12.53

Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß eigentlich gar nicht so recht, wie ich den Herrn zu meiner Linken korrekt ansprechen oder betiteln soll: als Herr Finanzminister, aber dann wäre wahrscheinlich Herr Nochfinanzminister besser (Zwischenrufe bei der ÖVP), oder ist Ihnen vielleicht Danilo Kunhar lieber, oder haben Sie vielleicht noch irgendwelche ande­ren Identitäten, unter denen Sie in der Weltgeschichte herumgeistern und Ihr korruptives Unwesen treiben? (Zwischenruf des Abg. Melchior.) Jedenfalls eines möchte ich Ihnen sagen: Der Wehleidigkeitsauftritt, den Sie heute mit dieser angeblichen Fragenbeant­wor­tung hier hingelegt haben, wird Sie den Heldenstatus bei Herrn Schmid kosten. Vor­sicht, Vorsicht, Sie kriegen keine Bussis mehr geschickt! (Heiterkeit der Abg. Belakowitsch. – Zwischenruf des Abg. Melchior.)

Jedenfalls haben wir ein Phänomen, das man feststellen muss, und das ist eine multiple Identität von ÖVP-Vertretern und der ÖVP insgesamt. Diese multiple Identität ist so etwas Ähnliches wie Ausdruck und Sinnbild einer dort total verbreiteten Mehrgesich­tigkeit oder Doppelgesichtigkeit, es ist sogar so etwas Ähnliches wie das spezifische Charakteristikum der Österreichischen Volkspartei. Doppelgesichtigkeit, Janusköpfig­keit: Das ist der Faden, der sich bei Ihnen überall durchzieht.

Was zum Beispiel so dargestellt wird, als wäre es ein blitzsauberes und natürlich völlig frei von jeder politischen Einflussnahme der ÖVP-Spitzenrepräsentanten durchgeführtes Bestellungsverfahren eines Öbag-Chefs, der immerhin ein Milliardenvermögen, das dem Steuerzahler gehört, dort managt, ist in Wahrheit etwas ganz anderes, nämlich die generalstabsmäßige Planung und Durchführung eines Postenschachers für den Bussi-Bussi-Spezi Thomas Schmid durch Herrn Kurz, im Verbund mit Herrn Blümel. Das ist das wahre Gesicht, die wahre Darstellung der Ereignisse. (Beifall bei der FPÖ.)

Da schreibt man sich die Ausschreibungskriterien auf den eigenen Leib, die Megagage in Millionenhöhe inklusive, bis hin zum Casting des entsprechenden Aufsichtsrates ist alles durchgetaktet! Herr Wöginger, es läuft wie geschmiert in Ihrer Bussi-Bussi-Partei! Das alles ist die Wahrheit hinter der neuen Politik, mit der Sie angeblich angetreten sind, um in diesem Land anders zu regieren.

Ein zweiter Teil der Janusköpfigkeit, der Doppelgesichtigkeit ist die Selbstdarstellung der Österreichischen Volkspartei als eine politische Gemeinschaft, der die Werte der christlichen Soziallehre ganz besonders wichtig sind und die natürlich überall die Anliegen der katholischen Kirche vertritt und entsprechend unterstützt. Das alles ist aber auch nur Fassade, wie wir jetzt draufgekommen sind. Dahinter zeigt sich etwas ganz anderes, das sieht man ja bei den Chatprotokollen dieser elitären Herrenrunde. Da zeigt sich ja eine regelrechte Lust an der Demütigung und an der Schmähung von höchsten Kirchenvertretern. Die SMS in diesem Zusammenhang sind ja geradezu eine Art sadis­tisches Outing, das Sie dort hingelegt haben, der reinste Ausdruck von Machtmiss­brauch, Machtrausch und Hybris. Ich möchte ja gar nicht wissen, wie Sie in Ihren SMS-Korrespondenzen in dieser Buberlpartie über die eigenen Landeshauptleute herziehen! Na wer weiß, was da noch alles zum Vorschein kommt! Man darf gespannt sein, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Wenn ich jetzt Sie, Herr Danilo Blümel oder Gernot Kunhar oder wie auch immer die wirkliche Identität ist, anspreche, könnte ich genauso gut den ehemaligen Geilomobil­chefpiloten Sebastian Kurz, den Obernarzissten Ihrer Partei, nehmen oder den Bussi-Bussi-Schmid oder den Dirigenten Ihrer Machtergreifung, Wolfgang Sobotka, oder den Chefgärtner Ihres Buberlbiotops, Herrn Spindelegger, oder den Ausputzer im Justiz­minis­terium, Herrn Pilnacek – die Liste ist bei Weitem nicht vollständig –, denn alle diese Herrschaften bilden den Kern Ihrer sogenannten Family. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist weniger salopp als liebevoll formuliert – liebevoll ist das formuliert!

