Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Christian Hafenecker, MA, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend „Freunderlwirtschaft, Postenschacher und Korruption – Ein Leitfaden am Beispiel ÖBAG wie Sebastian Kurz die Republik zur Kurz AG umbaut“ (6179/J)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 6179/J. Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

Seitdem Bundeskanzler Kurz die türkis-blaue Regierung platzen ließ, werden Skandale ungeahnten Ausmaßes über die ÖVP bekannt. Der schwarze Faden, der sich seit An­beginn durch den Ibiza-Untersuchungsausschuss zieht, verfilzt immer mehr zu einem dichten Netzwerk schwarzer Affären. Stand zu Beginn der Amtszeit von Bundeskanzler Sebastian Kurz noch der Eindruck, dass dieser schwarze Filz nur im Innenministerium Platz gegriffen hat, so zeigt sich zunehmend, dass auch das Finanzministerium nicht minder von schwarzen Netzwerken unterwandert ist.

Bisher ging es in der „Causa Blümel“ um den Verdacht, dass eine Parteispende in Aus­sicht gestellt wurde, mutmaßlich für eine Intervention des damaligen Außenministers und jetzigen Bundeskanzler Sebastian Kurz in Italien. Dort drohte Novomatic eine Steuer­nachzahlung in Höhe von bis zu 60 Millionen Euro. Am 12. Juli 2017 schrieb der damalige Novomatic-Vorstandvorsitzende Harald Neumann an den damaligen ÖVP-Wien-Chef Gernot Blümel folgende SMS: „Bräuchte einen kurzen Termin bei Kurz. Erstens wegen Spende und zweitens bezüglich einen Problemes, das wir in Italien haben“. Nur 3 Stunden nach der SMS vom 12. Juli 2017 wandte sich der damalige Chef der ÖVP-Wien und nichtamtsführende Stadtrat Blümel an den damaligen Kabinettchef und Generalsekretär im BMF, den heutigen ÖBAG-Chef Thomas Schmid, und bat ihn, Neumann anzurufen – „Tu es für mich 😘“.

Die nun zu Tage getretenen neuen Chat-Protokolle von ÖBAG-Vorstand Thomas Schmid mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Finanzminister Gernot Blümel sprechen eine noch deutlichere Sprache. Dazu besteht der massive Verdacht, dass die Regierungs­spitzen Kurz und Blümel im Untersuchungsausschuss die Unwahrheit gesagt haben.

Die Republik Österreich ist von Sebastian Kurz und Gernot Blümel im Jahr 2017 gekapert worden. Das schwarze Machtkartell haben sie jedoch nicht erfunden, das war schon vorher da.  Kurz und Blümel haben es nur in einer Handstreichaktion türkis ange­strichen und mit willfährigen Schachfiguren besetzt. Die wichtigste Voraussetzung dabei war: „Sie müssen im ÖVP-Niederösterreich Netzwerk sein, sie müssen steuerbar sein und auch „delikate Sachen sauber erledigen“!

Im Grunde geht es im ÖVP-Machtkartell um das perfekte Zusammenspiel – um das perfekte Ineinandergreifen der Zahnräder von drei Ministerien.

• Das Innenministerium, um Repression dort aufzubauen, wo es weh tut, so sich Wider­stand regt, wo die Opposition sitzt oder die sogenannte „Zivilgesellschaft“ agiert.

• Das Justizministerium, denn wenn die halbseidenen, im Graubereich des Rechts­systems stattfindenden Geschäfte der ÖVP-Familie auffliegen, dann braucht man jemanden, der steuernd eingreift, der Verfahren lenkt oder zur Not auch „daschlogt“.

• Das Finanzministerium, denn nur wer über die Finanzmittel verfügt, der kann auch nachhaltig das System am Leben erhalten und weiterentwickeln.

Diese drei Ministerien definieren den tiefen schwarzen Staat, den sogenannten „Deep State“, der abseits der öffentlichen Wahrnehmung agiert, der Geschäfte macht, der Personen in Positionen hievt und der zur Not auch hart zuschlagen kann. Mit Repres­sionen, mit Verfolgung und der Zerstörung von privaten Existenzen.

