Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 172

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und können und brauchen es auch nicht zu sein, weil sie in Ausbildung stehen –, und deshalb versuchen sie, von der Oberschwester oder vom Pflegepersonal Unterstützung zu bekommen. Das heißt, die Verantwortung für Gesundheit wird in die Hände von Turnusärzten und Oberschwestern gelegt, aber diese Gruppe von Personal kann diese Verantwortung niemals abdecken.

Die Rufbereitschaft, wie sie geplant ist, stellt nicht nur, wie schon ausgeführt, eine unheimliche Verschlechterung für alle Patienten dar: Sie wird Sie, wenn sie durchgesetzt wird, noch teuer zu stehen kommen. Die Rufbereitschaft, wie sie eingeführt werden soll, ist ein Instrument, das Patienten noch mehr verunsichert. Sie macht es unmöglich, Qualität in Krankenhäusern zu gewährleisten. Aufgrund der Rufbereitschaft werden sich in Zukunft Dauerschäden häufen, die Zahl der Pflegefälle wird unter Umständen größer, und die Kosten im Gesundheitsbereich werden generell künstlich gesteigert, nur weil man nicht bereit ist, über den Tellerrand hinauszublicken. Man will momentan Kosten sparen, aber Langzeitfolgen und Langzeitschäden mit enorm hohen Kosten bleiben in dieser Situation unberücksichtigt.

Aber nicht nur die Rufbereitschaft ist ein Bereich, der in diesem Entwurf zum Krankenanstaltengesetz ein ungelöstes Problem darstellt. Rufbereitschaft gehört nach Ermessen der Grünen im Hinblick auf die Verantwortung für die Patienten nicht eingeführt. Rufbereitschaft verhindert Gesundheit, und deshalb können wir sie nicht unterstützen.

Frau Ministerin! Zu einem Paket der Gesundheitsreform gehört meiner Überzeugung nach auch, daß Sie sich dessen bewußt sind, daß 99 Prozent aller Menschen, die in Österreich leben, krankenversichert sind – und das ist gut so. Österreich ist eines der führenden Länder, was den Prozentsatz von Versicherten betrifft. Die Gesundheit muß es uns in Österreich aber auch wert sein, daß mindestens 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes dafür aufgewendet werden.

Gesundheit ist ein Bereich, der die Politik sehr wohl etwas angeht, und wir Politikerinnen und Politiker hier in diesem Haus sind auch für Gesundheitspolitik verantwortlich. Frau Ministerin, es ist nicht nur schlecht, sondern es ist unverantwortlich, wenn Sie sich Ihrer Gesundheitskompetenz entledigen. Gesundheit der Österreicherinnen und Österreicher ist Bundessache und muß Bundessache bleiben. Es darf nicht die Möglichkeit geschaffen werden, sich aus dieser Verantwortung zu stehlen und die Länder arbeiten zu lassen, so nach dem Motto: Es wird schon irgendwie gehen.

Zu den geplanten Artikel-15a-Verträgen, die Sie mit den Ländern abschließen wollen: Frau Ministerin! Sie wissen genauso gut, ja vielleicht noch viel, viel besser als ich, was Artikel 15a-Verträge in der Praxis heißen. Wir wissen aus dem Bereich des Pflegegeldes, wie weit jene Verträge, die 1993 unterschrieben wurden, bereits eingelöst wurden: nur in sehr geringem Umfang. Und wenn Sie jetzt wieder so tun, als würden die Länder ihre Bereitschaft nicht nur auf dem Papier, sondern auch in der praktischen Umsetzung zeigen, ihre Verantwortung ernst nehmen und die Artikel-15a-Verträge umsetzen, dann, so meine ich, sind Sie schlecht beraten. Das wissen Sie aus der Vergangenheit. Die Länder werden sich nichts dreinreden und nicht sagen lassen, was sie im Rahmen der Artikel-15a-Verträge zu tun haben. Ihre Kompetenz haben Sie, indem Sie die Verantwortung an die Länder weitergeben, dann verspielt.

Frau Ministerin! In Österreich wird seit Jahren darüber diskutiert, daß man im Bereich des Gesundheitswesens endlich auch einmal die Ursachen von Krankheit, Gesundheit und Behinderung erforschen sollte. Es gibt nach wie vor keine Gesundheitsakademien. Es gibt nach wie vor keine Ursachenforschung, und es gibt nach wie vor keinen Bereich, der in der Gesamtsumme aufzeichnet, welche Krankheiten gehäuft in welchen Gebieten, in welchen Städten, unter welchen regionalen Gegebenheiten anfallen. Ich glaube, solange Sie nicht bereit sind – was schon höchst überfällig ist –, endlich Grundlagen zu schaffen, damit genau erforscht wird, wo es zum Beispiel die meisten Krebsfälle gibt, warum sich in einem Gebiet eine gewisse Krankheit häuft, und in diesem Bereich Handlungen gesetzt werden können, so lange werden Sie es auch nicht schaffen, die Krankheitskosten beziehungsweise die Kosten für unser Gesundheitssystem zu minimieren.


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