20.20

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Wir NEOS sprechen ja im Kontext der Umweltpolitik gerne davon, dass Wirtschaft und Umwelt mit­einander in Einklang zu bringen und auch gemeinsam nach vorne zu bringen sind. Selten ist es leichter und einfacher nachvollziehbar als bei der Umweltförderung im Inland. Das muss man ganz ehrlich sagen.

Die Frau Ministerin hat vorhin schon mit vielen Zahlen um sich geworfen, um dann bei der Eins zu landen. Ich versuche es trotzdem noch einmal, weil ich auf eine andere Zahl eingehen möchte. Wir haben im Vergleichszeitraum 2017 bis 2019 insgesamt 422,7 Mil­lionen Euro an Steuergeld in die Umweltförderung im Inland investiert. Wir haben da­durch umweltrelevante Investitionen im Ausmaß von 2,791 Milliarden Euro ausgelöst. Ich weiß, man könnte jetzt gleich aus der Kurve fallen, aber ich komme auch tatsächlich gleich zum Punkt: Wir haben 5,043 Milliarden Euro an Bruttoproduktionswert und eine Wertschöpfung von 2,274 Milliarden Euro geschaffen. Was aber übrig bleibt – und das ist die Zahl, von der ich gerne sprechen würde –, ist: Es hat wegen der vielen Beschäftig­ten einen positiven Budgeteffekt von 688,1 Millionen Euro gehabt. Das bedeutet, wir haben auf der einen Seite diese 422,7 Millionen Euro eingesetzt, und auf der anderen Seite haben wir diesen positiven Budgeteffekt. Wir haben durch die Effekte also deutlich mehr lukriert, als wir investiert haben, und deswegen bin ich nicht ganz so optimistisch wie Kollege Gödl.

Ich bin der Meinung – das haben wir NEOS seit 2013 immer gesagt –, in jedem Jahr, in dem wir wenig in die Umweltförderung investieren, haben wir wahnsinnig große Chancen verpasst. Wir haben riesige Chancen für mehr als diese 15 000 Beschäftigungsverhält­nisse verpasst, wir haben riesige Chancen verpasst, um zusätzliche positive Effekte für unser Budget zu erzielen, weil eben – das kann jetzt positiv oder negativ sein – so ein unglaublicher Handlungsbedarf besteht.

Wenn wir von der Raus-aus-dem-Öl-Bonus-Initiative sprechen: Wir haben einfach un­glaublich viele Ölheizungen, die noch getauscht werden müssen. Wenn wir von der Sa­nierungsoffensive reden: Wir haben unglaublich viele Bestandsgebäude, die noch sa­niert werden müssen. In ganz vielen anderen Bereichen, wenn wir über den Bereich der erneuerbaren Energie und über viele andere Themen sprechen, gibt es noch so viel, dass wir noch jahrzehntelang werden investieren müssen. Wir NEOS vertreten in diesem konkreten Fall – und wir schauen immer sehr genau auf den Steuermitteleinsatz – tat­sächlich die Strategie: klotzen und nicht kleckern.

Was Sie gemacht haben, Frau Ministerin, geht schon in Richtung Klotzen, aber da geht noch viel mehr. Die Expertinnen und Experten sind sich einig: Wenn wir unsere Klimazie­le erreichen wollen, die wir in Paris vereinbart haben, wenn wir das Ziel der Bundesre­gierung erreichen wollen, nämlich 2040 klimaneutral zu sein, dann ist quasi das Be­schleunigen jetzt einmal das Richtige; was Sie jetzt erreicht haben, ist aber nicht das Ende der Fahnenstange, sondern das ist gerade einmal ein Etappenziel. Das möchte ich auch einmal ganz klar hervorstreichen.

Das andere, das in den Unterlagen ersichtlich ist, ist aber ehrlicherweise weniger er­freulich als der positive Budgeteffekt. Sie haben das vorhin auch hervorgestrichen, Frau Ministerin, nämlich die Einsparungen bei den Emissionen. Wir stellen fest, es sind 1,1 Millionen Tonnen Emissionen eingespart worden, wir sehen aber zugleich, dass in Summe die Emissionen in Österreich nicht zurückgehen. Das heißt, man sieht, die Maß­nahmen reichen nicht aus, um unsere Ziele zu erreichen.

Wir freuen uns, dass wir den Energieverbrauch um 1,67 Millionen Megawattstunden re­duziert haben. Gleichzeitig ist es aber nicht so, dass sich der gesamte Energieverbrauch reduziert, sondern er stagniert. Wir freuen uns quasi über die zusätzlichen Kapazitäten im Bereich der erneuerbaren Energie, sehen aber, dass die Stromimporte von Jahr zu Jahr zunehmen – Graustrom, möglicherweise Atomstrom und vieles mehr. Das heißt, das, was wir tun, hat positive Effekte auf das Budget und hat positive Effekte auf den Arbeitsmarkt, aber es reicht nicht aus, um unsere Ziele zu erreichen.