Die folgende Chronologie von Freunderlwirtschaft, Postenschacher und Korruption am Beispiel der ÖBAG sind in der 2. Republik einzigartig und zeigen eindrucksvoll, wie die ÖVP im Graubereich agiert, wie Posten vergeben werden und wie die Entscheidungs­findung bei Bundeskanzler und Finanzminister tatsächlich funktionieren:

14. Juni 2017

Offenbar erhielt MMag. SCHMID Mitte Juni 2017 den Auftrag von KURZ sich den Themen 3„Beteiligungen“ und „Digitalisierung“ anzunehmen. Dies ergibt sich aus einem Chat mit Dr. Maximilian SCHNÖDL vom 14. Juni 2017.

13. November 2017

Während der Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ, am 13. November 2017, bittet MMag. SCHMID KURZ um ein kurzes Gespräch unter vier Augen. Als Thema nennt MMag. SCHMID „BMF“ und KURZ ergänzt das Thema „ÖBIB“. Sie vereinbaren ein gemeinsames Mittagessen am 16. November 2017 um 13:00 Uhr.

 

 

 


22. November 2017

 

MMag. SCHMID informiert Mag. BLÜMEL, MBA, dass „GB und TS im NomKom geht rechtlich!“.  "GB" könnte für Mag. BLÜMEL, MBA und "TS" für MMag. SCHMID stehen. Mit "NomKom" dürfte das Nominierungskomittee der ÖBIB gemeint sein.

MMag. SCHMID informiert Mag. BLÜMEL, MBA, dass er das ÖIAG Gesetz neu für „Sebastian“ (offenbar gemeint Sebastian KURZ) fertig habe und fragt ob er es ihm, Mag. BLÜMEL, MBA, geben solle. Mag. BLÜMEL, MBA antwortet, dass er es gerne nehme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


15. Dezember 2017

MMag. SCHMID bittet Mag. BLÜMEL, MBA ihm zu helfen das neue Beteiligungs-gesetz rasch umzusetzen, „das bist du mir echt schuldig!“

 

 

 

 

 

 


16. Dezember 2017

16. Dezember 2017

Am Folgetag, dem 16. Dezember 2017 schreibt MMag. SCHMID an Mag. BLÜMEL, MBA, dass er mit Kandlhofer, offenbar gemeint Mag. Dieter KANDLHOFER, Generalsekretär im Bundeskanzleramt, eine Formulierung für das BMG, offenbar Bundesministeriengesetz, erarbeitet habe. Verbund, BIG und BRZ sollen dem BMF zugeordnet werden. Dies sei ja mit ihm, Mag. BLÜMEL, MBA so abgesprochen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


31. Juli 2018

Eine Konversation zwischen Mag. LAURE und MMag. SCHMID vom zeigt das Bestreben von MMag. SCHMID zur ÖBAG zu wechseln. Weiters ist zu erkennen, dass auch Mag. LAURE davon ausgeht, bald für die ÖBAG tätig zu sein, da sie sich erkundigt, ob sie dort ine Klimaanlage einbauen lassen können.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


21. August 2018

Am 21. August 2018 schreibt Mag. BLÜMEL, MBA an MMag. SCHMID, dass er ihm heute seine ÖBIB gerettet habe.

 

 

 

 


11. Dezember 2018

MMag. SCHMID schreibt an KURZ, dass „Pierer“, offenbar gemeint DI Stefan PIERER für den ÖBAG Aufsichtsrat „echt cool“ wäre. KURZ antwortet darauf „unmöglich“.

 

 

 

 


11. Dezember 2018

Am Abend des 11. Dezember 2018 informiert MMag. SCHMID Mag. BLÜMEL, MBA, dass das ÖBAG Gesetz vom Nationalrat beschlossen wurde. Mag. BLÜMEL, MBA antwortet darauf „SchmidAG fertig! 💪🏻“.

