Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 130

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wir, daß Sie teilweise nur zögerlich voranschreiten und teilweise in die andere Richtung marschieren. Sie können sich von der Frage der Reglementierung offensichtlich nicht lösen, weil Sie nicht den Mut haben, dem einzelnen Menschen zu vertrauen, ihm ein soziales Netz unterzuschieben, daß er, wenn er stolpert, aufgefangen wird, ihn aber sonst sein Leben durch Eigenverantwortung selbst bestimmen zu lassen.

Sie sind gerade einer jener Vertreter – ich nehme Sie jetzt als Repräsentanten der Volkspartei her –, die den unerhörten Drang haben, zu wissen, wie die Menschen zu leben haben, und dabei die wirtschaftliche Entfaltungsmöglichkeit in diesem Land hemmen.

Der Paradigmen-Wechsel ist etwas, was wir alle einander immer wieder erzählen, was wir im Fernsehen sehen und in Zeitungen lesen: ständig neue, veränderte Verhältnisse auf den Märkten, Internationalisierung, technologische Entwicklung – all das sind Schlagworte, die immer wieder auf uns niederprasseln –, Kommunikationsrevolution, neue Transportwege und so weiter, "garniert" durch weltweiten Wettbewerb.

Wie antwortet der Bundeskanzler, die Bundesregierung darauf? – Sie haben im Jänner dieses Jahres hier eine Regierungserklärung abgegeben – dieser Regierungserklärung ist weitgehend zuzustimmen. Es ist seither nahezu ein Jahr vergangen. Was davon wurde umgesetzt? Was ist im Sumpf der Partei, der Macht und der Einflußkämpfe hängengeblieben? – Da sollte meiner Ansicht nach die Kritik ansetzen; die Kritik an der geringen Umsetzungskapazität, an einer Bundesregierung, die offensichtlich weiß, was sie zu tun hätte, sich aber im Gestrüpp der Interessenvertretungen, der Gewerkschaften und Kammern immer wieder verheddert und letztlich aus Reformen Reförmchen macht und da und dort sogar einen Schritt zurück.

Wann werden denn die verantwortlichen Interessenvertreter in diesem Land verstehen, daß die Zeit weitergeht, auch wenn Sie auf Ihre sogenannten wohlerworbenen Rechte beharren? Wann wird die Bundesregierung verstehen, daß das Reformtempo in Österreich nicht zufriedenstellend ist, das Tempo, mit dem die Rahmenbedingungen der Wirtschaft in diesem Land an die Anforderungen des Marktes angepaßt werden? – Je langsamer Ihr Reformtempo ist und je schneller sich die Märkte weiterentwickeln, desto schwieriger wird die Lage der Wirtschaftsbetriebe, und umso weniger werden diese erfolgreich sein.

Die Reformunlust, die Reformverweigerung aus Macht- und Einflußgründen ist einer der Gründe der Arbeitslosigkeit in diesem Land. Wir hätten größere Beschäftigungspotentiale, wenn man sie ausschöpfen ließe. Aber allein die Unternehmensgründung, die in diesem Haus sehr oft diskutiert wurde, ist in Österreich so schwierig, daß man eigentlich jedem Jungunternehmer, der sich dazu entschließen will und sollte, nur sagen kann: Hast du dir das auch wirklich gründlich überlegt? Weißt du, was auf dich zukommt, wenn du ein eigenes Unternehmen gründest? (Abg. Mag. Haupt: 140 000 zu wenig!)

Wir haben im Hinblick auf den Durchschnitt der Europäischen Union um 140 000 Unternehmer zu wenig. Ich weiß, daß die Bundesregierung im Wahlkampf im Dezember vollmundig erklärt hat: Wir werden 50 000 neue Unternehmungen gründen. Aber das, was Sie bisher beschlossen haben, vor allem im Strukturanpassungsgesetz 1996, sind weitere Hindernisse auf dem Weg, Unternehmer zu werden.

Ich orte leider auch bei bestehenden Unternehmen, vor allem Klein- und Mittelbetrieben, das Gegenteil der wünschenswerten Entwicklung. Diese Unternehmer sagen nämlich: weniger Mitarbeiter beschäftigen, weniger Zores, weniger Kontrollen, kleiner werden, hier will ich nicht mehr expandieren.

Sie, Herr Bundeskanzler, und Ihre Politik, die Zögerlichkeit, mit der Sie sie umsetzen, frustrieren den Schumpeterschen Unternehmer, die Schumpetersche Unternehmerin.

Herr Bundeskanzler! Die Beispiele zähle ich Ihnen beim Arbeitnehmerschutz und auch hinsichtlich der Energiesteuer auf. Ich nenne Ihnen Betriebe, die in moderne Energiesysteme investiert haben, in Wärmepumpen, und die heute durch Energiesteuern bestraft werden, ohne daß die Mehrkosten der Energiesteuer gleichzeitig in Form von Arbeitskostensenkungen ausgeglichen


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