Parlamentskorrespondenz Nr. 622 vom 05.06.2023

EU-Ausschuss des Bundesrats diskutiert über EU-Plan zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Weitere Themen: Verbesserung der Luftqualität sowie nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln

Wien (PK) – Der EU-Ausschuss des Bundesrats befasste sich heute mit einem Verordnungsvorschlag der EU-Kommission, der auf die Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung abzielt. Die vorgeschlagene Geldwäsche-Verordnung sieht vor allem Verschärfungen im Bereich der Kryptowährungen vor und ist Teil eines EU-Legislativpakets, das unter anderem eine Barzahlungsobergrenze von 10.000 € enthält. Ein Antrag der Freiheitlichen, in dem die Ablehnung der Obergrenze durch die Bundesregierung gefordert wird, fand keine Mehrheit.

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen die Vorschläge der EU-Kommission zur Verbesserung der Luftqualität sowie zur Halbierung von chemischen Pflanzenschutzmitteln in der EU.

Vorhaben zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Der Kommissionvorschlag zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung soll einheitliche EU-Standards in diesem Bereich schaffen. Konkret sind eine Verschärfung der Maßnahmen gegen die Verwendung von Krypto-Assets für diese Zwecke sowie eine Ausweitung der Anwendungsbereiche der Regelung auf alle Krypto-Dienstleister vorgesehen. Das Verfahren zur Listung von Drittstaaten als Länder mit hohem Risiko für Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung soll neu geregelt werden.

Die vorgeschlagene Geldwäsche-Verordnung ist Teil eines Legislativpakets, das Regeln für die behördliche Zusammenarbeit, die Errichtung einer neuen europäischen Behörde mit Aufsichtsbefugnissen in diesem Bereich sowie eine Verordnung zur Übermittlung von Informationen zu Beteiligten bei Zahlungs- und Kryptotransfers enthält. Wie das Finanzministerium (BMF) in seiner Stellungnahme festhält, setze sich Österreich für die Stärkung des Systems zur Prävention von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung ein und begrüße einheitliche Standards in Europa, die zur Entwicklung des Binnenmarkts beitragen würden.

Als Teil des Legislativpakets habe die Europäische Kommission auch eine Barzahlungsobergrenze von 10.000 € vorgeschlagen, wie das BMF berichtet. Diese umfasse sowohl Geschäfte zwischen Privatpersonen als auch gewerblich tätigen Personen – ausgenommen seien etwa private Autoverkäufe. Trotz "schwieriger Verhandlungsposition" im Europäischen Rat, habe Österreich eine Senkung der Bargeldobergrenze verhindern können, heißt es in der Stellungnahme. Für deren komplette Aufhebung habe sich jedoch keine ausreichende Unterstützung anderer Mitgliedsstaaten gefunden, wie es in der Stellungnahme heißt. Durchgesetzt habe Österreich auch den Wegfall der Meldepflicht an die Geldwäschestelle bei der Einlage von mehr als 10.000 € Bargeld bei Kreditinstituten sowie eine temporäre Aufhebungsmöglichkeit der Barzahlungsobergrenze im Falle eines landesweiten Ausfalls anderer Zahlungsarten.

Ausschussdebatte zwischen "Totalüberwachung" und Kriminalitätsbekämpfung

Für den Wiener FPÖ-Bundesrat Johannes Hübner handelt es sich bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung lediglich um "Aufhänger" für Zentralisierungsmaßnahmen die in weiterer Folge zu einer "Totalüberwachung" der Bürger:innen führen könnten. Auch die Einschränkung der Nutzung von Bargeld – etwa mittels immer niedriger werdender Barzahlungsobergrenzen – komme letztendlich dessen Abschaffung gleich. In einem Antrag auf Stellungnahme forderte Hübner die Bundesregierung auf, jedwede von EU-Institutionen vorgeschlagene Obergrenze zur Bargeldnutzung abzulehnen. Dieser Antrag blieb in der Minderheit.

Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S) gestand ein, dass das Thema Bargeld ein "sehr sensibles" sei. Sie warf jedoch ein, dass niemand – weder in der Bundesregierung noch in der EU – eine Bargeldabschaffung in Erwägung ziehe. Finanzminister Magnus Brunner habe sich auf EU-Ebene "vehement" für die Ausnahmeregelungen eingesetzt, doch dürfe das Anliegen der Kriminalitätsbekämpfung nicht kleingeredet werden, so Eder-Gitschthaler.

