Parlamentskorrespondenz Nr. 882 vom 20.10.2009

Stockholm-Programm der EU: Abgeordnete äußern Bedenken

Umfangreiche Ausschussfeststellung im EU-Unterausschuss

Wien (PK) – Neben dem EU-Ausschuss des Bundesrats (PK-Meldung Nr. 881/2009) diskutierte heute auch der EU-Unterausschuss des Nationalrats die Mitteilung der EU-Kommission über das so genannte "Stockholm-Programm" und nahm damit seine am 17. September 2009 unterbrochenen Verhandlungen wieder auf (siehe PK-Meldung Nr. 758/2009). Mit den Stimmen der beiden Koalitionsparteien wurde eine von SPÖ und ÖVP eingebrachte umfassende Ausschussfeststellung verabschiedet. Die Anträge der Opposition fanden nicht die erforderliche Mehrheit.

Diesmal nahmen Innenministerin Maria Theresia Fekter und Sozialminister Rudolf Hundstorfer zu dem Thema Stellung, im September war die Justizministerin den Abgeordneten zur Verfügung gestanden.

Die Mitteilung unter dem Titel "Ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Dienst der Bürger" sieht eine weitere Intensivierung der Zusammenarbeit der Justiz- und Polizeibehörden bei der Bekämpfung grenzüberschreitender Kriminalität, wie Terrorismus, Cyberkriminalität, Menschenhandel, sowie bessere Vorkehrungen bei der Einreise in die EU vor. Die EU beabsichtigt aber auch im Hinblick auf den zunehmenden Migrationsdruck weitere Harmonisierungsschritte in den Bereichen Zuwanderung und Asyl. Gleichzeitig soll die Union für die Bürgerinnen und Bürger ein gemeinsamer Raum des Grundrechtsschutzes sein. Der steigenden Mobilität Rechnung tragend, sollen weiters EU-Bürgerinnen und –Bürger für ihr Handeln in jedem Mitgliedstaat die gleichen Voraussetzungen finden, sodass sie auch sicher sein können, dass ein Grenzübertritt zu keinen Verschlechterung bei Verfahren für die jeweiligen Personen führt.

Die Mitteilung der Kommission stellt lediglich die Diskussionsgrundlage für das "Stockholm-Programm" dar, das von der schwedischen Präsidentschaft ausgearbeitet wurde, und seit heute vorliegt. Es soll noch im Dezember dieses Jahres beschlossen werden.

Sowohl Ministerin Fekter als auch Minister Hundstorfer äußerten Bedenken gegen einige konkrete Vorhaben, wenngleich sie die Zielsetzungen der Kommission, Europa als Garant der Grundrechte und Grundfreiheiten zu festigen, begrüßten. Vor allem befürchteten die beiden Regierungsmitglieder negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und einen Eingriff in nationale Kompetenzen. Darüber hinaus bewerteten sie einige Punkte aus datenschutzrechtlicher Sicht mit Skepsis.

Auch die Abgeordneten nahmen dazu differenziert Stellung. Während FPÖ und BZÖ eine noch deutlichere Ablehnung einiger Harmonisierungsvorhaben in Fragen des Asylwesens und der Migration durch die Bundesregierung verlangten und dies in ihren Anträgen auf Ausschussfeststellung formulierten, sprachen sich die Grünen für eine stärkere Vereinheitlichung auf diesem Gebiet aus.

Ausschussfeststellung zum Stockholm-Programm

In der von den Koalitionsparteien beschlossenen Ausschussfeststellung wird das Bemühen der Kommission im Kampf gegen Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und Homophobie positiv bewertet. Ebenso fanden die Überlegungen der Kommission, Europa als Raum des Rechts und der justiziellen Zusammenarbeit zu stärken, Unterstützung. Insbesondere sahen die Abgeordneten von SPÖ und ÖVP das Ziel, den Bürgerinnen und Bürgern den Zugang zum Recht in allen Mitgliedstaaten zu erleichtern, als einen wichtigen Schritt zu mehr Bürgernähe. Grundvoraussetzung dafür seien aber gemeinsame Mindeststandards und die Wahrung des Subsidiaritätsprinzips, heißt es in dem Antrag.

