Projekte der Initiative "Forschungsjahr im Parlament" sollen unter anderem die kritische Auseinandersetzung und Weiterentwicklung der parlamentarischen Wissensressourcen ermöglichen. Um sich mit diesen vertraut machen zu können, konnte sich die Forscherin mit Expert:innen der Abteilung 3.2. Parlamentswissenschaftliche Grundsatzarbeit in Hinblick auf die wissenschaftliche Methode austauschen. Außerdem erhielt sie eine Einführung in Parlamentsbibliothek und Archiv sowie Unterstützung der Mitarbeiter:innen der Abteilung 1.4/2.4. Stenographische Protokolle, die ihr die Besonderheiten und Herausforderungen der Erstellung von stenographischen Protokollen näher brachten. In weiteren Treffen mit Mitarbeiter:innen der Abteilungen 1.1. Präsidialangelegenheiten, 8.3.A. Applikationsdesign, -Entwicklung und -Betrieb sowie 8.3. Operative IKT bekam Bianca Winkler Einblicke in die technischen Möglichkeiten der Datenbank des Parlaments.
Da die Datenmenge infolge der ersten Suche nach bestimmten Wortkombinationen sehr groß war, entschied sich die Forscherin, eine randomisierte – also zufällige und stichprobenartige – Analyse vorzunehmen. Winkler betont, dass sich Wortbedeutungen (in der Sprachwissenschaft auch "types" genannt) und deren Entwicklung durch rein quantitative Untersuchungen dieser Art (zu weiteren Details der Schlagwortsuche siehe unten) ohnehin nicht erschließen lassen. Erst in Kombination mit einer daran anschließenden qualitativen Analyse einzelner Protokolle wird eine wertvolle inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Wissenschaftsbegriff in parlamentarischen Debatten möglich.
Bianca Winkler hält zum jetzigen Zeitpunkt zwei wesentliche vorläufige Erkenntnisse durch ihre Forschung fest:
- Die quantitative Analyse zeigt, dass die Schlagwortsuche "Wissenschaf* und Studi*" - neben den zu erwartenden Ergebnissen aus der Zeit der COVID 19-Pandemie zu medizinischen Themen - erstaunlich oft in den Bildungsbereich führt. Politiker:innen fordern Studien und evidenzbasierte Politik speziell im Zusammenhang mit Bildungspolitik (Bspw. Lehrer:innenmangel, Lehrer:innenausbildung). Außerdem wurde offensichtlich, dass Begriffe, die den Wortteil "eviden*" enthalten, in jüngster Vergangenheit tatsächlich immer häufiger von Politiker:innen verwendet wurden.
- Die ersten Schritte der qualitativen Analyse zeigen allerdings auch den Bedeutungswandel dieser Begriffe. Ist aktuell die Rede von "evidenzbasierter" oder "evidenzorientierter" Politik, bezieht sich der oder die Sprecher:in auf das aus seiner oder ihrer Sicht wissenschaftlich erwiesene Fundament der entsprechenden politischen Entscheidungen. In Debatten der 1920er/30er Jahre ging es dahingegen vorrangig um Soldaten oder Pferde, die "in Evidenz" gehalten wurden.