Stefan Schennach (SPÖ/W) zeigte ebenfalls Unverständnis über den "Wirbel" der FPÖ. Niemand wolle das Bargeld abschaffen und eine Obergrenze von 10.000 € sei angesichts des Durchschnittseinkommens in Österreich keine Aufregung wert. Schon aus sozialen Überlegungen müsse es erhalten bleiben, da Menschen die vor allem eine Kreditkarte nutzten, eher in finanzielle Problemlagen gerieten, als Menschen die vornehmlich Bargeld verwendeten, erklärte Schennach. Daher plädierte er für eine bessere Versorgung mit Bankomaten auch in ländlichen Regionen und eine Garantie etwa von gastronomischen Unternehmen, dass Bargeld auch angenommen werde. Letzterem Anliegen stimmte auch Karl Arthur Arlamovsky (NEOS/W) zu, solange dies nicht zu einem Kontrahierungszwang führe.  

Marco Schreuder von den Wiener Grünen ortete "eine gehörige Portion Populismus" bei den Freiheitlichen, wenn diese von einer Totalüberwachung sprächen. Gerade sie zeigten, wenn es um den Sicherheitsbereich gehe, bezüglich Daten die "größte Sammelwut". Die Umsetzung der EU-Richtlinie könne Menschenleben retten, wenn etwa Terrororganisationen dadurch finanzielle Ressourcen abgeschnitten würden, erklärte Schreuder.

EU-Richtlinie zur Verbesserung der Luftqualität

Die EU-Luftqualitätsrichtlinie hat zum Ziel, die menschliche Gesundheit und die Umwelt insgesamt vor Luftschadstoffbelastungen zu schützen und zu minimieren. Damit sollen neben dem Null-Schadstoffziel für das Jahr 2050 Grenz- und Zielwerte für einzelne Luftschadstoffe bis 2030 an die Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angenähert werden. Zielwerte sind im Richtlinienvorschlag nur noch für Ozon enthalten, sonst sollen großteils Grenzwerte gelten.

Aus Umwelt- und Gesundheitssicht seien die ambitionierteren Grenzwerte zu begrüßen, heißt es seitens des Klimaschutzministeriums (BMK). Eine Einhaltung der ab 2030 vorgeschlagenen Grenzwerte bei Feinstaub sei zurzeit noch in weiter Ferne und erfordere deutlich gesteigerte Anstrengungen – insbesondere auch auf EU-Ebene. Die am 10. Mai 2023 in einer gemeinsamen Länderstellungnahme übermittelten Anliegen würden sich weitgehend mit der bisherigen österreichischen Position auf EU-Ebene decken. Das betreffe etwa die im Kommissionsvorschlag vorgesehenen Schadenersatzregelungen, die im heimischen Rechtssystem nicht vorgesehen seien. Dazu gebe es Vorbehalte aller Mitgliedstaaten, er gehe davon aus, dass es hier noch zu Änderungen kommen werde, so der Vertreter des BMK im Ausschuss. In ihrer Stellungnahme begrüßen die Bundesländer grundsätzlich die Pläne zur Verbesserung der Luftqualität, sie haben aber Zweifel an der Einhaltung des Subsidiaritäts- als auch des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geäußert. Die Kommission müsse ihre Maßnahmen so ausrichten, dass es lokal möglich sei, die festgelegten Ziele einhalten zu können.

Was den Verhandlungsstand betrifft, zeichne sich auf EU-Ebene aktuell eine Zweiteilung ab. Vor allem die osteuropäischen Länder und Italien hätten starke Bedenken geäußert, so der BMK-Vertreter. Für den Experten der Arbeiterkammer geht es bei dem Vorschlag um Umweltgerechtigkeit. Jeder und jede einzelne Bürger:in solle das Recht auf eine gute Luftqualität haben. Dazu seien strenge Grenzwerte notwendig. Der Vertreter der Wirtschaftskammer sprach sich für eine Verschiebung der Grenzwerte auf 2035 aus. Zudem würden mögliche Schadenersatzklagen die heimischen Behörden massiv überlasten.

Europaweite Normen zur Verbesserung der Luftqualität seien grundsätzlich zu begrüßen, hielt Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N) fest. Die ÖVP-Mandatarin äußerte aber Bedenken zur Idee von Schadenersatzansprüchen sowie zur Schaffung von neuen Regionen zur Umsetzung der Reduktionsziele. Hier gelte es auf die Umsetzbarkeit zu achten. Zeidler-Becks Parteikollege Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) sah den Vorschlag kritisch. Die Lebenserwartung in den Industrieländern habe sich stetig verbessert, es gelte mit zu bedenken, Arbeitsplätze zu sichern. Johannes Hübner (FPÖ/W) sah keinen akuten Handlungsbedarf. Wenn die Sache "so dringend" sei, könne man auch national eine Regelung schaffen und müsse nicht "auf Europa warten".