Des weiteren stimmten die Abgeordneten der Koalitionsparteien der Kommission zu, wonach der Kampf gegen Menschenhandel, sexuelle Ausbeutung von Kindern und Kinderpornographie, Cyberkriminalität, Wirtschaftskriminalität und Drogenhandel Priorität hat. Zusätzlich wurde das Anliegen der Innenministerin, dem wachsenden Problem der grenzüberschreitenden Massenkriminalität in Form von Eigentumsdelikten im gleichen Maß Augenmerk zu schenken, in die Ausschussfeststellung aufgenommen. Im Zusammenhang mit der Notwendigkeit eines besseren Datenaustauschs wird in der Ausschussfeststellung angeregt, die im Rahmen des Prümer Vertrags eingeführten Datenaustauschprogramme zu evaluieren und erforderlichenfalls Überlegungen in Richtung eines Gesamtkonzepts für den Datenschutz im grenzüberschreitenden Datenverkehr zur Verbrechensbekämpfung und Strafverfolgung vorzunehmen.

In Bezug auf die Auswirkungen des Entwurfs für das Stockholm-Programm auf den Arbeitsmarkt wird festgehalten, dass Einwanderung und Bedürfnisse des Arbeitsmarkts enger miteinander verknüpft werden und auch die langfristigen Auswirkungen von Migration auf den Arbeitsmarkt und die soziale Lage der MigrantInnen stärker beachtet werden müssen. Es sei wichtig, den Konnex von Integration und Immigration mitzubedenken. Die Abgeordneten sprechen sich dabei für eine verantwortungsvolle Arbeitsmigrationspolitik aus. Das Konzept der Kommission zur zirkulären Migration, das heißt zu einer befristeten Zulassung für einige Jahre mit obligatorischer Rückkehr und ohne Integration, wird strikt abgelehnt. Jedenfalls dürfe es zu keiner Erweiterung der Zulassungsmöglichkeiten von Drittstaatsangehörigen zum Arbeitsmarkt durch die EU geben, bekräftigen die AntragstellerInnen. Einen Eingriff in nationale Kompetenzen sehen die Abgeordneten auch in den Überlegungen der Kommission, einen einheitlichen Rechtsstatus für legale Einwanderer zu schaffen, der vergleichbar mit jenem der EU-BürgerInnen ist.

Fekter: Integration hat Vorrang vor Neuzuzug

Bundesministerin Maria Theresia Fekter erläuterte nochmals kurz die Punkte des von der schwedischen Ratspräsidentschaft ausgearbeiteten Programms und wies darauf hin, dass die InnenministerInnen noch diese Woche zusammentreffen würden.

Integration hat Vorrang vor Neuzuzug, sagte sie und äußerte sich reserviert gegenüber dem Vorhaben des schwedischen Vorsitzes, der gesteuerten Zuwanderung in Zusammenarbeit mit dem UNHCR Priorität einzuräumen. Sie sprach sich für Resettlement-Programme auf freiwilliger Basis aus und meinte, bevor man Neuerungen einführt sollte man zunächst die Mechanismen bereits implementierter Maßnahmen überprüfen. Fekter befürwortete im Hinblick auf illegale Migration eine Westafrika- und Mittelmeerstrategie zu entwickeln, auch vor dem Hintergrund der humanitären Katastrophen in diesen Regionen. Sie fügte jedoch hinzu, dass Österreich einen Schwerpunkt auch an der Ostgrenze der EU setzen möchte. Auch werde sie die geplante Stärkung von FRONTEX unterstützen, bemerkte sie, um das "Border-Management" zu verbessern.

Dezidiert abgelehnt würde seitens der Ministerin der Plan gemeinsamer Asylbescheinigungen. Dies würde dem Subsidiaritätsprinzip widersprechen, betonte sie, weshalb auch die Mehrheit der Mitgliedstaaten dagegen seien. Anders würde die Frage von den Mittelmeerländern gesehen, die das Dublin-Abkommen außer Kraft setzen wollen. Einem solchen Ansinnen werde Österreich nicht zustimmen, bekräftigte Fekter. Skepsis bringe man auch den so genannten Mobilitätspartnerschaften entgegen, denn man dürfe keine Einbahnstraße für die Zuwanderung nach Europa eröffnen. 

Fekter zeigte sich zufrieden darüber, dass es Österreich gelungen ist, den Kampf gegen die grenzüberschreitende Massenkriminalität im Bereich der Eigentumsdelikte als einen weiteren Schwerpunkt im Programmentwurf zu verankern. 