 

 

 

 


10. Jänner 2019

DI PERNER erkundigt sich erneut nach einem AR Vorsitzenden. MMag. SCHMID antwortet, dass das letzte Gespräch mit KURZ heute stattfinden werde.

 

 

 

 


Am gleichen Tag sendet MMag. SCHMID eine ähnliche Nachricht an KURZ und meint Mag. PhDr. HÖLLINGER sei „wirklich eine gute!“ Compliant, Finanzexpertin, Steuerbar, Raiffeisen und Sehr gutes Niederösterreich Netzwerk. Sie hat für NÖ auch delikate Sachen sauber erledigt.“. Bemerkenswert ist, dass neben den Attributen „Finanzexpertin“ und „Compliant“ auch unsachliche Kriterien für eine Personalauswahl als relevant erachtet werden.

 


Dieselbe Nachricht schickt MMag. SCHMID auch an Mag. BLÜMEL, MBA.

1. Februar 2019

MMag. SCHMID wendet sich mit einer Bitte an Mag. BLÜMEL, MBA, da die Bestellung der Aufsichtsräte in der ÖBAG stocke. Er bittet um baldiges „ok zu den Vorschlägen“, da die Fristen sehr eng seien um die ÖBAG Vertreter in die Aufsichtsräte der Beteiligungen zu bekommen. Am späteren Abend informiert Mag. BLÜMEL, MBA MMag. SCHMID, dass „er ich sich mit den Personen im AR noch nicht sicher; heißt: die Brisanz der Lage sieht er nicht so brisant. Habe dagegen gewirkt!“ Mit „er“ dürfte aus dem Gesamtkontext offenbar KURZ gemeint sein.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


18. Februar 2019

Mag. BONELLI kontaktiert MBA LÖGER und bittet zum einem, dass sich LÖGER eine Position für Mag. JÖSTL überlege und zum zweiten um einen Termin an dem er gemeinsam mit KURZ die „bevorstehenden Aufsichtsrats-bestellungen (inkl. dem 4- fach Vorsitz, den sich Thomas vorstellt)“ durchdiskutiere. „Würde das aber machen ohne dass Thomas das mitbekommt“. Hier werden offenbar die bevorstehenden Aufsichtsratsbestellungen der Beteiligungsunternehmen angesprochen und mit Thomas ist offenbar MMag. SCHMID gemeint.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


13. März 2019

MMag. SCHMID informiert KURZ, dass er einen Termin mit „Schipka“, offenbar gemeint DDr. Peter SCHIPKA, Generalsekretär der Österreichischen Bischofskonferenz, haben werde. Nach dem Termin mit DDr. SCHIPKA schreibt MMag. SCHMID an KURZ, dass ua Steuerprivilegien gestrichen, Förderungen gekürzt werden müssen. KURZ bedankt sich mit den Worten „Super danke vielmals!!!! Du Aufsichtsratssammler :)“. MMag. SCHMID bittet KURZ ihn „nicht zu einem Vorstand ohne Mandate“ zu machen. Darauf KURZ „kriegst eh alles was du willst 😘😘😘

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Wenn man die Entwürfe für Ausschreibung des ÖBAG-Vorstandes vergleicht und die tatsächliche Ausschreibung vom 21.2.2919 in der Wiener Zeitung, zeigt sich, dass sich vor allem der Entwurf vom 27.12.2018 und die Ausschreibung in nicht unwichtigen Punkten unterscheiden:

Aus einer „international erfahrenen Führungspersönlichkeit“ wurde eine „integrative Führungspersönlichkeit mit kooperativem Führungsstil“, aus „Universitätsstudium der Rechts- und Wirtschaftswissenschaften, einschlägige Zusatzausbildung erwünscht“ wurde „Betriebswirtschaftlich und/oder juristische Ausbildung mit akademischem Abschluss“ und der Passus „Erfolgreiche Führungserfahrung in der Privatwirtschaft oder im Public Management“ wurde weggelassen.