Das ist die ehrenwerte ÖVP-Familie, die ich da im Ansatz aufgezählt habe (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten der SPÖ), eine ehrenwerte ÖVP-Familie, die in Wahrheit einen Staat im Staat gebildet hat. Mich erinnert dieses ganze Vorgehen und dieses Netzwerk weniger an verantwortungsbewusste Repräsentanten der Republik; August, wenn ich so etwas sehe und lese und nachvollziehe, dann kommt mir die Cosa Nostra in den Sinn, und jedem, der klar denken kann, geht es ebenso. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist eine Ironie des Schicksals – oder vielleicht ist es ausgleichende Gerechtigkeit, jedenfalls ist es der Fluch der bösen Tat, der Sie einholt –, dass diese Anatomie des ÖVP-Netzwerks aus Postenschacher, Protektionismus, Nepotismus und Schamlosigkeit obendrauf ausgerechnet im sogenannten Ibiza-Untersuchungsausschuss, den Sie als Richtstätte über die Freiheitliche Partei konzipiert haben, auffliegt. Das ist ja in der Zwischenzeit eine Art Sezierkurs für die Schweinereien der Österreichischen Volkspartei geworden! Eine nach der anderen wird exhumiert, und wir sind noch lange nicht fertig, auch wenn ihr verhindern wollt, dass diese Ausschüsse tagen. Es wird euch nicht gelin­gen.

Meine Damen und Herren, es ist mir wichtig, das einmal zu sagen: Das, was Strache im Suff auf Ibiza fantasierend von sich gegeben hat, war zugegebenermaßen hochnot­peinlich, ja – aber er hat nichts verbrochen! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Während Sie mit dem Finger auf ihn gezeigt haben (Zwischenrufe bei der ÖVP), während Sie sich in immer neuen Kapriolen im Verbund mit dem Herrn Bundespräsidenten moralisch entrüstet haben, während Sie Rücktritte gefordert haben, haben Sie zur selben Zeit – Sie, Herr Blümel, Herr Kurz, Herr Schmid, Herr Sobotka und alle, die Sie dazugehören – jede Minute Ihres Schaffens, jede Stunde Ihrer politischen Tätigkeit, jeden Tag Ihrer Ausübung der Amtsgeschäfte als Amtsträger in dieser Republik Postenschacher, Ein­flussnahme und Käuflichkeit gelebt und Ihre ÖVP oder Kurz AG in dieser Republik umgesetzt. (Beifall bei der FPÖ.)

Was ist das für eine elende Heuchelei! Ich kann Ihnen sagen: Die Strafe wird Sie ereilen, sie wird Sie einholen. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Wir sind jetzt in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten. Ich lege Ihnen die Apostel­geschichte mit einem Zitat ans Herz: August, siehe, die Füße derer, die dich hinaus­tragen, stehen schon vor der Tür! – Zitatende. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ sowie Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es sind die Füße der Justiz, die vor Ihrer Tür stehen, die Sie nicht haben abhacken können, indem Sie die Justiz als Putschisten bezeichnen, weil sie ihre Arbeit macht, indem Sie bei Ihnen einmal hinter die Fassaden schaut! Und es sind vor allem die Füße der Wählerinnen und Wähler, die dieses Geschäft erledigen werden, Sie vor die Haustür hinauszutragen. Ich würde mir wünschen, dass auch die Füße der Medien, die sich daran beteiligen, etwas zahlreicher werden, dass man die Beißhemmung ablegt und dass man sich nicht anfüttern lässt und Teil dieser Kurz AG wird, sondern in der Dimension und Breite über die Skandale berichtet, die den Skandalen auch gerecht werden. Dann steht eh nichts anderes mehr in der Zeitung. (Beifall bei der FPÖ.)