Wenn die EU-Kommission feststelle, dass jährlich 300.000 Menschen an schlechter Luftqualität sterben würden, rechtfertige das jegliche Anstrengungen für eine saubere Luft, betonte Stefan Schennach (SPÖ/W). Es handle sich um einen gelungenen Vorschlag "mit Hand und Fuß". Auch ein Anspruch auf Entschädigung sei zu begrüßen. Ähnlich argumentierte Marco Schreuder (Grüne/W). Für den Grünen-Mandatar geht es darum, Menschenleben zu retten. Viele Tote seien auf die hohe Feinstaubbelastung zurückzuführen.

Landwirtschaft: Chemischen Pflanzenschutz bis 2030 halbieren

Bis 2030 strebt die EU-Kommission im Rahmen des Green Deal die unionsweite Verringerung um 50 % bei chemischen bzw. umwelt- oder gesundheitsschädigenden Pflanzenschutzmitteln an. Dies soll durch die Erarbeitung nationaler Aktionspläne und Ziele sowie durch die Förderung des biologischen Landbaus gewährleistet werden. In einer gemeinsamen Länderstellungnahme vom August 2022 unterstützen die Bundesländer zwar generell das Ziel der Ökologisierung der Landwirtschaft, sie stehen den Plänen der Kommission aber grundsätzlich kritisch gegenüber. Aus Sicht der Länder ist das angedachte Rechtsmittel einer direkt wirksamen Verordnung in diesem Zusammenhang subsidiaritätswidrig. Auch weitere Punkte im Entwurf sind aus Länderperspektive nicht mit der Kompetenzverteilung in der EU vereinbar, etwa dass Mitgliedstaaten von Brüssel zur Einhaltung nationaler Reduktionsziele durch verbindlich vorgeschlagene Maßnahmen verpflichtet werden. In einer aktualisierten Länderstellungnahme vom Mai 2023 wird festgehalten, dass die mögliche Einführung (zentraler) elektronischer Register – mit Ausnahme des integrierten Pflanzenschutzes – auch im Zeichen eines zielorientierten und technisch umsetzbaren Ansatzes in Erwägung gezogen werden könne. Es sei jedoch darauf zu achten, dass sich die daraus ergebenden Verpflichtungen auf ein notwendiges Maß beschränkt und eine zweckmäßige Ausgestaltung angestrebt werde.

Der sparsame und nachhaltige Einsatz von Pflanzenschutzmitteln sei bereits gelebte Praxis in Österreich, heißt es seitens des Landwirtschaftsministeriums, dass Bedenken bezüglich der Aufrechterhaltung der Ernährungs- und Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln äußert. Zudem müssten nationale Gegebenheiten und Strukturen, bereits erbrachte Vorleistungen, wie der Bio-Anteil in Österreich, sowie der administrative Mehraufwand für Landwirt:innen und Behörden durch umfassende elektronische Datenbanken berücksichtigt werden. Laut der Vertreterin des Landwirtschaftsministeriums warte man aktuell auf EU-Ebene auf die erweiterte Folgenabschätzung, die für Anfang Juli 2023 angekündigt sei. Im EU-Parlament seien sowohl der Umwelt- als auch teilweise der Landwirtschaftsausschuss zuständig.

Für den Experten der Wirtschaftskammer handelt es sich um eine "bürokratischen Vorschlag", der "in die falsche Richtung" gehe und etwa zu mehr Importabhängigkeit bei Getreide führe. Dem schloss sich Ferdinand Tiefnig (ÖVP/O) an. Durch strengere Regelungen beim Pflanzenschutz könne die Lebensmittelsicherheit in Österreich beeinträchtigt werden. Hauptbetroffen sei die Landwirtschaft, die bereits jetzt viele der Forderungen erfülle.

Die ÖVP als Vertreterin der Landwirtschaft, blockiere jede Reform in diesem Bereich, warf Stefan Schennach (SPÖ/W) ein. Er konstatierte dringenden Handlungsbedarf beim Pflanzenschutz und fragte eine Expertin des Landwirtschaftsministeriums nach der Problematik von "Hochrisikopestiziden". Diese verwies auf einen "sehr strengen" Zulassungsprozess für Pflanzenschutzmittel sowohl auf EU-Ebene als auch in den Nationalstaaten. Dementsprechend gebe es höchstens "Substitutionskandidaten", die die im Laufe der Zeit durch weiterentwickelte Substanzen ersetzt würden. (Schluss EU-Ausschuss des Bundesrats) med/wit


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