Parlamentskorrespondenz Nr. 1439 vom 21.12.2023

Bundesrat billigt Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst und halbe Inflationsanpassung der Politikerbezüge

Auch Erhöhung der Zuverdienstgrenze zum Kinderbetreuungsgeld passierte die Länderkammer ohne Einspruch

Wien (PK) – Der Bundesrat hat heute zu Beginn des zweiten Sitzungstags den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst und die halbe Inflationsanpassung der Politikerbezüge samt Nulllohnrunde für Spitzenpolitiker:innen gebilligt. Die Bundesrät:innen stimmten jeweils mehrheitlich dafür, keinen Einspruch gegen die entsprechenden Gesetzesbeschlüsse des Nationalrats zu erheben. Auch eine Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Wien zur Überprüfung eines von der EU mitfinanzierten Projekts sowie Novellen zum Kinderbetreuungsgeldgesetz und zum Familienlastenausgleichsgesetz passierten die Länderkammer unbeeinsprucht. Damit sind die Erhöhung der jährlichen Zuverdienstgrenze beim einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeld auf 8.100 € sowie die Verlängerung des Anspruchs von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine auf Familienbeihilfe und Kinderbetreuungsgeld um ein weiteres Jahr – bis 4. März 2025 – endgültig auf Schiene.

Keine Mehrheit erhielt ein Entschließungsantrag der FPÖ. Er zielte darauf ab, auch Spitzenpolitiker:innen in den Ländern wie Landeshauptleute und Landesrät:innen sowie Manager:innen staatsnaher Unternehmen, die mehr verdienen als Nationalratsabgeordnete, in die Nulllohnrunde einzubeziehen.

Bezüge von Abgeordneten und Bundesrät:innen steigen um 4,85 %

Gemäß der Novelle zum Bundesbezügegesetz werden die Bezüge der Abgeordneten und der Bundesrät:innen – inklusive des Bundesratspräsidiums und der Fraktionsvorsitzenden – im kommenden Jahr um 4,85 % (statt wie gesetzlich vorgesehen um 9,7 %) steigen. Gleichzeitig ist für rund 30 Spitzenpolitiker:innen wie den Bundespräsidenten, die Mitglieder der Bundesregierung und die drei Nationalratspräsident:innen eine Nulllohnrunde vorgesehen. Deutlich besser steigen Beamt:innen und Vertragsbedienstete aus: Ihre Gehälter werden laut Dienstrechts-Novelle 2023 um 9,15 % bzw. mindestens 192 € angehoben. Das bedeutet im niedrigsten Gehaltsbereich ein Plus von 9,71 %.

FPÖ fordert Ausweitung der Nulllohnrunde

Markus Leinfellner (FPÖ/St) nutzte die Debatte über das Bundesbezügegesetz zu einem Rundumschlag gegen die Regierungspolitik. Die schwarz-grüne Regierung habe nicht nur die aktuelle Teuerung zu verantworten, sondern der Bevölkerung auch "zweieinhalb Jahre die Grund- und Freiheitsrechte genommen" und "rechtschaffene Bürger als Neofaschisten und Reichsbürger beschimpft", hielt er unter anderem fest. Auch die Russland-Sanktionen wurden vom steirischen FPÖ-Bundesrat erneut kritisiert. Viele Österreicher:innen könnten sich das Leben nicht mehr leisten, sagte Leinfellner und hob als Beispiele etwa den Transport von Kindern in den Kindergarten, die Mitgliedschaft in Sportvereinen oder den Kauf eines Christbaums hervor.

Vor diesem Hintergrund haben sich die Politiker:innen nach Meinung von Leinfellner keine Gehaltserhöhung verdient. Er appellierte in diesem Sinn an die Bundesrät:innen, dem Entschließungsantrag der FPÖ zur Ausweitung der Nulllohnrunde zuzustimmen.

Dem Einwand mehrerer Bundesrät:innen, wonach die FPÖ in jenen Bundesländern, in denen sie in der Regierung sitzt, eine Nulllohnrunde beschließen hätte können, hielt der Tiroler Bundesrat Christoph Steiner entgegen, dass die FPÖ das probiert habe, sich als "Juniorpartner" aber nicht durchsetzen hätte können. Ohne FPÖ wäre es ihm zufolge "noch weit schlimmer ausgegangen": Die Landeshauptleute Mikl-Leitner, Haslauer und Stelzer hätten "die volle Partie wollen".

Breites Lob für den öffentlichen Dienst

Als gerechtfertigt wertete Steiner hingegen die Lohnerhöhung für den öffentlichen Dienst. Das sei "eine ordentliche und g'scheite Geschichte", sagte er.

