Parlamentskorrespondenz Nr. 400 vom 13.04.2023

EU-Ausschuss des Bundesrats berät bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen nationalen Verwaltungen

Weitere Themen: Recht auf Reparatur und EU-Rückkehrpolitik

Wien (PK) – Ein Vorschlag der Europäischen Kommission für eine bessere grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen nationalen Verwaltungen beim Datenaustausch und IT-Lösungen zwischen ihren Netz- und Informationssystemen stand heute auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses des Bundesrats. In einer einhellig beschlossenen Mitteilung an Brüssel schlossen sich die Bundesrät:innen den Kritikpunkten zweier Stellungnahmen der Bundesländer und des oberösterreichischen Landtages an. In der Mitteilung äußerten sie Bedenken hinsichtlich der von der Europäischen Kommission gewählten Rechtsgrundlage und betonten, dass die Union lediglich zur Regelung technischer Vorgaben, nicht aber zur Steuerung der mitgliedstaatlichen Verwaltungen ermächtigt sei.

Auf der Tagesordnung stand außerdem ein aktueller Vorschlag der Kommission für ein Recht auf Reparatur für nachhaltigeren Konsum. Ein im Zuge der Debatte über ein Strategiepapier zu Rückführungen von Flüchtlingen von der FPÖ eingebrachter Antrag auf Stellungnahme fand keine Zustimmung bei den anderen Fraktionen. Darin forderten die Freiheitlichen, dass mehr Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten abgeschlossen werden sollen.

Verbesserte Verwaltungszusammenarbeit in der EU

Digitalisierung soll grenzüberschreitende Behördenwege in der EU vereinfachen. Das ist das Ziel eines Verordnungsvorschlags, der laut EU-Kommission von den Mitgliedstaaten selbst eingefordert worden ist. Für die ungehinderte Erbringung nahtloser öffentlicher Dienste zwischen und innerhalb der Mitgliedstaaten sowie in Verbindung mit EU-Organen brauche es daher nicht nur entsprechend adaptierte rechtliche Rahmenbedingungen in den Nationalstaaten, so die Kommission. Die Zusammenarbeit von Netz- und Informationssystemen der Verwaltungen in der Union sei auch technisch und semantisch so zu gestalten, dass der Datenaustausch über Ländergrenzen, Sektoren und Organisationsgrenzen hinweg funktioniert. Das spare Bürger:innen und Unternehmen Zeit und Geld.

Die Wahrung der Verhältnismäßigkeit sei dem Ressort ein wesentliches Anliegen, meinte ein Vertreter des Finanzministeriums im Ausschuss und sah Verbesserungsbedarf in vielen Bereichen des Vorschlags. Ein erster Kompromissvorschlag sei bereits vorgelegt worden, weitere Verbesserungen seien aber aus Sicht Österreichs notwendig. Mittlerweile liege auch eine Stellungnahme des Europäischen Datenschutzbeauftragten vor, die mehrere Kritikpunkte aufliste, beantwortete der Experte eine Frage von Marco Schreuder (Grüne/W). Österreich sei im europäischen Vergleich in der Interoperabilität der innerstaatlichen Verwaltung weit fortgeschritten, meinte der Experte in Richtung von Barbara Tausch (ÖVP/OÖ).

In einer von ÖVP und Grünen eingebrachten Mitteilung an Brüssel, die einstimmig angenommen wurde, schloss sich der Ausschuss vielen Kritikpunkten einer einheitlichen Stellungnahme der Bundesländer sowie einer Stellungnahme des Oberösterreichischen Landtags an. In der Mitteilung äußerten die Bundesräte Bedenken hinsichtlich der von der Europäischen Kommission gewählten Rechtsgrundlage für die im Vorschlag vorgesehenen Eingriffe in die mitgliedstaatlichen Verwaltungen. Zudem wird betont, dass die Union zur Regelung technischer Vorgaben, aber nicht zur Steuerung der nationalen Verwaltungen ermächtigt sei.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit sei grundsätzlich zu begrüßen, meinte Barbara Tausch (ÖVP/OÖ). Die Kritikpunkte der Stellungnahme des Oberösterreichischen Landtags unterstrich Ferdinand Tiefnig (ÖVP/OÖ) in seinem Statement.

