Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 40. Sitzung / Seite 138

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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann. – Bitte.

18.43

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema dieses Tagesordnungspunktes reduziert sich im Wesentlichen darauf, dass dem Entschließungsantrag der sozialdemokratischen Fraktion nicht beigetreten wurde. Im Wesentlichen ist es ein harmloser Antrag, für den eigentlich jede demokratische Partei zu gewinnen sein müsste, wenn man nicht etwas zu verbergen hat. Es geht nämlich hauptsächlich darum, einen jährlichen Bericht darüber aufzulegen und Regierungsvorlagen, Verordnungen und andere Vollzugsakte auf Menschenrechtsakkordanz hin zu überprüfen.

Warum man dagegen sein kann und warum ich Bedenken habe, dass das als selbstverständlich zu gelten hat, ergibt sich aus sehr vielen Signalen. Das erste Signal war für mich, dass man in die Koalitionsvereinbarungen, in die Präambel aufgenommen hat, was in jedem anderen westlichen demokratischen Staat selbstverständlich ist: dass man die Einhaltung der Menschenrechte gewährleisten will. Wenn ich das in einem politischen Übereinkommen, das keine verfassungsrechtliche Bedeutung, sondern lediglich eine Bedeutung vom Inhalt her hat, extra festhalten muss, dann muss ich mir entweder nie sicher gewesen sein, dass ich Menschenrechte einhalten will, oder schon selbst Bedenken gehabt haben, dass sie eingehalten werden, sonst brauche ich das nämlich nicht. (Abg. Dr. Krüger: Weil der Bundespräsident das so wollte!)  – Sie haben es unterschrieben.

Wenn wir jetzt aber weiter denken, an das denken, was dann passiert ist, über Krüger, Böhmdorfer: Bei Böhmdorfer, muss ich Ihnen sagen, wird das Ganze schon mit etwas mehr Fleisch versehen. Wenn nämlich jemand flächendeckend politische Klagen gegen politisch anders Denkende einbringt – jedermanns gutes Recht –, also permanent die politische, die rechtliche Keule der politischen Agitation ist, und man genau diesen Mann zum Justizminister macht, dann bekommt ein Menschenrechtsbericht andere Gewichtung. Ich glaube, Sie haben das Problem, dass Sie mit dieser Gewichtung selbst nicht fertig werden. Dieses Problem haben Sie in Wirklichkeit! (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Abgeordnete Partik-Pablé hat den "Weisen"-Bericht zitiert. Das Einzige, das wirklich drinnen steht über Menschenrechtsproblematik – und das sollte hier nicht verschwiegen werden –, ist auf den Seiten 27 und 28 zu finden, wo ausdrücklich darauf eingegangen wird, dass in Anwesenheit des Bundesministers für Justiz der Landeshauptmann von Kärnten die Möglichkeit erwähnte, eine Vorschrift des Strafgesetzbuches für Abgeordnete anzuwenden, die die Regierung kritisieren. – Das steht da drinnen, das ist nicht meine Erfindung. Das steht da drinnen, und Sie werden dann weiter sehen, dass im Punkt 95 auf dieser Seite dann steht, dass eine solche Position eines Ministers in der Bundesregierung nicht mit den Verpflichtungen eines Staatsorganes vereinbar ist, wie sie sich aus der Verfassungsstruktur der Europäischen Union ergeben, die in Artikel 6 des Unionsvertrages bestätigt wird.

Das ist ein eindeutiger Hinweis, dass es eine ganz problematische Vorgangsweise in Bezug auf die Menschenrechte ist, und das wird ergänzt durch den Punkt 98 auf Seite 28, in welchem ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sowohl der Supreme Court der Vereinigten Staaten von Amerika als auch der Bundesverfassungsgerichtshof in Deutschland und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in wichtigen Urteilen entschieden haben, dass die Nutzung von Beleidigungsverfahren zum Schutz von Politikern die Meinungsäußerungsfreiheit und die Pressefreiheit verletzen kann.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat dies in den letzten 20 Jahren in mehreren Verfahren entschieden. Im Zusammenhang mit einer Person, die flächendeckend anders Denkende mit Klagen eingedeckt hat, die dann letztendlich im Wesentlichen genau diese Menschenrechtsverletzung beinhalten, die der Bericht anzeigt, muss man ganz ehrlich sagen, dass es bedenklich ist, wenn der Forderung nach einem Menschenrechtsbericht nicht zugestimmt wird. (Beifall bei der SPÖ.)


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