Was es braucht, sind natürlich viele andere Maßnahmen, das geht nicht alles über die Umweltförderung. Ich würde sagen, bei der nächsten Budgeterstellung fragen Sie vorher die Volkswirte, fragen Sie vorher die Klima- und UmweltforscherInnen und machen Sie dann ein Budget, das noch mehr Klotzen und noch weniger Kleckern ist. Das wäre unser erster ganz konkreter Vorschlag vonseiten der NEOS. (Zwischenruf des Abg. Hörl.) – Die Tiroler Seilbahnen melden sich wieder zu Wort. Ich habe es nicht verstanden, es dürfte die Gondel gerade klemmen. Sie können sich ja dann gerne selbst zu Wort mel­den. Der Herr Kollege von der ÖVP möchte nachher auch noch etwas sagen.

Auf einen zweiten Punkt will ich jetzt in aller Kürze auch noch eingehen, Frau Ministerin. Es ist schön, dass wir bei den Förderungen Schritte nach vorne machen. Das alles hilft nicht, wenn Sie gleichzeitig auch die Umweltschädigung fördern. Sie haben sich jetzt ganz stolz hingestellt und gesagt, wir nehmen mehrere 100 Millionen Euro mehr im Jahr in die Hand, um quasi umweltschützende Förderungen voranzustellen. Gleichzeitig neh­men wir als Republik auf Landes- und Bundesebene 4,7 Milliarden Euro in die Hand, um die Umwelt zu schädigen. Wir haben nicht die Balance, dass wir mehr für den Umwelt­schutz als für die Umweltschädigung ausgeben. Ein Zehntel von dem, was wir für die Verschmutzung ausgeben, investieren wir jetzt in den Schutz. Das muss sich umdrehen, das muss genau umgekehrt sein, wenn Sie wirklich die Ziele erreichen wollen. Und wenn Sie das machen, haben Sie die Unterstützung von uns als NEOS. (Beifall bei den NEOS.)

Präsident Ing. Norbert Hofer: Herr Abgeordneter (in Richtung des das Rednerpult ver­lassenden Abg. Bernhard), sind Sie sicher, dass Sie keinen Antrag einbringen wollten?

Abgeordneter Michael Bernhard (fortsetzend): Ich komme noch einmal voller Elan zurück, Herr Präsident, und möchte noch den folgenden Antrag einbringen, der mir ein besonderes Herzensanliegen ist:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen betreffend „EU-Aufbau- und Resilienzplan: neue Projekte und umfassender transparenter Dialog“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den kommenden Wochen einen offenen, ehr­lichen und intensiven Austausch mit der Zivilgesellschaft und dem Nationalrat in Öster­reich über mögliche Projekte im Rahmen des EU-Aufbau- und Resilienzplans sicherzu­stellen.“

*****

Ich bitte um entsprechende Unterstützung. – Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

20.26

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard, Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kol­legen

betreffend EU-Aufbau- und Resilienzplan: neue Projekte und umfassender transparenter Dialog

eingebracht im Zuge der Debatte in der 91. Sitzung des Nationalrats über Bericht des Umweltausschusses über den Bericht der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie betreffend Evaluierung der Umweltförde­rungen des Bundes 2017-2019 (III-218/699 d.B.) – TOP 32

Der Umweltförderungsbericht zeigt, dass die Umweltförderungen des Bundes im Zeit­raum 2017 bis 2019 einen Förderungsbarwert in Höhe von 422,7 Mio. EUR betrugen. Dadurch wurden wiederum umweltrelevante Investitionen von rund 2,8 Mrd. EUR aus­gelöst. Umweltministerin Gewessler wies in diesem Zusammenhang insbesondere da­rauf hin, dass umweltrelevante Investitionen einen wesentlichen Aspekt der heimischen Volkswirtschaft darstellten und sich doppelt lohnen würden - aus umweltpolitischer, wie aus wirtschaftlicher Sicht.

