Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 48

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Meine Damen und Herren! Was hier in Vorperioden passiert ist, hat selbstverständlich enorme Auswirkungen auf die aktuelle Budgetsituation. Das kann niemand leugnen, und dem Herrn Bundesminister muss man den Vorwurf machen, dass er die Alarmglocken, die oft geschrillt haben, die oft geläutet haben, schlichtweg ignoriert hat. Den Vorwurf, Herr Bundesminister, kann Ihnen leider niemand ersparen! Denn Sie sind ein Verschleierer. Sie sind immer hergegangen und haben gesagt: Nicht so schlimm, nur keine Wellen schlagen – auf gut österreichisch –, nur keine Aufregung, alles im Griff, alles unter Kontrolle! Sie haben versucht, das mit stoischer Ruhe auszustrahlen. Nur ist es Ihnen nicht gelungen. Denn das, was Sie jahrelang praktiziert haben, nämlich eine äußerst schlampige Budgetpolitik, kracht jetzt zusammen wie ein Kartenhaus.

Herr Bundesminister! Wenn Sie sagen – wie Sie es noch vor Monaten getan haben –, dass es kein Budgetloch gibt, weil es gar kein Budget gibt, dann frage ich Sie: Was ist das für eine Budgetpolitik, die dazu führt, dass beim geringsten Anlass – nämlich wenn es zwei oder drei Monate lang keine Regierung gibt – das ganze Budgetdefizit irrsinnig auszuufern droht und eine Katastrophe entsteht?

Ich denke daher, Herr Bundesminister, dass Sie ein enormes Glaubwürdigkeitsproblem haben. Dieses Glaubwürdigkeitsproblem manifestiert sich nicht nur im Budget und in den Auswirkungen des Budgets auf die aktuelle Situation, sondern ganz allgemein. Ich darf Ihnen hier nur ein Beispiel unter die Nase halten. Heute ist aktuell in den Tageszeitungen, im "Standard", nachzulesen: "Ausweispflicht beim Juwelier." Darin ist die Frage der Anonymität angesprochen.

Ich weiß schon, dass das mit dem Budget 1998 nicht direkt in Zusammenhang steht. Aber Sie waren auch einer, der immer gesagt hat: Die Anonymität hält! Kein Grund, in Panik zu verfallen, kein Grund, das Bankwesengesetz zu verschärfen, kein Grund, die Banken stärker in die Verschwiegenheitspflicht zu nehmen! und so weiter. Sie haben beharrlich und jahrelang unseren Antrag im Finanzausschuss abgelehnt. Sie haben keine Notwendigkeit gesehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Sie haben so getan, als sei alles, was hier an freiheitlichen Argumenten vorgebracht wird, Käse. Jetzt aber kommt die bittere Wahrheit.

Ich nenne dieses Beispiel deshalb, weil es ein gutes Lehrbeispiel ist, um zu demonstrieren, wie wenig ernst Sie konstruktive Kritik immer genommen haben. Diese Vorwürfe können wir Ihnen einfach nicht ersparen.

Ich möchte noch kurz darauf zurückkommen, was im Ausschuss diskutiert wurde. Wissen Sie, Herr Bundesminister, ich habe meine Zweifel darüber, ob die jetzt auf den Tisch gelegten Zahlen über ein Budgetloch von 63 oder 65 Milliarden Schilling – hochgerechnet für das Jahr 2003 – der Weisheit letzter Schluss sind. Ich habe meine Zweifel, denn wenn ich mir die Aussagen der Experten vor Augen führe, die im Ausschuss anwesend waren – Herr Professor Lehner, Herr Dr. Walterskirchen –, sehe ich, dass sie in ihren Erklärungen dieses Budgetlochs sehr uneinig waren.

Dort habe ich mir erlaubt, die Frage zu stellen, was mit den steigenden Zinsen ist, mit denen wir zu rechnen haben. Sie alle wissen – das haben Sie auch zugegeben –, dass wir in Europa soeben die Zinswende erlebt haben. Es ist mit steigenden Zinsen zu rechnen, und das wird bei einer enormen Staatsschuld von 1 600 oder 1 700 Milliarden Schilling selbstverständlich auch das Budget ordentlich treffen. Die Aussagen lauteten daraufhin so, dass der eine sagte, die zusätzlichen Zinsen von 6 oder 7 Milliarden Schilling sind in diesen Zahlen impliziert, andere wiederum sagten, das ist eigentlich nicht ganz enthalten und nicht so klar. Es gibt hier also weitere Unsicherheiten.

Daher, Herr Bundesminister: Ich denke, es ist jetzt höchste Zeit, eine glasklare Budgetpolitik zu vollziehen, einen glasklaren Kassasturz zu machen und nicht länger Ausflüchte zu gebrauchen.

Meine Damen und Herren! Die Republik Österreich braucht jetzt kein Lamento der SPÖ, die Republik braucht keine gegenseitigen Schuldzuweisungen, sie braucht kein weiteres Taktieren mehr. Mit anderen Worten: Österreich braucht keine Fortsetzung des bisherigen Kurses! Das Einzige, was Österreich jetzt braucht, ist eine andere Fiskalpolitik, eine Sanierungsgemeinschaft, ein Budget, das nicht länger auf unrealistischen Annahmen und Budgetunwahrheiten


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