18.07

Abgeordnete Mag. Romana Deckenbacher (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminis­ter! Hohes Haus! Sehr geehrte Zuseherinnen und Zuseher zu Hause! Waris Dirie, eine Menschenrechtsaktivistin, Autorin des Bestsellers „Die Wüstenblume“ und selbst betrof­fene Frau, hat in einem Interview Folgendes gesagt. Ich zitiere: „Ich weiß, dass jeden Tag hunderte von kleinen Engeln irgendwo verstümmelt werden, und sich nicht wehren können. Jemand musste diesen Mädchen eine Stimme geben.“

Sie spricht von Hunderten, ich möchte dazu noch ein paar Zahlen auf den Tisch legen. Weltweit sind etwa 200 Millionen Frauen von Genitalverstümmelung betroffen. Das ent­spricht etwa der Gesamtbevölkerung Brasiliens. Das Ausmaß eines derartigen Eingrif­fes – ich sage es Ihnen ganz ehrlich – ist für mich fast unerträglich, wenn man daran denkt, welche enormen Folgen dieser Eingriff hat, verbunden mit Blutverlust, Entzündun­gen, Blutvergiftungen. Diese Frauen leiden ein ganzes Leben lang daran. Jemand muss Ihnen immer wieder eine Stimme geben. Es ist für mich auch unfassbar, dass alleine in Europa ein halbe Million Frauen, so sind zumindest die Schätzungen, mit dieser Verlet­zung leben müssen, und – wir haben es gerade gehört – 6 000 bis 8 000 davon in Öster­reich. Ebenso haben wir schon gehört: Auch in Österreich passieren Genitalverstümme­lungen – in Österreich, Sie haben richtig gehört!

Die Dunkelziffer in Wien ist wahrscheinlich höher als die Zahl, die man kennt. Es handelt sich um circa 2 000 Frauen und Mädchen, die davon betroffen sind. Es gibt in Wien einige Ambulanzen mit engagierten Ärztinnen und Ärzten, die sich um diese Frauen und Mädchen und Rückoperationen kümmern, die das Leid und den Schmerz lindern sollen. In ihnen haben sie eine Stimme gefunden. Das Entfernen der Klitoris und das Zunähen der Schamlippen: Tradition? Kulturelle Identität? – Nein, eine klare Menschenrechtsver­letzung und auch eine Verletzung der Kinderrechte, eine unglaubliche Gewalt an Frauen.

Apropos Gewalt – wir haben es schon gehört –: Am vergangenen Wochenende hat der Präsident der Türkei, Erdoğan, per Dekret mitgeteilt, dass die Türkei aus der Istanbul­konvention austreten wird. Wir sind schockiert darüber, dass dieses rechtliche Instru­ment zum Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt keine Gültigkeit mehr hat. Wir erklären uns mit allen türkischen Frauen solidarisch, und deshalb gibt es auch diesen Entschließungsantrag.

Wir ersuchen Sie, Herr Minister, sich für diese Frauen auf EU-Ebene mit der türkischen Regierung auseinanderzusetzen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Es ist wieder einmal umso wichtiger, allen Frauen und Mädchen weiterhin eine Stimme zu geben. Für mich ist auch da die Bildung der Schlüssel für alle Mädchen, aber vor allem für jene, die in Ländern leben, in denen Bildung für Mädchen noch immer nicht selbstverständlich ist. Mädchen müssen wissen, dass sie ein Recht auf einen unversehr­ten Körper haben. Diese Frauen und Mädchen brauchen weiterhin auch unsere Stim­men. Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

18.10

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Sabine Schatz. – Bitte, Frau Abgeordnete.