Bundesrat Stenographisches Protokoll 625. Sitzung / Seite 10

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In diesem Sinne begrüße ich dieses Gesetz, und meine Fraktion wird ihm zustimmen. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.25

Präsident Dr. DDr. h. c. Herbert Schambeck: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Bundesrat Albrecht Kone#ny. Ich erteile es ihm.

12.26

Bundesrat Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Ich entschuldige mich für meine Absenz beim ersten Versuch, mich aufzurufen: Ich war im Dienste der Opposition unterwegs, um eine vernünftige Terminisierung und eine würdige Beantwortung ihrer dringlichen Anfrage ein bißchen mitzuarrangieren. Ich entschuldige mich aber, ich schiebe nichts auf sie ab.

Meine Damen und Herren! Wir erleben eine Situation, in der Europa gefordert ist, in der Europa insbesondere deshalb gefordert ist, weil es sich angesichts der Katastrophe und Tragödie in Bosnien zu Recht Selbstvorwürfe gemacht hat, daß es zu keinem einheitlichen und rechtzeitigen Handeln gekommen ist.

Es wäre bequem, aber nicht sehr human, wenn Europa und auch Österreich einfach wegschauten, wenn irgendwo in Europa ein dramatischer Konflikt entsteht und Menschen einander – wie in Bosnien in brutalster Weise – umbringen. Wir dürfen nicht nach dem Motto handeln: Wenn sie sich umbringen wollen, können wir sie auch nicht daran hindern! – Diese Haltung des Sich-beiseite-Stellens ist, wie wir alle wissen, nicht nur unmoralisch, sie ist auch kurzsichtig.

Mag sein, daß man in Bosnien zu Recht nicht eingegriffen hat – nach diesem Standpunkt –, mag sein, daß man der Meinung sein kann, man sollte sich um Albanien nicht kümmern, aber mit den Folgen – und zwar auch mit jenem Teil der Folgen, die uns sehr unmittelbar betreffen: mit Flüchtlingen, möglicherweise mit dem Entstehen eines Zentrums der organisierten Kriminalität, mit vielen anderen Erscheinungen, die nicht nur die Menschen, die dort leben müssen, sondern auch uns betreffen – müssen wir dann fertig werden.

Es ist daher eine doppelte Verpflichtung, eine der politischen Verantwortung und der Humanität, aber zugleich auch eine – und das ist ganz legitim – des berechtigten Eigeninteresses, sich dort einzumischen. Weil uns eben alles treffen kann, betrifft uns auch alles in einer vernetzten Welt, und umso mehr in einem vernetzten Kontinent.

Ich weiß nicht, wie man aus diesem moralischen Impetus und aus dieser politischen Interessenvertretung unseres Landes die Argumentationskette ableiten kann, hier werde leichtfertig oder auch bewußt unserer Neutralität der Abschiedsgesang gesungen. Überlegen Sie doch einmal, wie wir unsere Neutralität in all den Jahren, in denen sie unbestritten war – ausgenommen die FPÖ –, gehandhabt haben: Nicht als ein Instrument, das völkerrechtlich das Abseits-Stehen und Wegschauen rechtfertigt, sondern als eine Plattform für ein blockunabhängiges internationales Handeln.

Waren es nicht die Jahrzehnte der Hochblüte der Neutralität, in denen die gute Tradition der UNO-Einsätze österreichischer Soldaten begründet wurde? War es nicht dieser Zeitraum, in dem Impulsgebungen – beispielsweise im Nahen Osten – von der österreichischen Außenpolitik ausgingen? – Wir tun heute – sicher unter anderen Rahmenbedingungen – nichts anderes, als wir damals gemacht haben. Wir tun es in einem vernetzten Kontinent gemeinsam mit anderen, in diesem Fall im Verband der OSZE.

Aber es ist überhaupt keine Frage – und wir normieren das ausdrücklich in diesem Gesetz –, daß bei jeder solchen Entsendung die völkerrechtlichen Verpflichtungen Österreichs – und dazu gehört selbstverständlich die Verpflichtung zur dauernden Neutralität – zu berücksichtigen sind.


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