Entwurf:

 

Ausschreibung 21.2.2019:

 

Damit nicht genug: Mag. LAURE erwähnt in einem Chat vom 27.12.2018, dass sie ein sehr gutes Motivationsschreiben von MMag. SCHMID benötigen würden. Auf Nachfrage von MMag. SCHMID wer dieses verfassen würde, antwortete Mag. LAURE, dass sie ein Muster aus den vergangenen Ausschreibungen suchen werde und „dann werden wir das schon hinbekommen“.

 

 

 

 


(…)

 

 

 

 

 


Nach dem Hearing kontaktiert Dr. Georg SPIEGELFELD-SCHNEEBURG MMag. SCHMID und erkundigt sich wie das Hearing gelaufen sei. MMag. SCHMID meint er sei, trotz einiger guter Bewerber, der Beste gewesen. Es hätten sich auch „zwei top Leute aus Deutschland beworben“, ua. auch der „Chef der deutschen Finanzierungsagentur“.

Die wichtigste Beteiligungsgesellschaft der Republik Österreich mit einem Portfolio von 26 Milliarden Euro darf keine private Spielwiese und schon gar kein Selbstbedienungsladen oder die politische Handkassa für eine Hand voll Parteigänger und persönlicher Polit-Freunde sein.

Dr. Franz Fiedler von Transparency International formulierte es im Ö1 Abendjournal vom 30.03.2021 treffend:

„Also ich schließe ihn auch nicht aus, dass nun bei der strafrechtlichen Prüfung der derzeit in Diskussion stehenden Vorgängen nichts herauskommt. Ich möchte aber vor einem warnen: Dass man nämlich, wenn die Staatsanwaltschaft der Meinung ist, sie hat keinen Grund zu einer Verfolgung, dass dann sozusagen alles in Ordnung gewesen sei. Das wird nämlich vielfach von den Beteiligten da nachträglich immer wieder ins Spiel. "Ja, die Staatsanwaltschaft hat ja ohnedies kein strafbares Verhalten festgestellt." Das ist zu wenig, das ist eine Ausrede. Korruption beginnt nicht erst ab der Grenze der Strafbarkeit. Korruption liegt auch bereits unter der Schwelle der Strafbarkeit. Das sollte man nicht vergessen. Und dass die Vorgänge, wie sie jetzt publik geworden sind, ein typisches Beispiel für Korruption sind, das steht für mich außer Frage.“

Ergänzt wird die zum Teil skurril anmutende „Causa Blümel“ von während einer Hausdurchsuchung spazieren geführten Laptops und Kabinettchefs, die diese wieder zurückbringen. Weniger skurril hingegen sind die schwarz-türkisen Netzwerke quer durch alle Institutionen und Ministerien. Das Profil berichtete am 2. April 2021 folgendes dazu:

„Einer der so abgefilmten Chatverläufe war die Kommunikation zwischen Pilnacek und Blümels Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist am 24. Februar, der Tag vor der Sicherstellung von Pilnaceks Handy, zwei Tage vor Blümels Einvernahme.

Am Abend dieses 24. Februar schrieb Pilnacek an Niedrist die nunmehr ikonische Nachricht „Das ist ein Putsch!! …“ – als Zeit für verschwindende Nachrichten waren 24 Stunden eingestellt. Am Abend des 25. Februar wäre diese Botschaft ein für alle Mal perdu gewesen.

Ein Bild verdichtet sich. Pilnacek war nicht nur ein gut vernetzter Beamter. Er spielte zuweilen eine Doppelrolle. Da der Sektionschef des Justizministeriums, dort der Berater der ÖVP.

In diesem Kontext ist seine Kommunikation nach innen und außen zu interpretieren.

Nach innen: Von Johann Fuchs, dem Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien (auch gegen ihn laufen Ermittlungen), bekam Pilnacek immer wieder Dokumente zu ausgesuchten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geschickt (obwohl Pilnacek dafür fachlich seit Herbst 2020 nicht mehr zuständig war).