Die Interoperabilität der Verwaltungssysteme befürwortete Stefan Schennach (SPÖ/W) grundsätzlich, appellierte aber, auf eine Verhältnismäßigkeit bei der Umsetzung zu achten. Zudem signalisierte er auch Zustimmung seiner Fraktion zu der Mitteilung, wenngleich er sich eine stärkere Formulierung gewünscht hätte.

Unterstützung für die Mitteilung äußerte auch Johannes Hübner (FPÖ/W). Für ihn sei sie jedoch "zu zart" formuliert und gehe nicht weit genug. In dem Kommissionsvorschlag gehe es nicht um grenzüberschreitende Zusammenarbeit, sondern um eine Zentralisierung und damit um eine "Entdemokratisierung", kritisierte er.

Recht auf Reparatur für nachhaltigeren Konsum

Der Wegwerfgesellschaft sagt die Europäische Kommission im Sinne ihres "Green Deal" den Kampf an. Zur Steigerung des nachhaltigen Verbrauchs in der Europäischen Union will die EU-Kommission ein "Recht auf Reparatur" einführen. Dafür sieht der Richtlinienvorschlag eine Verpflichtung für die Hersteller:innen vor, Mängel außerhalb der Haftung der Verkäufer:innen auf Wunsch der Verbraucher:innen gegen Entgelt zu beheben. Diese Verpflichtung wird auf Produktgruppen beschränkt, die unter die Anforderungen an die Reparierbarkeit des Ökodesign-Rahmens fallen, wie Waschmaschinen, Geschirrspüler, Kühlgeräte oder Staubsauger. Zudem sollen Hersteller:innen die Verbraucher:innen über eigenhändig zu reparierende Produkte unterrichten müssen. Der Vorschlag sieht außerdem vor, dass Verkäufer:innen im Rahmen der gesetzlichen Garantie die Waren in jedem Fall reparieren müssen, sofern der Ersatz nicht günstiger ist.

Generell zielt der Kommissionsvorschlag auf erhöhte Transparenz im Informationsaustausch über Reparaturmöglichkeiten von Waren ab, nicht nur über eine geplante "Matchmaking-Reparaturplattform" im Internet, sondern auch durch ein europäisches Formular für Reparaturinformationen. Dieses sollte als Informationsquelle zu Reparatur und Preis von Waren in jedem Reparaturbetrieb der EU erhältlich bzw. über die Online-Reparaturplattform abrufbar sein. Zur Stärkung des gesellschaftlichen Vertrauens in Reparatur-Dienstleistungen strebt die Kommission einen freiwilligen europäischen Qualitätsstandard für Betriebe an.

Die Ziele des Vorschlags befürworte das Ressort, aktuell werde aufgrund der Aktualität des Vorschlags noch an einer inhaltlichen Positionierung in Zusammenarbeit mit Stakeholder:innen gearbeitet, meinte eine Expertin des Justizministeriums.

Eine Vertreterin der Arbeiterkammer begrüßte den Vorstoß der Kommission, da es regelmäßig Beschwerden von Verbraucher:innen gebe, deren Produkte nicht mehr repariert werden können. Wie schon in der Vergangenheit gefordert wurde, sollten die Gewährleistungsfristen insbesondere bei langlebigen Produkten verlängert und eine Herstellerhaftung etabliert werden. Insgesamt sollten Konsument:innen unterstützt werden, Reparaturen kostengünstig durchführen zu lassen.

Eine Vertreterin der Wirtschaftskammer berichtete, dass derzeit an einer Stellungnahme gearbeitet werde. Insgesamt sei es wichtig, mehr mit Anreizen als mit gesetzlichen Zwängen zu arbeiten, meinte sie. Die Reparaturpflicht sei ein sehr einschneidendes Instrument und müsse deswegen genau geprüft werden.

