11.30

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Initiatoren, Initiatorinnen des Klimavolksbegehrens, die sicher zuschauen! – Herr Präsident, die Uhr ist, glaube ich, noch nicht eingeschaltet.

Dieses vorliegende Volksbegehren, das Klimavolksbegehren, ist wohl das wichtigste Volksbegehren der letzten Jahre gewesen. Vor allem für meine Generation war es ein Aufschrei – ein Aufschrei gegen Stagnation, gegen Ambitionslosigkeit, gegen Gleich­gültig­keit. Es war ein Aufschrei dagegen, dass wir Jungen das ausbaden müssen, was die jetzige Generation an Entscheidungsträgern in Österreich und weltweit die letzten Jahre über verbockt hat.

Klimaschutz meiner Generation wird oft als Hobby, als Lifestyle oder als jugendlicher Aktivismus abgetan – es ist aber weder noch. Es ist schlicht das beinharte Verständnis, dass wir, wenn wir so weitermachen wie bisher, eine Welt erleben werden, die von Hun­gersnöten, Konflikten, massiver Destabilisierung und einem Umweltkollaps geprägt sein wird. Je jünger man ist, desto stärker ist man betroffen. – As easy as that.

Ich könnte jetzt stundenlang über ökologische Kipppunkte, welche Dominoeffekte für das Weltklima auslösen, über Hunderte Millionen Klimaflüchtlinge, bei denen die schlimmsten FPÖ-Albträume wahr werden würden, über Ernteversagen und Waldsterben – überall, auch bei uns – reden. Es sind solche Dimensionen, dass die ÖVP noch so viel fördern kann und es die Landwirtschaft trotzdem nicht überleben wird. Ich könnte über Wasser­mangel, extreme Wetterereignisse oder Ressourcenkriege reden, stattdessen aber möchte ich über Bereiche, in denen wir nicht genug tun, in denen wir mehr tun müssten, und darüber, was wir tun müssten, um gegenzusteuern, sprechen.

Jedes Land, auch Österreich, muss endlich seine Hausaufgaben machen. Genau das ist es, was das Klimavolksbegehren fordert – nicht mehr und nicht weniger. Die Politik, die Regierung soll ihre Hausaufgaben machen. Sie soll das machen, wofür sie gewählt worden ist, wofür sie bezahlt wird. Diesbezüglich macht unsere Regierung zu wenig. Ich möchte das ein bisschen von diesem Entschließungsantrag, bei dem wir mitgehen, entkoppelt betrachten – ich komme dann gleich noch darauf zu sprechen. Ich bin da vielleicht ein bisschen weniger optimistisch als mein Kollege Michi Bernhard, ich halte es für einen Minimalkompromiss. Im Sinne der Konstruktivität gehen wir mit, aber ich finde, es ist immer noch viel zu wenig.

Es ist auch deswegen enttäuschend, dass diese Regierung zu wenig macht, weil von den Grünen im Klimaschutz natürlich mehr erwartet wurde. Ihr Versprechen war, als sie in die Koalitionsverhandlungen gegangen sind: Wir opfern alles für den Klimaschutz. Wir opfern Menschenrechte, Kontrolle, Parlamentarismus für den Klimaschutz. Dafür aber geht im Klimaschutz einfach viel zu wenig weiter. Da wird kein 1-2-3-Euro-Ticket reichen, sondern da müssen wir echte Meter machen: eine Steuerrevolution, eine umfassende CO2-Besteuerung, dafür runter mit der Lohnsteuer, runter mit der Mehrwertsteuer, runter mit den Lohnnebenkosten, aber ein ordentlicher Preis für CO2.

Wir brauchen endlich ein Ende dieser umweltschädlichen Subventionen. Sie brauchen auch nicht ein paar Millionen Euro mehr im Klimaschutz abzufeiern, wenn gleichzeitig Milliarden an umweltschädlichen Subventionen bestehen. (Ruf bei den Grünen: Wie bitte?!)