Nach außen (was in Pilnaceks Fall aber irgendwie auch innen ist): Siehe ÖVP und hier die Kommunikation mit Blümels Kabinettschef. Darüber hinaus war Pilnacek zum Beispiel auch in die Entstehung einer parlamentarischen Anfrage der ÖVP an das Justizministerium eingebunden (ausgerechnet in Zusammenhang mit der HD bei Blümel).

Am 16. Februar 2021 stellte die ÖVP-Abgeordnete Michaela Steinacker dem BMJ (Adressatin Alma Zadić (Grüne), vertreten durch Werner Kogler) im Wege einer parlamentarischen 25 Fragen „betreffend der Vorgehensweise“(sic!) der WKStA gegen Finanzminister Blümel.

Auf Pilnaceks Handy fand sich nun ein Word-Dokument mit dem Dateinamen „Parlamentarische Anfrage betreffen HD Blu_mel.docx“. Es handelte sich offenbar um den Entwurf der späteren Anfrage, aus den Metadaten konnten die IT-Experten auch den Autor des Dokuments identifizieren: einen Mitarbeiter des ÖVP-Parlamentsklubs, der zuvor unter auch für ÖVP-Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka gearbeitet hatte.

Wie bereits ausführlich berichtet, empfahl Pilnacek dem Kabinettschef des Finanzministers am 24. Februar, gegen die staatsanwaltschaftlichen Maßnahmen im Fall Blümel rechtlich vorzugehen. Doch das war noch nicht alles. Wie sich anhand der nun vorliegenden Dokumente zeigt, ging der Chat noch weiter.

„Die spielen unfair“

Blümels Kabinettschef Clemens-Wolfgang Niedrist war in der Causa schon zuvor medial aufgefallen. Er ist der Mann, der bei der Blümel-HD am 11. Februar einen privaten Laptop zurückbrachte, nachdem dieser mit Blümels Ehefrau kurzfristig einen Spaziergang gemacht hatte.)

Nachdem er Pilnacek die zwei Wochen später eine staatsanwaltschaftliche Sicherstellungsanordnung geschickt hatte, antwortete dieser um 21.46 Uhr zunächst mit:

Das ist ein Putsch!!, lauter Mutmaßungen, es muss Beschwerde eingelegt werden, wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?

Um 21.54 Uhr schrieb Pilnacek an Niedrist:

Was da ausgeführt wird, ist ein schlichter Skandal, Rate dringend zu Dienstaufsichtsbeschwerde an VK Kogler.

Um 22.11 Uhr qualifizierte Pilnacek die Verdachtsmomente gegen Blümel dann so: „Alles betreffend Vorteilszuwendung/Amtsgeschäft ist spekulativ.“ Er ergänzte dies um eine Einschätzung zur WKStA: „Die spielen unfair; nur eine Beschwerde hilft.“

Um 22.46 Uhr schließlich setzte der (derzeit noch) suspendierte Sektionschef eine Nachricht an Niedrist ab, die aus einem Film stammen muss, so surreal ist sie:

Meine Empfehlung wäre: BMF sucht aufgrund der Ao (Anm.: Anordnung) das dazu passende heraus. Wenn das der StA nicht genügt, muss sie sehen, wie sie zu mehr kommt… Zusammengefasst: In Wahrheit ist man auf die Kooperation mit dem BMF angewiesen; mit Zwangsgewalt werden die angestrebten Beweismittel von Externen kaum zu finden sein…“

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundesminister für Finanzen folgende

Dringliche Anfrage

1. Nachdem Sie immer wieder direkt in die Projekte von MMag. Schmid und Sebastian Kurz eingebunden waren, ist Ihnen bekannt, welche Aufträge Sebastian Kurz an MMag. Schmid zur ÖBIB erteilt hat?

