Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 171

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Nur ein Gesamtpaket, das zumindest folgende wesentliche Bereiche enthält, würde eine Verbesserung im Gesundheitssystem darstellen, eine Verbesserung für Ärzte, Pflegepersonal und Patienten.

Einer der wichtigen Punkte, die heute auch schon mehrmals angesprochen wurden, ist der Bereich der Rufbereitschaft. Die Rufbereitschaft, also die Erfindung der facharztlosen Abteilung, ist abzulehnen, da ein derartiges Krankenhaus eine Zumutung für jeden Patienten darstellt. Dieses System der Rufbereitschaft wird sicherlich nicht kostenminimierend, sondern kostensteigernd wirken, da alle handelnden Personen, von der Schwester bis zum Turnusarzt und zum herbeigerufenen Facharzt, gerichtlich belangt werden können, wenn Diagnose und Therapie nicht richtig beziehungsweise nicht rechtzeitig erfolgen, das System also dem Patienten Schaden zugefügt hat.

Teuer ist das System deswegen, weil man ja bedenken muß, daß eine Woche 168 Stunden hat. 40 Stunden lang wäre dann die Abteilung mit Fachärzten besetzt, 128 Stunden sind der Turnusarzt und eventuell ein Facharzt allein im Haus. Dies bedeutet, daß die Patienten diagnostisch und therapeutisch sicherlich unterbetreut sind. Dies bedeutet eine Verlängerung der Liegedauer, eine Häufung von Komplikationen und ein Ansteigen von chronischen Gesundheitsschäden.

Ein wirklich gutes, mit Fachärzten bestücktes Krankenhaus, wie zum Beispiel das Lorenz-Böhler-Krankenhaus, hat eine Liegedauer von acht Tagen pro Patient, wobei da auch Schwerverletzte miteingerechnet sind. Ein Belegkrankenhaus oder ein Krankenhaus ohne Fachärzte hat mit Sicherheit eine Belegdauer jenseits von 10 bis 15 Tagen, wodurch dann die Kosten steigen werden.

Die Ärzte wehren sich gegen ein System, das dem Patienten schadet, wobei falsche ökonomische Überlegungen die medizinischen Argumente dominieren. Auch die Grünen wehren sich gegen diese Form der Rufbereitschaft, da sie dem Patienten nichts bringt, sondern diesen gefährdet.

Ein gutes Krankenhaus, Frau Ministerin, ist immer billiger als ein schlechtes Krankenhaus! (Beifall bei den Grünen.) Und ein gutes Krankenhaus bedeutet eine Besetzung mit kompetenten Ärzten rund um die Uhr, die wirklich verhindern können, daß Menschen, die ins Krankenhaus müssen, mit Dauerschäden rechnen müssen.

In Niederösterreich ist es ja jetzt bereits so, daß praktische Ärzte abends nicht mehr erreichbar sind, also Menschen, die krank werden, keine Chance mehr haben, zum Arzt zu gehen, sondern auf das Krankenhaus verwiesen werden. Frau Ministerin! Die Zahl der Krankenhäuser, die Patienten übernehmen müssen, weil kein praktischer Arzt mehr vorhanden ist, wird steigen, und somit auch die Kosten. Dies ist ganz eindeutig die Organisation einer Fehl- und Unterversorgung, die sich jetzt bereits in Niederösterreich zeigt.

Man muß auch darauf verweisen, Frau Ministerin, daß Sie Ihre Gesundheitsreform, die eine Verschlechterung darstellt, als positive Reform verkaufen wollen. Die facharztlose Abteilung, die medizinische Ausbildung ohne Ausbildner, Verteuerung statt Kostensenkung werden als Reform verkauft.

Gleichzeitig mit der Rufbereitschaft wird auch das Arbeitszeitgesetz verzögert. Es werden also die Fachärzte aus dem Krankenhaus hinausgefegt. Stattdessen müssen Turnusärzte und Pflegepersonal diese Arbeit übernehmen und haben dafür auch die Verantwortung zu tragen. Es ist unmöglich und nicht durchhaltbar, wenn von Turnusärzten verlangt wird, daß sie zwischen 60 und 100 Stunden pro Woche im Dienst sind – bei schlechter Ausbildung, weil sie nur 40 Stunden pro Woche in Ausbildung stehen –, aber gleichzeitig sollen sie bei einem Notfall Verantwortung tragen. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin! Wenn Sie vor wenigen Tagen im Fernsehen gesehen haben, was Stationsschwestern von facharztlosen Abteilungen berichten, dann können Sie sich vorstellen, welches Chaos in Zukunft entstehen wird. Turnusärzte sind diesen Anforderungen nicht gewachsen –


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