Für eine Abwägung zwischen dem Nutzen für Konsument:innen und den Folgen für die Wirtschaft, plädierte Matthias Zauner (ÖVP/NÖ).

In Zeiten wie diesen sei ein Recht auf Reparatur sehr wesentlich, meinte Stefan Schennach (SPÖ/W). Bei Reparaturarbeiten sei mehr Transparenz notwendig, begrüßte er die im Entwurf vorgesehenen Qualitätsstandards.

Die Förderung von Reparaturen sei ein wesentlicher Schritt, um weg von der Wegwerfgesellschaft zu kommen, betonte Marco Schreuder (Grüne/W). Zudem brauche es Anreize, damit Produzent:innen Produkte von Anfang an langlebig konzipieren.

Anreizsysteme und gesetzliche Regelungen seien kein "Entweder-Oder", plädierte Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) für eine Kombination dieser Maßnahmen.

Strategiepapier für EU-Rückkehrpolitik

Anfang 2023 legte die Europäische Kommission ein Strategiepapier zur Entwicklung einer operativen Strategie für eine wirksamere Rückkehr vor. Darin legt die Kommission die Kernziele sowie vier Schwerpunktbereiche der operativen Strategie dar und schlägt Maßnahmen vor. Das Hauptziel der operativen Strategie sollte die Verbesserung der Rückkehr sein, damit die Gesamtzahl der effektiven Rückführungen steigt, Rückführungen zügiger durchgeführt werden können und nachhaltig sind sowie auch im Einklang mit den europäischen Werten und Grundrechten stehen. Dafür müssen nationale Prozesse in den Mitgliedsstaaten gestrafft und optimiert, freiwillige Rückkehr und Reintegration gestärkt, Koordination innerhalb der EU effektiver gestaltet und die Daten- und Statistiklage verbessert werden.

Die Schaffung eines wirksamen und gemeinsamen EU-Rückkehrsystems sei ein zentrales Element gut funktionierender, glaubwürdiger Migrations- und Asylsysteme, wird in dem Papier angeführt. Es sollte auch eine abschreckende Wirkung haben, um die unsichere und irreguläre Migration zu verringern, die Ausbeutung von Migrant:innen zu verhindern, indem kriminellen Netzen das Handwerk gelegt wird, und sichere legale Wege zu fördern.

Hemmnisse bei Rückführungen seien die unterschiedlichen Strukturen in den Mitgliedsstaaten und unzureichende Kooperationen mit Drittstaaten, berichtete eine Vertreterin des Innenministeriums im Ausschuss. Österreich habe im Unterschied zu anderen Mitgliedsstaaten bereits straffere Verfahren, Maßnahmen zur freiwilligen Rückkehr und die Digitalisierung der Fremdenrechts-Administration umgesetzt.

Die österreichische Rückführungsstrategie habe sich nicht bewährt, meinte hingegen Johannes Hübner (FPÖ/W). Es sei unhaltbar, dass die Europäische Union nicht in der Lage sei, effiziente Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten abzuschließen. Mittels Antrag auf Stellungnahme, der mit den alleinigen Stimmen der FPÖ in der Minderheit blieb, forderte Hübner die zügige Umsetzung solcher Abkommen. Gegebenenfalls müsse die Bundesregierung der Europäischen Union das Verhandlungsmandat entziehen und selbst Rückübernahmeabkommen auf bilateraler Ebene abschließen.

Auf die Aktivitäten der Bundesregierung zur Erhöhung der Rückführungen verwies Matthias Zauner (ÖVP/NÖ) und betonte die Fortschritte in der Zusammenarbeit mit Drittstaaten. Den aktuellen Fall der Abschiebung einer "bestintegrierten" indischen Familie kritisierte Stefan Schennach (SPÖ/W) und forderte mehr Mittel für Integration. Ablehnung zu dem Vorstoß der Freiheitlichen äußerte Marco Schreuder (Grüne/W). (Schluss EU-Ausschuss) pst


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