2. Gab es weitere Aufträge von Sebastian Kurz an MMag. Schmid und wenn ja, welche?

3. Wann genau wurde entschieden, dass MMag. Schmid Vorstand der ÖBAG werden sollte?

4. Hat dies der „Innere Kreis“ der ÖVP – Sebastian Kurz, Axel Melchior, Gerald Fleischmann, Stefan Steiner und Sie – beschlossen?

5. War es der Auftrag von Sebastian Kurz Sie und MMag. Schmid in das Nominierungs­komitee der ÖBIB/ÖBAG zu setzten?

6. Wer hat vorgegeben, dass die ÖBAG nur einen Vorstand hat?

7. Wann ist Ihnen durch wen bekannt geworden, dass es in der ÖBAG zukünftig nur einen Einpersonen-Vorstand geben soll?

8. Gab es dazu ein Gespräch mit Sebastian Kurz?

9. Wann ist Ihnen bekannt geworden, dass MMag. Schmid diese Funktion ausüben soll?

10. Warum sind Sie MMag. Schmid „schuldig“, das neue Beteiligungsgesetz rasch umzusetzen?

11. Warum schrieben Sie an MMag. Schmid, dass sie seine ÖBIB „gerettet“ hätten?

12. Warum schrieben Sie an MMag. Schmid am 11. Dezember 2018 „SchmidAG fertig“?

13. Was meinten Sie mit „SchmidAG“?

14. Waren Sie am Vorabend der konstituierenden Aufsichtsratssitzung der ÖBAG beim Abendessen mit Klaus Ortner, Axel Melchior und Thomas Schmid?

15. Haben Sie mit Helmut Kern vor seiner Bestellung in den ÖBAG-Aufsichtsrat über diese Funktion gesprochen?

16. Haben Sie mit Susanne Höllinger vor ihrer Bestellung in den ÖBAG-Aufsichtsrat über diese Funktion gesprochen?

17. Haben Sie mit Günther Helm vor seiner Bestellung in den ÖBAG-Aufsichtsrat über diese Funktion gesprochen?

18. Haben Sie mit Iris Ortner vor ihrer Bestellung in den ÖBAG-Aufsichtsrat über diese Funktion gesprochen?

19. Ist Ihnen bekannt, ob Sebastian Kurz mit Helmut Kern, Susanne Höllinger, Günther Helm und Iris Ortner oder einem von Ihnen vor ihrer Bestellung in den ÖBAG-Aufsichtsrat gesprochen hat?

20. Was meinte MMag. Schmid am 24.1.2019 wie er Ihnen schrieb, dass Höllinger „steuerbar“ ist?

21. Warum müssen Aufsichtsräte in der ÖBAG steuerbar sein?

22. Durch wen sollten die Aufsichtsräte in der ÖBAG steuerbar sein?

23. Wenn Sie das nicht wissen, warum haben Sie nicht nachgefragt, was er damit gemeint hat?

24. Warum hat MMag. Schmid auch an HBK – Herrn Bundeskanzler – geschickt, dass Höllinger steuerbar ist?

25. Ist es richtig, dass Gabi Spiegelfeld Vorschläge für den ÖBAG Aufsichtsrat gemacht hat?

26. Hatten Sie diesbezüglich mit ihr Kontakt?

27. Ist es richtig, dass MMag. Schmid Vorschläge für den ÖBAG Aufsichtsrat Ihnen gegenüber gemacht hat?

28. Hat MMag. Schmid Sie gebeten mit Sebastian Kurz zu sprechen, damit gewisse Personen Aufsichtsrat bei der ÖBAG werden?

29. Warum wünschte sich MMag. Schmid einen „guten Aufsichtsratschef“?

30. Woher wusste MMag. Schmid, dass er Vorstand der ÖBAG wird?

31. Haben Sie MMag. Schmid zugesagt, dass er Vorstand der ÖBAG wird?

32. Hat Sebastian Kurz MMag. Schmid zugesagt, dass er Vorstand der ÖBAG wird?

33. Wenn Sie im Nominierungskomitee waren, warum hat Sebastian Kurz die Endentscheidung über die Aufsichtsräte getroffen?

