einmal: FFP2-Masken tragen, das sogar im Freien, und zusätzlich Abstand halten; am besten, obwohl eine natürliche Immunität vorhanden ist, in bestimmten Arbeitsbereichen trotz­dem noch wöchentliche Tests machen müssen. Obwohl von den Schülern Eigentests gemacht werden, dürfen sie trotzdem nicht die Sportplätze besuchen. Obwohl es offizielle Testmöglichkeiten gibt, werden für die schulischen Testungen die offiziellen Tests nicht anerkannt. – Das sind lauter Widersprüche, die die Menschen da draußen nicht verstehen, Herr Bundesminister. (Beifall bei der FPÖ.)

Wir wissen, dass Bewegung für die Gesundheit der Schüler so wichtig ist – die Men­schen verstehen daher nicht, warum die Schüler keinen Turnunterricht mehr haben dürfen und warum Sie die Vereine und die Sportstätten schließen. Das verstehen die Menschen natürlich nicht. Wenn in den gesetzlichen Regelungen steht, dass Ausgangs­sperren und ein Lockdown nur die Ultima Ratio sein können, und Sie das seit zwei Monaten im Dauerzustand verhängt haben, obwohl seit 26. Dezember alle Experten in ihren Forecasts sagen, dass keine Überlastung des Gesundheitssystems droht, dann verstehen das die Menschen auch nicht, Herr Bundesminister, auch wenn Sie sich jetzt auf die Seite gestellt haben und mir vielleicht nicht mehr so aufmerksam zuhören. (Abg. Loacker: Der hat die Rede ... Zeit wieder raus ...!) – Das kann gut sein.

Auch betreffend die aktuellen gesetzlichen Regelungen möchte ich einige Widersprüche aufzeigen: Sie wollen die Impfdaten der Bürger verwenden, um Bestätigungen über den Impfstatus auszustellen. Das ist ein richtiges Ansinnen, aber statt auf die datenschutz­rechtlich sicherere Möglichkeit, auf den elektronischen Impfpass zurückzugreifen und dort die Daten bedarfsgerecht herauszuholen, lassen Sie sich die Daten täglich ins Gesundheitsministerium liefern. Das verstehen die Menschen auch nicht, Herr Bun­desminister. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Wenn Sie Gratistestungen und einen niederschwelligen Zugang für die Bürger wollen, dann ist das ein guter Ansatz, aber wenn Sie das medial ankündigen, ohne die ent­sprechenden Strukturen vorab zu schaffen, und zwei Wochen brauchen, bis Sie über­haupt den Kostenersatzbeschluss zustande bringen, dann verstehen auch das die Betroffenen nicht, Herr Bundesminister.

Ein dritter Punkt, der in der aktuellen Gesetzesmaterie drinnen ist, nämlich das Thema der Laientests, der Schnellzulassung oder sozusagen der Selbstdeklaration der Her­steller von Tests, damit sie auch von Laien angewendet werden dürfen: Wenn Sie auf der einen Seite den Herstellern erlauben, dass sie das selber einfach behaupten, und auf der anderen Seite die nationale Prüfbehörde, die Ages, gesetzlich einschränken, zu überprüfen, ob diese Aussagen auch stimmen, dann, Herr Bundesminister, verstehen das die Menschen ebenfalls nicht. (Beifall bei der FPÖ.)

Man kann zusammenfassen: Der größte Widerspruch ist an sich der, dass Sie be­haupten, Ihr sogenanntes alternativloses Handeln würde Leid in diesem Land verhin­dern; dabei erzeugen Ihre überschießenden Maßnahmen viel mehr Leid, als sie ver­hindern. Das ist der größte Widerspruch von allen.

Ich möchte aber konstruktiv enden, mit fünf klaren Punkten, wie wir mit dieser Krise besser zurechtkommen: Beenden Sie den Lockdown, beenden Sie die Ausgangs­sperren, die Schließungen im Einzelhandel, den eingeschränkten Betrieb in Schulen! Öffnen Sie die Sport- und Bildungsstätten, so wie es Ihre eigenen Experten Ihnen schon seit Langem empfehlen!

Legen Sie endlich ehrliche und transparente Daten auf den Tisch, so wie es ein Martin Sprenger, so wie es Mitarbeiter aus dem Team von Niki Popper schon seit Monaten fordern, damit auch ehrliche Prognoserechnungen entstehen!

Sorgen Sie dafür, dass alle Ihre Gesetze, Verordnungen und Erlässe einer ordentlichen Überprüfung auf Verfassungskonformität und Rechtmäßigkeit unterzogen werden, so wie wir das in unserem Antrag fordern!

Sorgen Sie für einen effektiven Schutz der Risikogruppen, aber bitte ohne die Menschen sozial zu vereinsamen!

Zu guter Letzt: Sorgen Sie endlich dafür, dass die Gesundheitsbehörden eine ent­sprechende finanzielle Aufwertung erfahren, dass die Behandlungskapazitäten ent­sprechend aufgestockt werden und neue Therapieoptionen, aber auch Präventions­maßnahmen flächendeckend umgesetzt werden! – Dann, Herr Bundesminister, können wir tatsächlich viel Leid verhindern. (Beifall bei der FPÖ.)

19.15

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gabriela Schwarz. – Bitte, Frau Abgeordnete. (Abg. Belakowitsch: Oje! ...! – Abg. Amesbauer: Das wird jetzt wieder was!)