Über die Öbag zu reden, heißt, über einen Staat im Staat zu reden, den die ÖVP über Jahre und Jahrzehnte errichtet hat. Da trifft die SPÖ auch eine gewisse Schuld, weil sie in ihrer Eindimensionalität und mit dem Blick immer nur auf den Kanzler, auf den Kanzler, auf den Kanzler (Zwischenruf des Abg. Leichtfried) ganz vergessen hat, dass es noch andere wichtige Bereiche gibt. Und die ÖVP hat sich dort eingenistet und zu wuchern begonnen, und sie wuchert dort bis heute.

Es ist ein Staat im Staat, eine Kreuzung aus Selbstbedienungsladen und Versorgungs­einrichtung, ausgestattet noch mit einem Vollkaskoschutz gegen strafrechtliche Ermitt­lung und strafrechtliche Verfolgung. An alles haben Sie gedacht! Staat im Staat heißt Missbrauch der höchsten Stellen im Finanzministerium, heißt Missbrauch des Justiz­ministeriums dadurch, dass dort Verfahren gegen Ihre edle Family, gegen die vornehme ÖVP-Familie entweder bis zur Unkenntlichkeit amputiert oder überhaupt erschlagen werden, und Missbrauch im Justizministerium dadurch, dass der bisherige Schutzpatron, den Sie dort gehabt haben, die Strafverfolgungsbehörden verfolgt und die Straftäter serviciert – das ist auch eine einzigartige Leistung, die nur auf diesem Misthaufen der Österreichischen Volkspartei hat groß werden können. (Beifall bei der FPÖ.)

Was dort passiert, ist nämlich nichts anderes, als eine Firewall für Ihr Familybusiness aufzuziehen.

Es bedeutet auch Missbrauch im Innenministerium, weil Sie es sich dort so gerichtet haben, dass Sie aussuchen, wer derjenige ist, der gegen Sie ermittelt. Das ist dann der Missbrauch, wie er im Innenministerium jeden Tag gelebt wird. (Zwischenruf bei der ÖVP.)

Und diese drei Ressorts, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind das Bermuda­dreieck der Rechtsstaatlichkeit in Österreich, die Todeszone für die politische Hygiene, möchte ich sagen. Das ist das geschlossene System der Kurz-ÖVP, die in Wahrheit ein Modell betreibt, mit dem sie sich die Republik und die Bürger untertan macht, anstatt der Bevölkerung zu dienen, wie es sich gehören würde. Es ist höchste Zeit, dass Ihnen einmal das Handwerk gelegt wird. Ich sage das in aller Deutlichkeit! (Beifall bei der FPÖ.)

Immer wenn ich anfange, mir dieses Netzwerk zu visualisieren, fällt mir § 278a der Strafprozessordnung ein, das ist der Mafiaparagraf. Das ist dasjenige, was schön langsam das einzig taugliche Instrument für die Verfolgung Ihrer Machenschaften ist. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Ein Wort noch: Der Herr Bundespräsident - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ihre Redezeit ist zu Ende, kommen Sie zum Schluss!

Abgeordneter Herbert Kickl (fortsetzend): Der Herr Bundespräsident, der sich wenige Tage nach Ibiza lautstark entrüstet hat, ist in beharrliches Schweigen verfallen. Herr Bundespräsident, wachen Sie auf, sonst machen Sie sich zum Beitragstäter dieses Staates im Staat! (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

13.03