34. Hatte Sebastian Kurz die Letztentscheidung über die Auswahl der Aufsichtsräte?

35. Waren Sie in die Abänderung der Ausschreibung für den Vorstand der ÖBAG involviert oder informiert?

36. Waren Sie davon informiert, dass Mag. Schmid nicht einmal das Motivations­schreiben für die Bewerbung als Vorstand der ÖBAG selbst geschrieben hat?

37. War Ihnen bekannt, dass MMag. Schmid die Aufsichtsräte der ÖBAG vor seinem Hearing getroffen hat?

38. Haben die anderen zwei Bewerber für den Vorstandsposten auch Termine mit Aufsichtsräten der ÖBAG vor deren Hearing wahrgenommen wie MMag. Schmid?

39. Haben Sie bei MMag. Schmid nachgefragt, welche „delikaten Angelegenheiten“ Susanne Höllinger in der Vergangenheit im Niederösterreich-Netzwerk erledigt hat?

40. Handelt es sich dabei um Angelegenheiten rund um die bekannte und medial benannte „Erwin-Pröll-Stiftung“?

41. Wenn nein, handelt es sich um die Angelegenheit einer anderen Stiftung, die vom Land Niederösterreich mit öffentlichen Mitteln gefördert wird und wo Frau Höllinger eine entscheidende Rolle spielt?

42. Was meinten Sie mit dem SMS an MMag. Schmid „Du bist Familie“?

43. Welchen Personen haben sie sonst noch einen familiären Posten verschafft?

44. War MMag. Schmid der Dreh- und Angelpunkt der Personalversorgung der ÖVP?

45. Inwieweit gab es bei der ÖBAG Interventionen in Bezug auf die Legistik, also wie die gesetzliche Ausgestaltung erfolgen soll?

46. Inwieweit gab es bei der ÖBAG andere Interventionen für die Besetzung des Vorstandes oder andere Personalentscheidungen in diesem Zusammenhang?

47. Ist es üblich, dass sich ÖVP-nahe Personen Jobs in der Republik aussuchen können und sich dann auch noch ein Gesetz dafür schreiben?

48. Hatten Sie zwischen Dezember und Februar des heurigen Jahres Kontakt mit Andreas Holzer, Direktor des Bundeskriminalamtes und ehemaliger Leiter der Soko Tape, und wenn ja, zu welchen Themen?

49. Hatten Sie jemals Kontakt zu anderen Mitgliedern der Soko Tape?

50. Hatten Sie jemals Kontakt mit Andreas Holzer und wenn ja, zu welchen Themen?

51. Wie oft hatten Sie Kontakt zu Sektionschef Mag. Pilnacek?

52. Haben sie mit Sektionschef Mag. Pilnacek SMS ausgetauscht?

53. Wenn ja, wann und mit welchem Inhalt?

54. Hatten Sie seit seiner Suspendierung persönlichen Kontakt mit Sektionschef Mag. Pilnacek?

55. Haben Sie Ihren Kabinettchef beauftragt mit Sektionschef Mag. Pilnacek Kontakt aufzunehmen?

56. Haben Sie Präsidenten Mag. Sobotka im Zusammenhang mit Ihrer Einvernahme und Hausdurchsuchung um Hilfe gebeten, dass er bei Sektionschef Mag. Pilnacek interveniert?

57. Haben Sie Sebastian Kurz über Ihre Einvernahme und Hausdurchsuchung informiert?

58. Haben Sie Sebastian Kurz in diesem Zusammenhang um Hilfe gebeten und hat der Bundeskanzler deswegen einen Brief an die Wirtschafts- und Korruptionsstaats­anwalt­schaft gerichtet?

In formeller Hinsicht wird ersucht, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 1 GOG-NR zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu behandeln und dem Erstanfragesteller Gelegenheit zur mündlichen Begründung zu geben.

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich erteile Abgeordnetem Hafenecker als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf – er weiß das –, das Wort. – Bitte sehr, das Wort steht bei Ihnen.