16.10

Abgeordneter Dietmar Keck (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Jetzt wurden drei deutsche Zeitungen zitiert, mit unterschiedlichsten Aussagen. Ich zitiere orf.at, und ich glaube nicht, dass ein Journalist des ORF lügt, das stelle ich sofort außer Zweifel, das stelle ich sofort außer Zweifel. (Heiterkeit bei der ÖVP.) – Die, die lachen, unterstellen den Journalisten, dass sie lügen, ich tue das nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

Auf orf.at, meine Damen und Herren, steht zu lesen, Sektionschef Clemens Martin Auer hat schon vor dem Sommer gesagt, die Impfstoffkosten werden sich auf circa 250 Mil­lionen Euro belaufen. Dann ist das kurzfristig auf „bis zu 200 Millionen“ geändert worden. Mich würde wirklich interessieren, Herr Finanzminister: Lügt der Journalist des ORF, wenn er das schreibt, oder haben Sie nicht die Wahrheit gesagt? Mich würde wirklich interessieren, was da dran ist! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steinacker.)

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen noch etwas sagen: Ich bin vor einer Woche von einer Frau, die 89 Jahre alt ist, angerufen worden. Sie hat zu mir gesagt: Bitte, hilf mir! Bitte, hilf mir, ich bin schon seit 370 Tagen im Lockdown. Ich traue mich nicht auf die Straße, ich habe Angst, dass ich mich infiziere, denn ich bin Risikopatientin. Wenn ich rausgehe, kann ich sterben. – Die Frau hat recht! Sie ist mit heutigem Tag 376 Tage eingesperrt. Sie ist 376 Tage im Lockdown, sie hatte 376 Tage keine sozialen Kontakte, und sie hatte 376 Tage Einsamkeit. So, wie es dieser Frau geht, geht es Hunderttausen­den anderen Pensionistinnen und Pensionisten in diesem Land, meine Damen und Herren! Wieso geht es ihnen so? – Weil der Impfstoff nicht vorhanden ist, mit dem man es diesen Menschen wieder ermöglichen kann, dass sie in Österreich ein normales Leben führen, meine Damen und Herren. Das passiert, weil kein Geld für Impfstoff vorhanden ist, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich zeige Ihnen hier eine Tabelle, weil immer großartig davon geredet wird, wie die Impf­praxis bei uns in Österreich ausschaut. (Der Redner stellt eine Tafel mit der Überschrift „Über 85-Jährige zu 40 % noch ohne Impfung“ und einem Säulendiagramm auf das Rednerpult.) Es gibt in Österreich 872 415 Menschen, die zwischen 65 und 74 Jahre alt sind. Wissen Sie, wie viele von diesen 872 415 voll immunisiert sind? – Erst 26 172! Es gibt in Österreich 610 673 Menschen, die zwischen 75 bis 84 Jahre alt sind. Wissen Sie, wie viele von denen voll immunisiert sind? – 73 272.

Jetzt komme ich auf die älteste Gruppe. Es gibt 224 362 Personen, die über 85 Jahre alt sind. Wissen Sie, wie viele von denen voll immunisiert sind? – Erst 67 000! Im Jänner hätten alle über 85-Jährigen schon voll immunisiert sein sollen. Wenn ich mir hier die Prozentzahlen anschaue, meine Damen und Herren, dann sehe ich, dass von den Menschen, die über 85 Jahre sind, 42 Prozent noch überhaupt keine Impfung erhalten haben, 58 Prozent erst die erste Teilimpfung und erst 36 Prozent wirklich voll immunisiert sind. Das heißt, erst 36 Prozent können wirklich auf die Straße, der Rest muss zu Hause eingesperrt bleiben, weil sie Risikopatienten sind und nicht auf die Straße gehen sollen. Das ist eine Schande für diese Republik, meine Damen und Herren! Nehmen Sie das auf der Regierungsseite zur Kenntnis! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schmidhofer macht eine Handbewegung.) – Ja, da kannst du schon deuten da hinten! Du hast kein Gefühl, du hast kein Herz für diese Menschen, die seit 376 Tagen in Österreich eingesperrt sind, weil hier ein Finanzminister sitzt, der die Mittel für die Impfstoffe nicht freigibt. (Zwi­schenrufe bei der ÖVP.)

Ich hätte mir erwartet, dass der Finanzminister hier und heute sagt: Jawohl, ich sehe ein, dass wir diese Mittel nicht zur Verfügung gestellt haben, ich stelle sofort zusätzlich 400 Millionen Euro zur Verfügung! Wir sollten den Gesundheitsminister beauftragen, mit diesem Geld Impfstoff zu kaufen, damit wir zumindest die ältere Generation impfen können, damit wir sie aus einem Lockdown, aus einer Gefangenschaft, die schon 376 Tage dauert, endlich befreien können. (Beifall und Bravorufe bei der SPÖ.)

16.14

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hanger. – Bitte.