Ich möchte den Kontrast noch einmal aufzeigen. (Der Redner zeigt eine Tafel, auf der zu lesen ist: „Umweltschädliche Subventionen 4,5 Mrd EUR, Klimabudget 0,22 Mrd EUR“.) Das ist die Erhöhung im Klimaschutzbudget, 0,22 Milliarden Euro, die Erhöhung in der UG 43 – und das sind die umweltschädlichen Subventionen, die weiter auf­rechtbleiben. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Diese Dimensionen muss man sich vor Augen führen! Wissen Sie, was das ist? – Das ist gleichzeitig leicht aufs Gas steigen und auf der Bremse stehen. Diejenigen von Ihnen, die einen Führerschein haben, wissen, was das bedeutet. Es bedeutet Stillstand, und das ist einfach zu wenig. Dieser unverbindliche Entschließungsantrag ist ein allererster Schritt, und es ist einzig und allein der Erfolg von Katharina Rogenhofer und ihren Mitstreiterinnen und Mitstreitern, dass wir überhaupt hier stehen und darüber diskutieren. (Beifall bei den NEOS.)

Wir tragen diesen Schritt mit, obwohl er ein Minimalkompromiss ist. Ich möchte es für die Zuseherinnen und Zuseher noch einmal wiederholen: Es ist ein unverbindlicher Entschließungsantrag mit unverbindlichen oder gar keinen Fristen. Es ist kein Gesetz, das wir hier heute beschließen, sondern ein unverbindliches Blatt Papier, das noch mit Leben erfüllt werden muss.

Darauf werden wir ganz genau schauen, und ich kann Ihnen versprechen: noch genauer als im letzten Jahr, das von Covid überdeckt war. Wir werden ganz genau darauf schauen, ob diese Versprechungen, die Sie hier machen, mit Leben erfüllt werden. (Beifall bei den NEOS.)

Vielleicht noch etwas Konkretes zum Schluss: Unser Sorgenkind Nummer eins ist die Mobilität – das wissen wir –, während die Emissionen in fast allen anderen Bereichen gefallen sind. (Ruf: Na, na, na, na! – Abg. Lukas Hammer: ... die für Mobilität sorgt, schau, dass die Öffis wieder funktionieren! – Ruf: Die funktionieren hervorragend!) – Okay. Das Sorgenkind Nummer eins ist also die Mobilität. Ich habe den Zwischenruf akustisch nicht wirklich verstanden. Ich glaube, es war eine Schuldzuweisung an Wien. Ich glaube, das hilft uns nicht wirklich weiter. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Grünen.) Was wir brauchen, ist, dass wir die Emissionen im Verkehrsbereich senken. Seit den 1990er-Jahren haben sie um 75 Prozent zugenommen, und dieser Minimalkompromiss, der hier zu finden ist, reicht uns nicht. Deswegen bringe ich noch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kon­krete Zielsetzungen im Mobilitätsbereich“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, konkrete, verbindliche Maßnahmen für die Ausweitung der klimafreundlichen Mobilität zu setzen, inklusive der folgenden Punkte:

- Formulierung einer ambitionierten bundesweiten Zielsetzung zur Erhöhung der in Österreich mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege auf über 16% sowie des Anteils der in Österreich zu Fuß zurückgelegten Wege auf über 21% – bei gleichzeitiger ent­sprechender Senkung des Anteils des motorisierten Individualverkehrs bis 2030.

- Schaffung eines Gesetzesentwurfs für eine fahrradfreundliche StVO-Novelle, welche das Fahrrad im Straßenverkehr aufwertet und damit mehr in Österreich lebende Men­schen zum Umstieg auf das Fahrrad ermutigt.

- Verdoppelung der Mittel im Bundesbudget für die Fahrradinfrastruktur und Zweckbin­dung für den Ausbau von direkten, baulich getrennten Fahrradinfrastrukturen zwischen Ortschaften sowie zur Anbindung an überregionale öffentliche Verkehrsmittel.

