BundesratStenographisches Protokoll768. Sitzung / Seite 129

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Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Formen männlicher Gewalt sind unvorstellbar! Er kontrolliert ihre Telefonate, er bestimmt, wann sie ausgehen darf, er bestimmt, mit wem sie ausgehen darf, er schließt sie ein, er schlägt sie. (Bundesrat Mitterer: Immer er! Kann es nicht auch einmal eine Sie sein?) – Lieber Herr Kollege Mitterer, die häusliche Gewalt ist ganz einfach zum Großteil männlich, und das ist erschreckend. (Bundesrat Mitterer: Aber nicht nur!) Zum Großteil männlich!

Er tritt sie mit den Füßen, reißt sie an den Haaren, schlägt sie und zwingt sie danach zur Sexualität. Und die Spirale der Gewalt beginnt immer wieder von vorn. Er bereut, schwört Besserung, schwört Liebe. Sie glaubt, gibt nach, zweifelt an sich selbst, und es fängt wieder von vorne an. Die Abstände werden allerdings immer kürzer und die Gewalt immer brutaler.

Das Ergebnis einer Ursachenforschung, lieber Herr Kollege Mitterer, hat ergeben, dass sich Männer, die sexuellen Missbrauch ausüben, dabei sehr stark und dominant fühlen. Sie erfüllen damit die männliche Rollenerwartung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für Frauen sind die Folgen dieser männlichen Gewalt enorm. Ich spreche jetzt nicht von den blauen Flecken, ich spreche jetzt auch nicht von den Prellungen, ich spreche auch nicht von den Knochenbrüchen, sondern ich spreche jetzt von Verlust von Selbstachtung; die Frauen geben sich auf, sie haben Angst. Ich spreche von Schlafstörungen, von Essstörungen, von Depressionen. Und ich spreche auch davon, dass sich Frauen völlig zurückziehen und dann vollständig isoliert werden.

Diese Frauen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind traumatisiert. Sie verdrängen, sie schweigen, sie zerbrechen, sie versuchen zu überleben, über Monate, Jahre, Jahr­zehnte. Sie vertuschen und spielen eine heile Welt vor. Einigen gelingt es, das Schweigen zu brechen. Sie wollen endlich aus dieser Gewaltbeziehung herauskom­men. Sie suchen Hilfe in den Gewaltschutzzentren und zeigen den Gewalttäter an.

Dass gerade jene Frauen, die ihre Geschichte vor Gericht erzählen, auch Gehör finden, dass all das, was sie erlitten haben, auch eine Rolle spielt, und zwar auch beim Urteil über den Täter, dass auf ihre Traumatisierung Rücksicht genommen wird, dabei soll sie das Zweite Gewaltschutzgesetz mit dem neuen Straftatbestand unterstützen.

Wir werden selbstverständlich zustimmen.

(Bundesrätin Blatnik setzt ihre Rede in slowenischer Sprache fort.)

Danke. Hvala. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Bundesräten ohne Fraktions­zuge­hörig­keit.)

16.47


Vizepräsidentin Mag. Susanne Neuwirth: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Bun­desrat Strohmayer-Dangl. – Bitte.

 


16.47.20

Bundesrat Kurt Strohmayer-Dangl (ÖVP, Niederösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Defizite und Schutzlücken in der Praxis haben dieses Paket notwendig gemacht. Es stellt eine wichtige Weichenstellung in hochsensiblen Bereichen dar, nämlich in den Bereichen Gewalt in der Familie, Stalking und auch beim Sexualstrafrecht.

Das Paket umfasst eine Reihe von Gesetzesänderungen. Lassen Sie mich auf einige wichtige Verbesserungen eingehen. In das Strafgesetzbuch wird ein wichtiger neuer Tatbestand aufgenommen, wodurch Opfer von Gewalt etwa bei fortgesetzter Gewalt­anwendung über einen längeren Zeitraum hinweg noch besser vor Aggressoren in den eigenen vier Wänden geschützt werden können – eine wirklich wichtige Sache, die ich während meiner 25-jährigen Tätigkeit als Polizist selbst miterlebt habe.

 


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