Auch Sandra Böhmwalder (ÖVP/NÖ) zeigte sich über den Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst erfreut und bedankte sich dafür ausdrücklich bei Vizekanzler Werner Kogler und Finanzminister Magnus Brunner. Gerade in Zeiten des Facharbeitermangels sei es wichtig, den öffentlichen Dienst zu stärken, betonte sie. Die Mitarbeiter:innen des öffentlichen Dienstes würden wertvolle Arbeit leisten und in vielen Bereichen auch am Wochenende und an den Feiertagen für die Bevölkerung da sein.

Was die Bezugsanpassung für Politiker:innen betrifft, meinte Böhmwalder, man müsse "das große Ganze sehen". Gerade für Bürgermeister:innen sei es wichtig, dass man "bei der Selbstentwertung der Politik" unter dem Motto "Wer bietet weniger" nicht mitmache. Franz Ebner (ÖVP/OÖ) unterstrich, dass man mit der halben Inflationsanpassung für die Bezüge der Abgeordneten und der Bundesrät:innen ohnehin ein Zeichen setze. FPÖ-Chef Kickl wurde von Böhmwalder vorgeworfen, die parlamentarische Arbeit nicht ernst zu nehmen.

SPÖ gegen Eingriffe in Länderkompetenzen

Seitens der SPÖ sprach sich die Wiener Bundesrätin Korinna Schumann dagegen aus, in die Kompetenzen der Länder einzugreifen. Die FPÖ wolle mit ihrem Antrag nur "kaschieren", dass sich FPÖ-Chef Kickl in den eigenen Reihen nicht durchsetzen habe können, ist sie überzeugt. Das werde aber nicht gelingen. Schumann unterstrich zudem, dass viele Politiker:innen mit viel Einsatz "Großartiges leisten" und sich Anerkennung verdient hätten.

Ausdrücklich begrüßt wurde von Schumann auch "die gute Lohnrunde" für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Österreich brauche die Mitarbeiter:innen im öffentlichen Dienst, um den Staat aufrechtzuerhalten, bekräftigte sie. In einer zweiten Wortmeldung ersuchte Schumann überdies um Solidarität mit den Beschäftigten im Handel.

Grüne machen FPÖ für Vertrauensverlust in die Politik verantwortlich

Marco Schreuder (Grüne/W) wies darauf hin, dass man, wenn man vom öffentlichen Dienst rede, auch über Polizist:innen, Justizwachebeamt:innen und Lehrer:innen rede. 228.000 Personen seien direkt vom Gehaltsabschluss betroffen, skizzierte er. Dazu kämen viele weitere Beschäftigte, da die Länder zumeist den Bundesabschluss übernehmen. Es sei wichtig, die besten und klügsten Köpfe für den öffentlichen Dienst zu gewinnen, betonte der Bundesrat.

Was die Politikerbezüge betrifft, machte Schreuder vorrangig die FPÖ für "den großen Vertrauensverlust" in die Politik verantwortlich, wobei er etwa auf prall mit Geld gefüllte Sporttaschen, versteckte Goldbarren und Ermittlungen gegen die Grazer FPÖ verwies. "Wir sollten da nicht mitspielen", sagte er. Man müsse "die schwarzen Schafe beim Namen nennen" und gleichzeitig darauf hinweisen, was viele Politiker:innen leisten, vor allem auch in den Gemeinden.

Kogler: Öffentlicher Dienst muss attraktiv bleiben

Vizekanzler Werner Kogler lobte in Zusammenhang mit dem Gehaltsabschluss für den öffentlichen Dienst die Sozialpartnerschaft. Die Höhe des Abschlusses hält er für adäquat, schließlich müsse der öffentliche Dienst attraktiv bleiben. Trotz Krisen sei es eng am Arbeitsmarkt, gab er zu bedenken. Ihm zufolge ist es "gar nicht so einfach", alle Planstellen zu besetzen. Dass diese zuletzt ausgeweitet wurden, begründete Kogler unter anderem mit der bevorstehenden Pensionierungswelle. Es gelte, Wissenstransfer zu gewährleisten.

In Richtung FPÖ merkte Kogler an, die österreichische Bundesverfassung kenne den Begriff "Volkskanzler" nicht. Man könne nicht zulassen, "dass so ein Blödsinn auf die Menschen losgelassen wird". Es gebe einen einzigen direkt gewählten Politiker in Österreich, und das sei der Bundespräsident. (Fortsetzung Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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