- Verbesserung von Rahmenbedingungen für die Schaffung von direkten, baulich ge­trennten Fahrradinfrastrukturen zwischen Ortschaften und Gemeinden sowie Maß­nah­men zur Stärkung der Koordinierung bei der Planung von Fahrradinfrastruktur über Landes- und Gemeindegrenzen hinweg.

- Erarbeitung eines Anreizmodells, das durch finanzielle Förderungen die Errichtung von Begegnungszonen in den Ortskernen von Gemeinden unterstützt.“

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Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

11.37

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Johannes Margreiter, Yannick Shetty, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Konkrete Zielsetzungen im Mobilitätsbereich

eingebracht im Zuge der Debatte in der 93. Sitzung des Nationalrats über

"Klimavolksbegehren" (697 d.B.) – TOP 1

Der Mobilitätsbereich ist und bleibt das Sorgenkind der österreichischen Klimapolitik. Während in fast allen Bereichen die Treibhausgasemissionen in den letzten Jahrzehnten stabil blieben oder abnahmen, haben Emissionen im Verkehrsbereich seit 1990 um ca. 75% zugenommen. Hierfür sind eine Vielzahl an Faktoren verantwortlich: Der Mangel an Alternativen zum motorisierten Individualverkehr, kontraproduktive Subventionen, die politische Priorisierung des PKWs über andere Mobilitätsformen, der Transitverkehr, die im europäischen Vergleich drastische Zersiedelung sowie die starke Verbreitung von schweren, kraftstoffintensiven Fahrzeugen (v.a. SUVs). Nicht zuletzt deshalb ist die For­derung nach flächendeckender Versorgung mit klimafreundlicher Mobilität ein Kern­anliegen des Klimavolksbegehrens.

Trotz einiger sinnvoller Maßnahmen (z.B. zusätzliche Mittel für den Bahnausbau) hat die Bundesregierung hier noch nicht ausreichend ambitionierte Schritte gesetzt. Auch der Entschluss zum Klimavolksbegehren enthält im Zusammenhang mit Mobilität zwar grundsätzlich lobenswerte Ansätze, es fehlen aber teilweise konkrete Maßnahmen und verbindliche Zielsetzungen. Diese wären allerdings notwendig, um tatsächlich eine Wende im Verkehrsbereich zu erreichen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, konkrete, verbindliche Maßnahmen für die Ausweitung der klimafreundlichen Mobilität zu setzen, inklusive der folgenden Punkte:

•           Formulierung einer ambitionierten bundesweiten Zielsetzung zur Erhöhung der in Österreich mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege auf über 16% sowie des Anteils der in Österreich zu Fuß zurückgelegten Wege auf über 21% - bei gleichzeitiger entsprechender Senkung des Anteils des motorisierten Individualverkehrs bis 2030.

•           Schaffung eines Gesetzesentwurfs für eine fahrradfreundliche StVO-Novelle, welche das Fahrrad im Straßenverkehr aufwertet und damit mehr in Österreich lebende Menschen zum Umstieg auf das Fahrrad ermutigt.

•           Verdoppelung der Mittel im Bundesbudget für die Fahrradinfrastruktur und Zweckbindung für den Ausbau von direkten, baulich getrennten Fahrradinfrastrukturen zwischen Ortschaften sowie zur Anbindung an überregionale öffentliche Verkehrsmittel.

•           Verbesserung von Rahmenbedingungen für die Schaffung von direkten, baulich getrennten Fahrradinfrastrukturen zwischen Ortschaften und Gemeinden sowie Maß­nahmen zur Stärkung der Koordinierung bei der Planung von Fahrradinfrastruktur über Landes- und Gemeindegrenzen hinweg.

•           Erarbeitung eines Anreizmodells, das durch finanzielle Förderungen die Errich­tung von Begegnungszonen in den Ortskernen von Gemeinden unterstützt.“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Antrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordnete Rössler. – Bitte.