Hundstorfer: Arbeitsmarkt muss nationale Kompetenz bleiben

Bundesminister Rudolf Hundstorfer thematisierte die sensible Frage des Zusammenhangs zwischen Migration und Arbeitsmarkt und bezeichnete die effiziente Steuerung der Migrationsströme als eine der größten Herausforderungen. Man müsse bedenken, dass die meisten MigrantInnen im Rahmen prekärer Arbeitsverhältnisse tätig sind, darüber hinaus sei darauf zu achten, dass es durch einen ungeregelten Zuzug auf den Arbeitsmarkt nicht zu einem Sozialdumping komme. Darüber hinaus habe die Finanz- und Wirtschaftskrise das ihre zum Abbau von Arbeitsplätzen beigetragen. Das alles sei im Rahmen der Gesamtthematik von Asyl und Migration zu berücksichtigen, stellte Hundstorfer fest und wies gleichzeitig darauf hin, dass Arbeit einen wichtigen Aspekt in Bezug auf Integration darstelle.

Die Ablehnung der zirkulären Migration durch die Abgeordneten wurde auch von ihm geteilt. Die Erfahrungen hätten gezeigt, dass eine freiwillige Rückkehr trotz zeitlicher Befristung nicht realisierbar ist. Eine Beschneidung nationaler Kompetenzen in Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt wurde daher von ihm auch mit aller Deutlichkeit abgelehnt.

SPÖ: Balance zwischen Schutz der Bürger und Wahrung der Grundrechte

Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger und die Gewährleistung der Grundrechte seien die Messlatte für die Beurteilung des Stockholmer Programms, sagte Abgeordnete Christine Muttonen (S). Der Datenaustausch müsse in Relation zur Zweckmäßigkeit stehen, bemerkte sie, und der Datenschutz dürfe nicht ausgehöhlt werden. Ein besonderes Anliegen war ihr der Kampf gegen den Menschenhandel, wobei es ihrer Ansicht nach auch um Aufklärung und Sensibilisierung der Bevölkerung geht.

Ihr Klubkollege Johann Maier ging dann näher auf die einzelnen Punkte der von SPÖ und ÖVP vorgelegten Ausschussfeststellung ein und unterstrich insbesondere die Notwendigkeit des ausreichenden Datenschutzes, vor allem im Hinblick auf die Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Datenschutz in der Dritten Säule. Kritisch äußerte er sich auch zum Vorhaben einer europäischen Beweisanordnung. Dies sei nur vorstellbar, wenn gleichzeitig ein hohes Rechtsschutzniveau und ein effektiver Zugang zu nationalen Rechtsschutzmechanismen gewährleistet ist, monierte er. Im Zusammenhang mit dem europäischen Haftbefehl müssten auch angemessene strafrechtliche Entschädigungsregelungen geschaffen werden, forderte Maier unter Hinweis auf die entsprechenden Passagen in der Ausschussfeststellung.

Die Abgeordneten Renate Csörgits und Wilhelm Haberzettl (beide S) konzentrierten sich auf die Schnittstelle Sozialstaat, Arbeitsmarkt und Migrationspolitik. Csörgits begrüßte die von Minister Hundstorfer geforderte Einbindung der Sozialpartner und lehnte einheitliche europäische Regelungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt ab. Man müsse alles unternehmen, um Sozialdumping zu verhindern, unterstrich sie. Ähnlich äußerte sich Abgeordneter Haberzettl, der darauf hinwies, dass die Mitgliedstaaten unterschiedliche Qualifikationen ausländischer Arbeitskräfte benötigten.

ÖVP: Die EU muss den Menschen Sicherheit bieten

Die Bedeutung des Sicherheitsaspekts wurde von Abgeordnetem Norbert Kapeller (V) hervorgehoben. Um in den Herzen der Menschen anzukommen, müsse die EU Sicherheit gewährleisten, meinte er, und dazu sei das Stockholm-Programm durchaus geeignet. Er befürwortete daher auch europäische Standards im Asylwesen und die Stärkung von FRONTEX. Den Grünen warf er vor, Europa für einen ungehinderten Zuzug von MigrantInnen öffnen zu wollen. Mit einem übertriebenen Datenschutz könne man auch die Arbeit der Polizei unmöglich machen, fügte er hinzu.

