Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 85

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Frage ist nur: Schaffen wir den sozialen Schutz, wie Sie es von der Sozialdemokraten in trauter Einheit mit der Österreichischen Volkspartei machen, indem Sie immer noch eins draufsetzen, indem es Ihnen immer wieder gelingt, noch eine Reglementierung zu finden, womit Sie diese Gesellschaft selbstverständlich weiter kriminalisieren? Im Strafrecht haben wir alle schon verstanden, daß es keinen Sinn hat, eine Summe von Strafdrohungen aufrechtzuerhalten, die an Relevanz in dieser Gesellschaft verloren haben. Im Sozialrecht bleiben wir aber auf dem alten Pfad, weil wir nicht den Mut haben, über die Zeitordnung dieser Gesellschaft zu diskutieren.

Ganz klar ein liberaler Vorschlag zur Diskussion:

Punkt eins: Wenn Sie über Zeitordnung reden, müssen Sie selbstverständlich auch über Schutzbestimmungen reden, die, wie ich bereits ausgeführt habe, auf der innerbetrieblichen Ebene zu liegen haben. Und diese innerbetriebliche Mitbestimmung in den Betrieben ist zu schwach heute, sie ist zu schwach, weil sie von der überbetrieblichen Fremdbestimmung überhöht wird.

Fest steht der Siebentage-Rhythmus, fest steht, daß es eine Wochenendfreizeit von mindestens zwei Tagen Dauer geben muß – na selbstverständlich! –, aber die Arbeitszeit an den Werktagen wird von Montag 6 Uhr früh bis Samstag 22 Uhr sein. Das ist die die Betriebsöffnungszeit, aber nicht die Arbeitszeit der Menschen. Die Arbeitszeit der Menschen kann bei höherer Produktivität und Verringerung der Stehzeiten sogar sinken, aber es geht einmal darum, zu sagen, von Montag 6 Uhr bis Samstag 22 Uhr sind die Werktage unseres Landes, die Werktage, die selbstverständlich nicht harmonisieren mit der Dauer der Arbeitsbeschäftigung. Das wäre doch ein völlig unzulässiger Schluß.

Es wird viel mehr Schichtdienste geben, womit ein Teil diese Betriebsszeit in Teilen abgedeckt wird. Selbstverständlich ist, daß es mit der Entkoppelung der Öffnungs- und Betriebszeiten und der Arbeitszeit auch klare Zuschläge geben muß, um deutlich zu machen, welche Form von Arbeit wir verteuern wollen. Das ist nun einmal die Überstunde im Durchrechnungszeitraum, das ist die Nachtarbeit, das ist der Feiertag, das ist der Sonntag.

Aber folgendes muß uns bewußt sein: Wir alle leben in einer Gesellschaft in der herrschenden Rolle als Konsumenten, in der wir natürlich Lebensqualität verlangen, und Lebensqualität ist Einkaufen, ist Dienstleistung vor allem. Wir leben aber auch in einer dienenden Rolle in dieser Gesellschaft, und die vergessen wir. Denn je rigider wir in unserer dienenden Rolle sind, je mehr wir uns in der dienenden Rolle hinter Schutzvorschriften verstecken, desto weniger wird die Lebensqualität in der herrschenden Rolle sein. Und je weniger Menschen außerhalb der Zeiten des kollektiven Glücks arbeiten werden, desto einsamer werden sie werden und desto weniger gern werden sie dann bereit sein, jenen, die das kollektive Glück genießen, eine schöne Freizeit zu gewähren.

Da beißt sich doch die Katze in den Schwanz! Haben Sie doch endlich einmal den Mut, über eine Zeitordnung dieser Republik im Jahre 2000 zu diskutieren und sowohl die Arbeits- als auch die Freizeitgesellschaft in diese Betrachtung miteinzubeziehen!

Meine Damen und Herren! Kundenwünsche bestimmen das Verhalten von Unternehmungen, und Unternehmungen müssen sich mit ihren Mitarbeitern akkordieren, ob sie bereit sind – in welcher Form, in welcher Art, zu welcher Zeit –, Kundenwünsche zu befriedigen.

Es gibt über einen gewissen Rahmen hinaus keinen Regelungsbedarf, weil es Ihnen einfach nicht gelingen kann, einem ganzen Land – vom Bodensee bis zum Neusiedlersee – dieselben Spielregeln überzuziehen. Wenn Sie das tun wollen, dann müssen Sie Tausende Ausnahmeregelungen schaffen – und Sie haben da einen Landeshauptmann und dort einen Landeshauptmann, mit da einer Ausnahmegenehmigung und dort einer Ausnahmegenehmigung.

Damit sind wir wieder bei dem – und hiermit schließt sich der Kreis –, was Sie alle hier im Hohen Haus pausenlos beweinen: die überbordenden Bürokratiekosten. Sie haben diese Bürokratie beschlossen, und Sie sind mit dem Arbeitsruhegesetz dabei, ein weiteres Schäuferl dazuzulegen


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