Parlamentskorrespondenz Nr. 513 vom 10.05.2023

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert über EU-Pläne zur Einführung eines europaweit gültigen digitalen Führerscheins

Richtlinie zur Digitalisierung von Unternehmensdaten soll grenzüberschreitende Nutzung vereinfachen

Wien (PK) – Der Vorschlag der EU-Kommission zur Einführung eines unionsweit gültigen digitalen Führerscheins stand heute auf der Tagesordnung des EU-Ausschusses des Bundesrats. Geht es nach der Kommission, soll es unter anderem zu einer 15-jährigen Befristung der Lenkerberechtigung kommen. Für Senior:innen über 70 Jahre wird eine Verringerung der Gültigkeit auf fünf Jahre angedacht. Die Fraktionen waren sich darüber einig, dass es sich bei einer solchen Lösung um Altersdiskriminierung handle. Kritisch äußerte sich im Ausschuss auch der Vertreter des Verkehrsministeriums, der von einer komplexen Materie mit umfassenden Änderungen sprach. Viele Details dazu seien noch offen. Das betrifft etwa die Art und Weise der Fahrtauglichkeitsüberprüfungen.

Zudem diskutierten die Mandatar:innen einen weiteren Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission, der darauf abzielt, die Digitalisierung von Unternehmensinformationen auf EU-Ebene zu erhöhen und administrative Hindernisse in der grenzüberschreitenden Nutzung von Unternehmensdaten zu beseitigen.

Vorschlag zur Einführung eines unionsweit gültigen digitalen Führerscheins

In ihrem umfangreichen Vorschlag über eine unionsweite Führerscheinreform plant die EU-Kommission die Einführung eines EU-weit gültigen digitalen Führerscheins mit einer Gültigkeitsbegrenzung von 15 Jahren. Anstatt eines Arztgutachtens soll es zu einer medizinischen Selbsteinschätzung kommen. Für Senior:innen ab dem vollendeten 70. Lebensjahr ist eine Verringerung der Gültigkeit auf fünf Jahre angedacht. Die Frist für den verpflichtenden Umtausch von vor 2013 ausgestellten Führerscheinen soll laut den Plänen der Kommission um drei Jahre verkürzt werden, nämlich auf den 19. Jänner 2030. Weitere Vorhaben sind etwa Regelungen zur gegenseitigen Anerkennung des Entzugs der Lenkberechtigung, ein erleichterter Umtausch des Führerscheins aus einem Drittland sowie die Einführung einer Ausbildungsform des begleitenden Fahrens ab dem 17.Lebensjahr für die Klassen B und C.

Die Einführung eines unionsweiten digitalen Führerscheins wird seitens des Verkehrsministeriums kritisch gesehen. Es handle sich um eine komplexe Materie mit umfassenden Änderungen, viele Details dazu seien noch offen, betonte ein Experte des Verkehrsressorts im Ausschuss. So müsse etwa sichergestellt werden, dass niemand mit einem physischen Führerschein weiterfährt, obwohl der digitale Führerschein bereits abgenommen wurde. Weiters soll keine fixe Frist für ein Inkrafttreten gesetzt, sondern eine zeitlich flexible Lösung angestrebt werden, so die österreichische Position. Abgelehnt wird auch die Verkürzung der Umschreibeverpflichtung alter Führerscheine bis zum Jahr 2030. Der Umtausch von "Millionen von Lenkerberechtigungen" werde eine große Herausforderung für die Behörden, so der Experte.

Zur Art und Weise der Überprüfung der Fahrtauglichkeit seien noch wesentliche Fragen unbeantwortet, heißt es aus dem Verkehrsministerium. Der Richtlinienentwurf spreche nicht von einem ärztlichen Gutachten, obwohl dies die einfachste Variante wäre. Man könne etwa auch Fahrsicherheitstrainings andenken. Was die fünfjährige Gültigkeitsdauer des Führerscheins ab 70 Jahren betrifft, sei unklar, ob ab diesem Zeitpunkt eine ärztliche Untersuchung oder eine andere Maßnahme zwingend vorgesehen werde. Zudem gelte es zu prüfen, ob dadurch die Mobilität der Landbevölkerung auf problematische Art und Weise eingeschränkt werde. Da es laut dem Vertreter des Ressorts hier viel Kritik gegeben habe, sei gerade ein Kompromissvorschlag in Diskussion, der eine Einschränkung der Gültigkeitsdauer ab 75 Jahren andenke.

Für den Experten der Wirtschaftskammer (WKO) handelt es sich um ein umfangreiches und komplexes Vorhaben, das große Auswirkungen auf das nationale Recht habe. Es sei aus Sicht der österreichischen Wirtschaft zu begrüßen, dass das begleitete Fahren auch für die Führerscheinklassen C (LKW) eingeführt werden soll, die WKO plädiere für die selbe Regelung für die Klasse D (Autobusse). Auch die Anerkennung von ausländischen Lenkerberechtigungen sowie die Erhöhung der Gewichtsbeschränkung auf 4.250 kg (nur für alternative Antriebe) für die Klasse B bewertete der WKO-Vertreter positiv.