Die ehemalige Außenministerin Ursula Plassnik (V) thematisierte die Außendimension der Inneren Sicherheit und regte eine engere, vielleicht auch institutionelle Zusammenarbeit der Innen- und AußenministerInnen an. Gemeinsame Fragen betreffen zum Beispiel das Grenzmanagement, wobei dies für Österreich im Balkanraum wesentlich ist, oder auch die neue Form der Zusammenarbeit zwischen EUROPOL und UNO. Eine engere Vernetzung und stärkere Einbindung von Frauen wäre hier sehr sinnvoll, meinte sie. Plassnik schlug auch vor, die Thematik des gemeinsamen Katastrophenschutzes wieder stärker aufzugreifen.

FPÖ: Man muss sich dem Thema realistisch stellen

Abgeordneter Johannes Hübner (F) vermisste klare Aussagen der beiden Koalitionsparteien in der Ausschussfeststellung. Man müsse sich den Fragen realistisch stellen, sagte er und stellte fest, Zuwanderung bedeute Senkung des Lebensstandards sowie sinkende Standards an Schulen und Krankenhäusern. Man müsse sich fragen, ob wir im Kern unsere Identität erhalten wollen oder nicht, so Hübner. Er vermutete darüber hinaus, dass die Kommission unter dem Deckmantel "Kampf gegen Diskriminierung" Grundfreiheiten einschränken möchte, indem sie vorhabe, Meinungsäußerungen, die nicht dem Konsens entsprechen, strafrechtlich zu verfolgen. Er hegte auch Zweifel an der Zweckmäßigkeit, der gegenseitigen Anerkennung von Vollstreckung und gerichtlichen Entscheidungen, da die Rechtssysteme große Unterschiede vorweisen.

In diesem Sinne brachte er auch einen Antrag auf Ausschussfeststellung ein, indem den Plänen der Kommission in Bereich des Asyl- und des Fremdenwesens eine Absage erteilt wird. Die FPÖ begrüßt jedoch die Überlegungen in Richtung Erleichterung des Zugangs zum Recht in allen Mitgliedstaaten sowie eine verstärkte Zusammenarbeit in der Kriminalitätsbekämpfung.

BZÖ: Political Correctness nicht zum normativen Maßstab machen

Auch Abgeordneter Ewald Stadler (B) hielt den Antrag der Koalition in den zentralen Punkten für verschwommen. Es könne nicht sein, so Stadler, dass "political correctness" zum normativen Maßstab gemacht wird. Ebenso hinterfragte er den Begriff "dynamische Einwanderungspolitik" und meinte, hier würde jede Schleuse aufgemacht. Auch die Aussagen zu den Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt waren für Stadler nicht deutlich genug. Scharfe Kritik übte er auch am geplanten Einwanderungskodex, der bis 2014 umgesetzt werden soll.

In der von ihm vorgelegten Ausschussfeststellung wendet sich das BZÖ demgemäß gegen den Überbegriff "dynamische Einwanderungspolitik", gegen die Forderung nach Förderung der legalen Einwanderung, gegen den Einwanderungskodex, gegen die Schaffung eines EU-Rahmens in Form einer flexiblen Aufnahmeregelung und gegen die Errichtung einer neuen Beobachtungsstelle zur besseren Analyse und zum besseren Verstehen der Migrationsphänomene.

Abgeordneter Stadler griff auch das Thema des geplanten Betrugsbekämpfungsabkommens auf, das im ECOFIN verhandelt wird. Das BZÖ befürchtete, dass die vorgeschlagenen Formulierungen geeignet sind, das österreichische Bankgeheimnis zu gefährden. Dem wurde von Abgeordnetem Norbert Kapeller (V) widersprochen. Der diesbezügliche Antrag auf Ausschussfeststellung wurde ebenfalls abgelehnt.

Grüne für Bleiberechtsmodell

Völlig anders als die Anträge von FPÖ und BZÖ liest sich der Antrag der Grünen auf Ausschussfeststellung. Darin üben sie Kritik an FRONTEX und verlangen, die Einreise in die EU zu ermöglichen und die Anträge auf internationalen Schutz zu überprüfen. Sie fordern weiters die Entwicklung eines Bleiberechtsmodells, eine solidarische Teilung der Verantwortlichkeiten innerhalb der EU und verbindliche Wiederansiedlungsprogramme für Flüchtlinge. Wer sich legal in der EU aufhält, soll laut Antrag der Grünen auch das Recht haben, sich durch Erwerbstätigkeit selbst erhalten zu können.

