Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 23

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möglicherweise davor steht, ihre Versprechen einlösen zu müssen. (Abg. Scheibner: Was sind "billige Stimmen"? – Abg. Dr. Riess-Passer: Darauf können Sie sich verlassen!)

Es ist mir aufgefallen, dass Herr Haider heute im "Morgenjournal" eine bezeichnende Äußerung gemacht hat. Gefragt, wie denn nun die Haltung der Freiheitlichen zur EU sei, hat Herr Haider gesagt: Na ja, das kann man einmal als Risiko sehen – und das war damals so –, und das andere Mal kann man es als Chance sehen. Jetzt sehen wir Freiheitlichen es als Chance. (Abg. Scheibner: Das haben Sie schon wieder nicht verstanden!) Nein, Herr Scheibner, das verstehe ich nicht (Abg. Scheibner: Das glaube ich! Dass Sie das nicht verstehen, ist mir eh klar!), und ich fürchte, viele Menschen werden das nicht verstehen. Viele Menschen werden es nicht verstehen, wenn Sie jetzt mit Ihrem Regierungsprogramm – ich habe es leider nur in einer schlecht kopierten Version – genau das exekutieren werden, was ÖVP und SPÖ zuvor mit ihrem unsäglichen Belastungspaket ausgehandelt haben.

Herr Scheibner, auch wenn Sie das Pensionsantrittsalter nicht erhöhen, wie das die ÖVP gerne haben möchte (Abg. Scheibner: Der Herr Edlinger will das haben!)  – Sie haben ja schon geschrieben, was an Stelle dessen kommen wird. (Abg. Scheibner: Sie wollten doch eine Minderheitsregierung unterstützen!) An Stelle der Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters kommen höhere Abschläge bei Frühpensionen, kommt die Einführung eines Bonus-Malus-Systems (Abg. Dr. Riess-Passer: Entweder – oder!), die Verlängerung der erforderlichen Versicherungszeiten. Ja, was heißt denn das, Herr Scheibner? Das heißt Belastung genau für jene, die diese Belastungen nicht mehr aushalten. (Beifall bei den Grünen.)

Ich erzähle Ihnen eine Geschichte. (Abg. Scheibner: Sie sind ja ein Märchenonkel, wenn Sie Geschichten erzählen!) Ich kenne einen Mann, der 45 Jahre lang gearbeitet hat. Da sind auch einige Kriegsjahre dabei, insgesamt sind es 45. Dann ist er mit 60 in Pension gegangen. Es war kein Tag zu früh für ihn, er war froh, dass er in Pension gehen konnte. (Abg. Scheibner: Sie haben es schon wieder nicht verstanden!) Seine Pension hat 12 000 S betragen. Als er dann gestorben ist, hat seine Frau eine Witwenpension erhalten. Sie können es nachrechnen, 60 Prozent von diesen 12 000 S brutto, das ist nicht einmal der Ausgleichszulagenrichtsatz. (Abg. Scheibner: Was wollen Sie jetzt erklären?) Das ist die Situation, in der sich viele Menschen in diesem Land befinden.

Wissen Sie, was der Ausgleichszulagenrichtsatz bedeutet? Ungefähr 7 500 S netto. (Abg. Scheibner: Sie haben es ja schon wieder nicht verstanden!) Das ist natürlich auch an die Adresse der Noch-Regierungsparteien gerichtet. Sie, SPÖ und ÖVP, sind verantwortlich dafür, dass es vielen Menschen mit ihren 45 Versicherungsjahren nicht sehr gut geht in diesem Land, dass sie tatsächlich Probleme haben, über die Runden zu kommen. Oder glauben Sie wirklich, dass man mit 7 500 S als einzelne Person, als Pensionist oder Pensionistin gut leben kann? Glauben Sie das wirklich? Vertreten Sie wirklich die Meinung, dass das ein gutes Pensionssystem ist, wenn man 7 500 S erhält – als Gnade, als Ausgleichszulagenrichtsatz? Ist das wirklich Ihre Ansicht?

Nein, meine Damen und Herren, wir haben kein gutes Pensionssystem, nicht für jene, die es eigentlich brauchen würden, ob das jetzt die 7 500 S oder die 9 000 S sind, die ein Arbeiter, Herr Nürnberger, durchschnittlich an Pension erhält. Ist das gut? Ist das wirklich gut? Ist das etwas, worauf man nach 50 Jahren Sozialdemokratie stolz sein kann? Das ist ja mit ein Grund, warum die Sozialdemokratie sich in einer derart erbärmlichen Situation befindet! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Machen wir uns nichts vor: Von einer ÖVP-FPÖ-Koalition wird mit Sicherheit nichts Besseres zu erwarten sein als von dem Pakt, den SPÖ und ÖVP geschlossen haben. Gehen Sie doch dieses Papier (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe)  – Herr Khol, Sie kennen es ja – durch! Sie unterscheiden sich ja inhaltlich kaum von dem, was in diesem FPÖ-Papier enthalten ist. Was findet sich in diesem Papier? – Schöne Entlastungsoffensiven für die großen Unternehmen in diesem Land (Abg. Dr. Riess-Passer: Das schafft Arbeitsplätze, Herr Kollege!), Hunderte Milliarden Schilling sollen getreu den Konzepten der Freiheitlichen und der ÖVP hier eingespart werden. Aber die Entlastungen für die kleinen Gewerbetreibenden, für


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