Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 53

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geworden; aus der Katastrophe des Jahres 1989 ist mittlerweile eine Fortsetzung der Vertuschungspolitik im Jahre 1997 geworden.

Wenn Herr Klubobmann Khol uns hier mit einer Kampfansage erklärt, es würde überhaupt keine Untersuchungsausschüsse mehr geben, solange man die Geschäftsordnung nicht nach seinem Gutdünken "repariert", dann ist das ein demokratiepolitischer Skandal, meine sehr verehrten Damen und Herren! (Abg. Dr. Khol: Nein! Nein!) Drei Wochen Aufklärung sowie alle Indizien sprechen mittlerweile dafür, daß es sich im Jahre 1989 um keine Pannenserie gehandelt hat, sondern um ein gezieltes Entkommenlassen, daß es sich um keine Pannenserie gehandelt hat, sondern um die Beugung des Rechtsstaates. Dies mit einer einstündigen Beschwichtigungsrede des Außenministers zu leugnen, ist einfach lächerlich!

Der ehemalige Innenminister kennt den Aktenvermerk vom 14. Juli 1989 ganz genau, in dem der damalige Leiter der EBT, der Einsatzgruppe zur Bekämpfung des Terrorismus, schriftlich festgehalten hat, daß mit 99prozentiger Sicherheit die drei Iraner die Täter sind. 14. Juli 1989; Dr. Kessler. – Herr Ex-Innenminister! Sie können sich erinnern. Nicht mit der Schulter zucken! Das ist die Realität! Man hat am Tag nach diesem Mord genau gewußt, wer die Täter sind. Es muß doch Pflicht sein, in einem Land aufzuklären, welche politischen Hintergründe es dafür gibt, daß man trotz dieses Wissens drei Staatsterroristen entkommen läßt. Das ist doch eine Minimalaufgabe für eine aufgeklärte Demokratie. In jedem anderen Rechtsstaat Europas würde eine Untersuchung durch einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß eine Selbstverständlichkeit sein. – Österreich ist anders. (Beifall bei den Grünen.)

Sie versuchen, auszusitzen, Sie versuchen, weiter zu vertuschen, und Sie sind mittlerweile an der kurzen Leine des Koalitionspartners. – Dazu aber später.

Das war der 14. Juli 1989: Die EBT hat klar und eindeutig gesagt, wer die Täter sind. Drei Tage später gibt es einen Aktenvermerk des Journalrichters. Dieser sagte: Ich gratuliere der österreichischen Exekutive. Wir haben nach drei Tagen die Täter bereits ausgeforscht. Das ist ganz anders als Lockheed, als die internationalen Behörden Monate hindurch nach den Tätern geforscht haben.

Was passiert, Herr Ex-Minister Löschnak? – Nichts! Es passiert nichts, ganz im Gegenteil: Es gibt eine Intervention am 16. Juli 1989 – die erste Intervention des ehemaligen Chefs der Staatspolizei –, nur ja keine Haftbefehle zu erteilen, weil "diplomatische Verwicklungen" drohen. Das ist belegt, das ist amtlich. Das sind keine aus der Luft gegriffenen Vorwürfe. Und am 19. Juli 1989 gibt es den ersten Beweis gegen den Attentäter Sahraroodi. Sie wissen, welchen Beweis ich meine, nämlich die Verifizierung des Fluchtfahrzeuges sowie eine Zeugenaussage, die eindeutig besagt, zu 100 Prozent, Sahraroodi war der Käufer dieses Fluchtfahrzeuges. Trotzdem: drei Tage später, per Polizeieskorte in Richtung Flughafen. Eskortservice auf österreichisch.

Dann das Entkommenlassen von Bozorgian in die Botschaft. Die gesamte Geschichte: iranische Interventionen – 16 insgesamt! – bei den österreichischen Behörden, und, und, und; fünf politische Weisungen in der Causa, ich kenne Ihre; ich weiß, daß diese – davon gehe ich aus – zunächst positiv gemeint war. Aber trotzdem: Vier politische Weisungen, die übrigbleiben und die aufgeklärt gehören.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt eine Serie offener Fragen und Bereiche, die aufzuklären sind. Und das kann nur in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuß geschehen, weil wir nur dort die Möglichkeit haben, nicht nur Akten vorlegen zu lassen, sondern vor allem Zeugen unter Wahrheitspflicht zu befragen und Gegenüberstellungen durchzuführen. Das ist ja der entscheidende Punkt.

Herr Außenminister Schüssel! Ich hätte mir von Ihnen erwartet, daß Sie sagen: Gut, so war die Situation 1989, wir stehen dazu. Heute klären wir das aber auf, und wir legen die Motive für dieses politische Entkommenlassen vor.


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