Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 131

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werden. (Bundeskanzler Dr. Vranitzky: Das ist doch nicht zögerlich! Das ist Politik! Das ist halt eine andere Auffassung! – Abg. Böhacker: Werkverträge!)

Herr Bundeskanzler! Es kann nicht die Politik sein, die Steuer- und Abgabenquote zu erhöhen. Es kann doch nicht so sein, daß, wie in der heutigen Diskussion bereits mehrfach angetönt ist, die Steuer- und Abgabenquote ein Wert an und für sich ist. Die Frage ist: Kann ich die Steuer- und Abgabenquote senken, und kann ich staatliche Leistungen in den privaten Bereich auslagern und damit den staatlichen Gesamtumfang verringern? – Daß der Bürokratieaufwand in Österreich zu groß ist, ist klar, und dieser kommt aus den Reglementierungen.

Dieses Hohe Haus hat heute aufgrund einer Vorlage Ihrer Bundesregierung, Herr Bundeskanzler, beschlossen, daß die Handelsangestellten jetzt nur noch jeden zweiten Samstag arbeiten dürfen. Das bedeutet, es muß ein Gesetz für etwas her, was bei einer guten innerbetrieblichen Mitbestimmung, die die Rechte der Mitarbeiter schützt, beschlossen werden sollte. (Zwischenruf des Abg. Dr. Nowotny. )

Herr Nowotny! Rabaulistik ist immer schon ein schlechtes Argument gewesen, auch aus der ersten Reihe vorgetragen. Es ist Rabaulistik, wie Sie heute argumentieren.

Über Gesetze schaffen Sie zusätzliche Kontrollkosten, zusätzliche Frustration, weil es Mitarbeiter gibt, die möglicherweise anders sind als die restlichen 80 Prozent. (Abg. Dr. Nowotny: ... oder Sie wollen sie zwingen!) Es geht nicht ums Zwingen – Sie haben leider die Debatte über das Arbeitsruhezeitgesetz nicht verfolgt.

Es geht heute darum, die Schutzbestimmungen auf die innerbetriebliche Mitbestimmung zu verlagern, wo neue Aufgaben für die Gewerkschaft da sind, um den Mitarbeiter gegen den Druck des Unternehmers zu schützen, aber ihm innerbetrieblich die Möglichkeit zu geben, auf seine subjektiven Lebenserfordernisse einzugehen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Man kann innerbetrieblich schützen, wenn man will. Wenn man allerdings die Macht der Institutionen verteidigt, Herr Professor Nowotny, dann kann man das nicht.

Unternehmer, die modern sind, haben gelernt, daß innerbetriebliche Mitbestimmung ein unverzichtbarer Bestandteil einer Unternehmensführung ist – im Sinne einer Unternehmenskultur. (Abg. Dr. Nowotny: In der Theorie ist alles schön, in der Praxis nicht!) Wissen Sie, der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist, daß Sie in der Theorie leben und ich in der Praxis. Das unterscheidet uns voneinander. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Das Spannungsfeld in Österreich, das diese Bundesregierung bisher nicht überwinden konnte, ergibt sich aus dem, was die Bundesregierung tun will, und dem, was sie letztlich durchsetzt. Wohlerworbene Rechte der Arbeiter schützen, das klingt zuerst gut. Aber ist es nicht in Wirklichkeit der Schutz der Besitzenden, die Arbeit haben, zu Lasten jener, die keine Arbeit haben? Zwei Drittel oder etwas mehr haben in Österreich Gott sei Dank einen fixen Arbeitsplatz. Aber nahezu ein Drittel, knapp 30 Prozent, wird heuer einmal im Jahr arbeitslos. Je stärker ich die Flexibilisierung der Arbeitswelt verhindere und Arbeitskosten verteuere, desto geringer ist die Chance dieses Drittels von Menschen, wieder in den Arbeitsprozeß zurückzukehren.

Soziales Netz: Der größte Beitrag zu unserer politischen Kultur wird durch die Überdehnung überfordert und durch Lohnnebenkosten wieder finanziert. – Das Bürokratiephänomen haben wir heute schon diskutiert.

Lassen Sie mich noch einen Satz zum Euro sagen, weil er in dieser Dringlichen Anfrage vorkommt. Ich meine, daß der Euro die logische Vollendung des Binnenmarktes ist. Er ist letztlich eine Notwendigkeit, um ein gemeinsames Wirtschaften in Europa durchzuführen. Die Maastricht-Kriterien sind willkürlich, der Zeitplan ist Gott sei Dank festgelegt – wir sollten daran festhalten.


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