Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 11

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Wir können, wenn wir gesetzeskonform vorgehen, nur dann eine solche Entsendung vornehmen, wenn eben all die Verpflichtungen, die sich aus dem Status eines dauernd neutralen Staates ergeben, voll eingehalten werden. Alle anderen Behauptungen sind sowohl völkerrechtlich als auch verfassungsrechtlich unzulässig und lassen eher an der Qualifikation dessen zweifeln, der sich zu solchen Interpretationen zu Wort meldet.

Womit würden wir denn unsere Neutralität verletzen, wenn wir in einem Staat, der vom Zerfall bedroht ist, zugunsten der Aufrechterhaltung der Ordnung, der staatlichen Strukturen und daher zugunsten der Lebensmöglichkeiten der Menschen in diesem Land mit intervenieren? (Bundesrat DDr. Königshofer: Zur Aufarbeitung des sozialistischen Erbes in Albanien – das sollten Sie auch sagen!) – Herr Kollege! Ihre Zwischenrufe sind nicht das Witzigste an Ihnen.

Wissen Sie: Die Sozialdemokratie dieses Landes mit dem Stalinismus Albaniens in eine andere Verbindung zu bringen als jene, daß Menschen, die unsere Überzeugungen geteilt haben, dort ermordet, hingerichtet und eingekerkert wurden, ist eine Zumutung! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben es dort – darin gebe ich Ihnen völlig recht, wenn Sie die Polemik weglassen – mit dem Erbe eines in besonderer Weise menschenverachtenden Regimes zu tun – das ist etwas, das wir beide ausnahmsweise einmal vermutlich im Chor sprechen können –, aber wir haben es zugleich mit einem Land zu tun, in dem die Periode des Übergangs in einer besonders unglückseligen und fehlerhaften Weise in Angriff genommen wurde.

Es ist nicht die Aufgabe dieser Debatte – wenn Sie mich nicht dazu ein bißchen verlockt hätten, hätte ich auch gar nicht diesen Versuch unternommen –, hier nun die einzelnen politischen Kräfte dieses Landes in irgendeiner Art, positiv oder negativ, zu bewerten und – obwohl ich mich da schon ein bißchen auskenne – Perspektiven, wie dort neue politische Strukturen entstehen sollten, anzudeuten.

In Wirklichkeit kann es nur um drei Dinge gehen: In diesem Land gibt es keine aus fairen und wirklich demokratischen Wahlen hervorgegangene Volksvertretung. Daher ist es Aufgabe dieser internationalen Intervention, sicherzustellen, daß solche Wahlen, die dem echten Willen des Volkes – welcher auch immer es ist – zum Ausdruck verhelfen, stattfinden. Es geht darum, jene zurückzudrängen, die ohne eine solch demokratische Legitimation örtlich oder national für sich Macht beanspruchen – ob sie es mit der Kalaschnikow in der Hand oder mit einer höchst dubiosen rechtlichen Legitimation tun, ist dabei bedeutungslos. Und es geht darum, Versorgungsstrukturen, Verwaltungsstrukturen, Polizeistrukturen wiederherzustellen, die in diesem Konflikt zusammengebrochen sind.

Mehr, aber auch nicht weniger kann als Aufgabe dieser politischen, natürlich auch ökonomischen und in einer Ebene auch militärischen Intervention nicht zugemutet werden.

Man kann sich nun, wenn man schon zur Kenntnis nehmen muß, daß dieser Einsatz weder ein Verlassen des Weges der Neutralität noch gewissermaßen – auch diesen Standpunkt hat es gegeben – eine unzulässige Einmischung in die Rechte eines Nachbarn ist, natürlich auch noch auf den Standpunkt stellen: Für jene, die daran teilnehmen, beinhaltet dies Gefahren. – Das ist sicher richtig. Das ist keine Vergnügungsfahrt – nicht für die Politiker, die dort unten sind und unten waren, nicht für die Vertreter der österreichischen Diplomatie, die dort im Dienste der OSZE tätig sein müssen, und nicht für all die anderen, die Vertreter von humanitären Organisationen, aber auch nicht für die Angehörigen des österreichischen Bundesheeres. Keine Frage! Also ich würde jetzt niemanden empfehlen, nach Albanien auf Urlaub zu fahren. Deshalb bauen wir auf der Freiwilligkeit dieses Einsatzes auf, deshalb sind es Menschen, die dorthin kommen, die auch um die Risken, die sie dort eingehen, wissen. – Das ist nicht fahrlässig, wie es Ihr Herr Westenthaler-Hojac gesagt hat, das ist verantwortungsbewußt.

Es kann doch nicht der österreichische Beitrag zur Wiederherstellung von Verhältnissen menschlicher Art in Albanien sein, daß jeder, der dorthin fährt, Journalist oder Politiker, bei einem österreichischen Hotelier absteigt. Das kann doch nicht der Kern unserer Intervention sein. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)


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