"Die Befristung für Senioren:innen ist eine absolute Altersdiskriminierung", betonte Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S). Dem schlossen sich Stefan Schennach (SPÖ/W) und Michael Bernard (FPÖ/N) an. Es sei nicht erwiesen, dass die Unfallhäufigkeit unter Senior:innen höher ist, zudem seien diese in ländlichen Bereichen auf ihr Fahrzeug angewiesen, so Gitschthaler. Für Schennach hat der Vorschlag zwar "viel Licht", neben der angesprochenen Altersdiskriminierung dürfe es jedoch nicht zu einem erleichterten Führerscheinzugang für die sozial stark benachteiligte Gruppe der Berufskraftfahrer:innen kommen. FPÖ-Mandatar Bernard befürchtete eine Ausweitung der ärztlichen Untersuchungen, ähnlich der Regelung für LKW-Lenker:innen, für alle PKW-Fahrer:innen.

Laut Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) ist es sinnvoll, wenn es zur Beibehaltung der Lenkerberechtigung regelmäßige Überprüfungen gibt. Um eine Altersdiskriminierung zu verhindern, könnten medizinische Untersuchungen schon ab einem jüngeren Alter beginnen. Diese seien jedoch mit hohen Kosten verbunden, so der NEOS-Bundesrat.

Digitalisierung von Unternehmensinformationen

Zudem diskutierten die Bundesräte den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission, der es Unternehmen erleichtern soll, den Einsatz digitaler Werkzeuge und Verfahren im EU-Gesellschaftsrecht auszuweiten ("upgrading digital company law"). Der Vorschlag soll die Digitalisierungsrichtlinie ergänzen und zielt darauf ab, die Verfügbarkeit von Unternehmensinformationen, insbesondere auf EU-Ebene, zu erhöhen und administrative Hindernisse in der grenzüberschreitenden Nutzung von Unternehmensdaten zu beseitigen.

Dies soll etwa durch die Forcierung digitaler Instrumente wie dem "Business Registers Interconnection System" (BRIS) gelingen. Zum Abbau von Bürokratie und zur Verringerung des Verwaltungsaufwands für grenzüberschreitende Unternehmen soll es etwa zur Anwendung des "Once-only-Prinzips" kommen, sodass diese bei der Gründung einer Zweigniederlassung in einem anderen Mitgliedstaat keine weiteren Informationen vorlegen müssen. Die entsprechenden Informationen sollen über das BRIS ausgetauscht werden. Eine "EU-Unternehmensbescheinigung" mit grundlegenden Informationen über Unternehmen soll in allen EU-Sprachen kostenlos erhältlich sein. Zur Schaffung von Transparenz und Vertrauen in Unternehmen sollen zudem wichtige Informationen über Unternehmen im BRIS öffentlich zugänglich und mit anderen Registern verknüpft werden.

Man stehe dem Vorhaben zur "Vollendung des Binnenmarktes", und der Beseitigung der verbleibenden Hindernisse und Verwaltungslasten, grundsätzlich positiv gegenüber, heißt es seitens des Justizministeriums. Zu den konkreten Vorschlägen sei der innerstaatliche Meinungsbildungsprozess jedoch noch nicht abgeschlossen, man stehe erst am Anfang der Diskussion, betonte die Expertin des Justizministeriums im Ausschuss. In weiten Teilen entspreche die österreichische Rechtslage bereits den vorgeschlagenen Maßnahmen. Viele der künftig über das BRIS zugänglich zu machenden Informationen seien im Firmenbuch bereits verfügbar. Nationaler Umsetzungsbedarf ergibt sich laut der Stellungnahme des Justizministeriums - je nach dem Ergebnis der Verhandlungen auf europäischer Ebene – vor allem hinsichtlich einiger im Firmenbuch zugänglich zu machender Informationen (z.B. Verwaltungssitz, Konzernstruktur) sowie in der technischen Durchführung.

Der Vorschlag sei aus Sicht der Wirtschaft zu begrüßen, es gehe um einen schnellen Zugang zum Firmenbuch, so der Vertreter der Wirtschaftskammer. Ablehnend stehe man jedoch der Bestimmung gegenüber, dass jedes Unternehmen einmal im Jahr die Korrektheit der eingegebenen Daten zu überprüfen habe. Dies stelle keine Vereinfachung für die Betriebe dar.

Auch alle sich zu Wort gemeldeten Mandatar:innen äußerten sich grundsätzlich positiv zu den Plänen auf EU-Ebene. Maßnahmen zum Bürokratieabbau seien im Interesse der heimischen Wirtschaft, diese dürften jedoch nicht, wie bei den Plänen zur jährlichen Aktualisierung der Daten, das Gegenteil auslösen, unterstrich Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N).

Dem widersprach Stefan Schennach (SPÖ/W), der jährliche Überprüfungen der Unternehmensinformationen als sinnvoll erachtete. Um Verschleierungen zu verhindern, hat für Schennach zudem die Eintragung am tatsächlichen Firmenstandort zu erfolgen.

Adi Gross (Grüne/V) sprach von einer Transparenzerhöhung und deutlichen Verwaltungsvereinfachungen, etwa für Zweigniederlassungen.

Firmenbucheintragungen seien im EU-Vergleich in Österreich bereits stark digitalisiert und nicht die "Bremsen für Unternehmungsgründungen", hielt Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) fest. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) med


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