14.53

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Mag. Alexander Schallenberg, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wie weit sind wir gekommen? – Ich kann mich noch erinnern, in den Nullerjahren gab es die Vision einer Modernisierungspartnerschaft zwischen Europa und Russland. Es gab die Idee oder die Hoffnung, dass sich Russland langsam unseren Werten und Standards an­nähert. Ich glaube, wir sollten diese Hoffnung nicht gänzlich fallenlassen, aber: Mein Gott, wie sehr sind wir zurückgefallen!

Ja, Herr Abgeordneter Troch, ich gebe Ihnen ganz recht, Nawalny ist sicher kein Säulen­heiliger, das ist aber einfach der jüngste Akt in einer langen Kette. Stichworte: Attentats­versuch, Verhaftung bei der Rückkehr und jetzt Verurteilung; und die Liste geht ja leider Gottes sehr, sehr viel weiter zurück. Ich brauche nur daran zu erinnern: Besetzung der Krim, kriegerische Auseinandersetzungen in der Ostukraine, Chemiewaffenangriffe an mehr als einem Ort in Europa, Cyberangriffe an mehr als einem Ort in Europa. Jedes Mal hat die Europäische Union notgedrungen mit Sanktionen reagieren müssen, und jetzt ist Russland die zweifelhafte Ehre zugekommen, der erste Anwendungsfall des neuen Menschenrechtssanktionsregimes zu werden.

Wollten wir das?  Nein, sicher nicht, von europäischer Seite aus (Beifall bei der ÖVP), denn wir haben sicher kein Interesse daran, dass die Beziehungen zwischen Europa und Russland endgültig Schiffbruch erleiden. Wir können aber als Wertegemeinschaft auch nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, wenn Grundwerte mit Füßen getreten werden, zu denen sich Russland ja im Europarat selber verpflichtet hat, und ich glaube, es ist schon auch unsere Aufgabe als Partner, wenn man so will, Russland immer wieder an internationale Verpflichtungen zu erinnern.

Vergessen wir nicht: Russland ist Teil der europäischen Geschichte. Man muss nur zurückgehen: Wiener Kongress, Zar Alexander – das ist Teil unserer Geschichte. Wir haben kein Interesse daran, dass sich die Russen endgültig abnabeln, einigeln, die Zugbrücke hochziehen. Das wollen wir nicht. Genau dafür aber, glaube ich, müssen wir manchmal Kante zeigen, wo es absolut notwendig ist, ohne darauf zu vergessen, dass wir immer auch die Dialogschienen offenhalten – und genau dafür steht diese Bundes­regierung. – Danke. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

14.55

Präsident Ing. Norbert Hofer: Ich darf darauf aufmerksam machen, dass wir um 15 Uhr unterbrechen, ich glaube aber, das geht sich ganz leicht aus.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Ewa Ernst-Dziedzic. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.