Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 84

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es auch Selbstregelungsmechanismen in der Gesellschaft gibt, und weil wir nicht daran glauben können, daß ein wirklicher Schutz der Mitarbeiter in Zukunft im Bereich der innerbetrieblichen Mitbestimmung stattfinden muß.

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin der Bundes-Arbeiterkammer! Es gibt keine Diskussion in Österreich über die Zeitordnung dieser Gesellschaft, es gibt Behauptungen, zu wissen – wie Frau Mertel es eben gemacht hat –, was denn Lebensqualität wäre. Frau Mertel hat wörtlich gesagt, es gibt den Verlust errungener Lebensqualität. Frau Mertel weiß also, was Lebensqualität für 8 Millionen Österreicherinnen und Österreicher ist. Sie weiß, wie das kollektive Glück ausschaut. Ist das nicht eine grenzenlose Überheblichkeit?! (Abg. Hostasch: Kollege Peter, Sie wissen, daß Mitarbeiter unseres Hauses in Umfragen ermittelt haben, was als Lebensqualität empfunden wird!)

Frau Präsidentin! Sie kennen hier und heute den Wissensstand über eine gesellschaftliche Entwicklung, Sie wissen, wie Menschen hier und heute fühlen, Sie vergessen aber tunlichst, daß diese Gesellschaft in einer unerhört großen Bewegung ist und daß es gerade in der innerbetrieblichen Mitbestimmung möglich ist, diese Bewegung mitzuvollziehen. Daher möchte ich sie stärken, denn ich glaube, daß sie in Zukunft viel mehr Bedeutung haben wird, daher möchte ich an die Bundes-Arbeiterkammer, an die Landes-Arbeiterkammern und an die Gewerkschaften die Bitte richten und ihnen die Aufgabe zuteilen, in der Beratung an dieser innerbetrieblichen Mitbestimmung mitzuwirken. Wobei ich klar dazusage, daß Unternehmungen, die nicht bereit sind, eine innerbetriebliche Mitbestimmung einzurichten oder keine haben, diese Gestaltungsmöglichkeit mit ihren Betriebsräten nicht haben, sondern das ist dann selbstverständlich direkt mit der Gewerkschaft und direkt mit der Arbeiterkammer, wer immer das dann macht, zu entscheiden.

Aber, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, führen wir doch einmal die Diskussion über eine Zeitordnung, über ein neue Zeitordnung dieser Gesellschaft, die nicht aus dem Mittelalter kommt! In der Bibel steht geschrieben: Am siebenten Tage sollst du ruhen!, und daher ist selbstverständlich der Siebentage-Rhythmus einzuhalten. Ich habe aber nirgends in der Bibel gelesen, daß man Freitag, Samstag, Sonntag ruhen sollte, aber der Siebentage-Rhythmus ist offensichtlich ein konstitutives Merkmal unserer Zeitordnung. Die Feiertage – über deren Anzahl man streiten kann – sind offensichtlich ein Teil unserer Kultur.

Nachtarbeit kann nicht erstrebenswert sein, Nachtarbeit ist nur dort zu leisten, wo sie unverzichtbar und unbedingt notwendig ist. Und Überstunden sind selbstverständlich durch Zuschläge soweit zu sanktionieren, daß sie teurer sind als die normale Arbeitszeit.

Wenn wir aber nicht begreifen wollen, daß nur die Summe der Wertschöpfung, die wir in diesem Lande erwirtschaften, das ist, was wir verteilen, mit dem wir Beschäftigung schaffen können, machen wir doch folgendes: Wir schränken Beschäftigung immer weiter ein, indem wir sie immer weiter reglementieren. Das heißt, um das sogenannte Lebensglück der Arbeit Besitzenden zu schützen, grenzen wir jene, die keine Arbeit besitzen, immer weiter aus. – Das ist doch eine reaktionäre Politik! Unser Thema heute ist nicht, wer Arbeit besitzt, sondern unser Thema ist, wer keine Arbeit besitzt, unser Thema ist, wie wir Politik machen können, um produktiver und wirtschaftlicher zu werden, um damit mehr Menschen Arbeit geben zu können.

Meine Damen und Herren! Arbeit schaffen nur Kunden – und niemand anderer! Weder Unternehmer schaffen Arbeit noch die Bundesregierung noch die Bundes-Arbeiterkammer noch die Wirtschaftskammer, sondern ausschließlich Kunden schaffen Arbeit.

Wenn Sie sich der Marktchancen begeben, wenn Sie durch Reglementierung die Nützung von Marktchancen verhindern, werden Sie keine Arbeit haben, sondern höhere Arbeitslosigkeit erzeugen. Das ist der Grundsatz. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Wirtschaften ist kein Selbstzweck, Wirtschaften darf kein Selbstzweck sein, sondern Wirtschaften dient ausschließlich dazu, den Menschen einen Lebenserwerb und ihre kulturelle Verwirklichung zu ermöglichen. Hiebei ist der soziale Schutz der Mitarbeiter – je weniger sie verdienen, desto mehr und desto wichtiger – zu gewährleisten. Die


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