Eine weitere, große Chance für grüne Investitionen und Reformen, die sich für Umwelt und Wirtschaft lohnen, bietet das europäische Instrument der Aufbau- und Resilienzfa­zilität (Recovery and Resilience Facility - RRF). Im Rahmen dieser Fazilität wurden Mög­lichkeiten geschaffen, die negativen Effekte der aktuellen Krise der europäischen Wirt­schaft abzufedern und wichtige neue Impulse für nachhaltiges Wachstum zu setzen. Den Mitgliedstaaten stehen 672,5 Mrd. EUR an Darlehen und Zuschüssen zur Unterstützung von Reformen und Investitionen zur Verfügung. Die Mitgliedstaaten müssen im Rahmen des Europäischen Semesters bis 30.4.2021 nationale Umsetzungspläne erstellen, die ein kohärentes Paket von Reformen und öffentlichen Investitionsprojekten enthalten und bis 2026 umgesetzt werden. Die Europäische Kommission wird die nationalen Pläne anhand der folgenden Ziele bewerten:

•           37% für grüne Investitionen und Reformen

•           20 % für digitale Investitionen und Reformen

Während andere Mitgliedstaaten schon seit Monaten ihren Plan eingebracht haben und mit der Europäischen Kommission über die Details der Ausgestaltung verhandeln, hat die österreichische Bundesregierung sehr spät mit dem nationalen Konsultationsprozess begonnen, bei dem die im Parlament vertretenen Parteien nicht eingebunden werden.

Neue Projekte als Zugpferde aus der Krise statt Umetikettierung ohne Mehrwert

Die Bundesregierung ist daher besonders gefordert, für eine ambitionierte Weiterent­wicklung des Standorts Österreich insbesondere im Bereich grüner Technologien sowie digitaler Innovationen, neue Projekten zu konzipieren. Um einen möglichst großen Effekt entfalten zu können, sollten der Maßnahmenkatalog unter anderem mit Expert_innen, Interessenvertreter_innen sowie führenden Unternehmen im jeweiligen Bereich erarbei­tet werden. Zum anderen sollte möglichst darauf geachtet werden, dass möglichst nicht bereits budgetierte Projekte herangezogen werden. Der Sinn dieses EU-Instruments ist die Steigerung der Widerstandsfähigkeit der europäischen Wirtschaft durch neue Im­pulse und nicht die Umschichtung des Budgets.

Einbindung der Zivilgesellschaft als EU-Vorgabe und die Einbindung des Parlaments

Der Republik Österreich stehen im Rahmen dieses Programms rund 3 Mrd. EUR zur Verfügung. Trotz der Wichtigkeit im Rahmen von umfassenden Konsultationen dafür zu sorgen, dass dieses Instrument bestmöglich genutzt wird, sind die Vorbereitungsarbei­ten sehr intransparent. Es besteht daher die Befürchtung, dass die Bundesregierung die Umsetzung im kleinsten politischen Kreis vorbereitet.

Dies ist deshalb gefährlich, da wegen der Komplexität und Vielfalt möglicher Maßnah­men, eine zufriedenstellende Planung konkreter Schritte ohne Einbindung zahlreicher Expert_innen undenkbar ist. Dazu kommt, dass eine breite Einbindung der Gesellschaft eine klare Vorgabe ist (Art 18. Abs. 4 lit q VO 2021/241): Zivilgesellschaft, Sozialpartner sowie die regionale Ebene müssen eingebunden werden. Hierbei reicht es eben nicht, dass diese in einer einmaligen Konsultationsrunde befragt wurden.1 Das späte Tätigwer­den der Bundesregierung und die intransparente Vorgehensweise stellen nicht nur das Ambitionsniveau in Frage sondern lässt auch berechtigte Fragen über die Einhaltung des Zeitplans aufkommen.2 Angesichts des großen Potenzials dieses Programms und der damit verbundenen umfangreichen Finanzmittel betonten NEOS immer wieder die Notwendigkeit einer entsprechenden Einbindung des Parlaments. Die Vorlage eines fer­tigen Dokuments kurz vor Abgabe und ohne einen echten Austausch lässt keinen Raum für die erforderliche und auch angebrachte Debatte über zukünftige Schwerpunkte.

NEOS haben seit Beginn des Jahres in Presseaussendungen, parlamentarischen Anfra­gen und Entschließungsanträgen auf diese Probleme hingewiesen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, in den kommenden Wochen einen offenen, ehr­lichen und intensiven Austausch mit der Zivilgesellschaft und dem Nationalrat in Öster­reich über mögliche Projekte im Rahmen des EU-Aufbau- und Resilienzplans sicherzu­stellen."

Quellen:

1           Verordnung 2021/241 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:   32021R0241&from=EN

2           Wiener Zeitung - 16.3.2021: https://www.wienerzeitung.at/meinung/gast­   kommentare/2096463-Oesterreich-ein-Nachzuegler-beim-EU-Recovery-  Plan.html

*****

Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Andreas Kollross. – Bitte schön, Herr Abgeord­neter. (Abg. Rauch: Es gibt ja auch eine objektive Vorsitzführung!)