Abgeordnete Alev Korun (G) zeigte kein Verständnis dafür, dass sich die Koalition im Bereich des Asyls gegen einheitliche Standards ausspricht. Die Stellungnahme der Bundesregierung sei von einem Abwehrgeist gegen solidarische Zusammenarbeit in der EU geprägt, so ihr Vorwurf. Zu meinen, den Zugang zum Arbeitsmarkt könne man nationalstaatlich regeln, sei eine Realitätsverweigerung, man bedenke nur den Familienzuzug und auch die Rahmenbedingungen für jene Personen, die sich längere Zeit legal aufhalten, bemerkte Korun. Einig mit der Regierung war sie sich in der Ablehnung der zirkulären Migration.

Auch Abgeordneter Alexander Van der Bellen (G) wies darauf hin, dass man bereits heute einen flexiblen Zugang zum Arbeitsmarkt habe. Er nannte in diesem Zusammenhang die Regelungen für ForscherInnen und WissenschafterInnen und erwähnte auch die zahlreichen ausländischen PflegerInnen und BetreuerInnen in den Krankenanstalten.

Fekter und Hundstorfer: Geordnete Migration notwendig

In seiner Reaktion auf die vorangegangene Diskussion betonte Sozialminister Rudolf Hundstorfer, man brauche die geordnete Migration zur Aufrechterhaltung des Systems. In den österreichischen Spitälern arbeiteten beispielsweise MitarbeiterInnen aus 65 Nationen. Den Bedenken, Migration würde zum Sozialdumping führen, hielt er entgegen, dass Österreich dagegen wirkungsvolle Schritte gesetzt habe. Mit Parolen wie "Österreich werde überschwemmt", könne man vielleicht kurzfristig erfolgreich sein, er halte aber eine solche Politik für fahrlässig.

Bundesministerin Maria Theresia Fekter stellte insbesondere gegenüber Abgeordneter Korun klar, man habe einheitliche Standards abgelehnt, weil das Niveau der Standards in nationale Kompetenzen eingegriffen hätte. Es könne nicht sein, dass AsylwerberInnen sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt haben sowie ein Recht auf Sozialhilfestandards. Das wäre eine Einladung für jede Schlepperorganisation, meinte Fekter und bemerkte, dass die Grundversorgung für AsylwerberInnen in Österreich sehr großzügig geregelt sei. Sie wandte sich auch gegen jene Vorschläge, wonach man sich sein Asylland aussuchen kann. Das würde zu einem Asylshopping führen, befürchtete sie.

Im Gegensatz zu den Grünen bewertete sie die Arbeit von FRONTEX positiv. Die Risikoanalysen stellten eine wertvolle Information für die Mitgliedsländer dar, insbesondere im Hinblick auf gemeinsame Operationen und ein einheitliches Niveau der Grenzüberwachung. Durch die mit anderen Staaten gemeinsam organisierten Charterflüge habe man eine hohe Effizienz für die Rückführung von Personen erreicht. Fekter sprach sich dafür aus, die Kompetenzen von FRONTEX auszuweiten und der Behörde ein Recht für operative Tätigkeiten zu einzuräumen. So sollte FRONTEX selbst mit Herkunftsländern Kontakt aufnehmen oder von sich selbst aus Probleme in Angriff nehmen können.

EUROPOL wolle man durch eine verbesserte gemeinsame Ausbildung stärken, betonte die Innenministerin und bekräftigte die Notwendigkeit hoher datenschutzrechtlicher Standards sowie die Evaluierung der bisherigen Datenschutzstrategie.

Skepsis äußerte sie am Vorschlag der schwedischen Ratspräsidentschaft bei der Visaerteilung nur mehr eine reine Individualprüfung vorzunehmen. Bisher sei dieser eine allgemeine Risikovermutung, das heißt eine grundsätzliche Beurteilung aufgrund des Herkunftslandes, vorausgegangen. Bevor man ein neues System installiere, solle man Fekter zufolge das alte evaluieren und eine Kosten-Nutzen-Analyse vornehmen.

Fekter griff auch gerne die Anregung von Abgeordneter Plassnik nach engerer Zusammenarbeit von Innen- und AußenministerInnen auf und unterstrich, wie wichtig der außen- und sicherheitspolitische Schwerpunkt ist, den Österreich am Balkan setzt. (Schluss)