Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 20

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Ein weiterer Fall könnte eintreten: Es werden überhaupt keine Ermittlungsaufträge erteilt, nach dem Motto: Die Suppe ist zu dünn.

Oder es könnte der dritte Fall eintreten: Es werden bewusst massive Ermittlungsaufträge erteilt, um irgendjemanden unter Druck zu setzen.

Für alle drei Missbrauchsfälle brauchen wir neben dem Weisungsrecht auch eine ergänzende Kontrolle: Wenn beispielsweise die Staatsanwaltschaft die offensichtlich falschen Aufträge erteilt, muss es der Exekutive möglich sein, sich gegen diese Falschaufträge zu wehren. Beispielsweise wäre aus meiner Sicht denkbar, eine Anregung über die Generalprokuratur zu erreichen.

Die Kontrollmechanismen müssen wir daher in diesem Bereich verstärken, wenn wir schon eine solch mächtige Behörde, wie es die Staatsanwaltschaft in Zukunft sein wird, schaffen. Und dieses Budget erlaubt uns die Fortsetzung des Reformkurses! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

9.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundesminister. Ich erteile es ihm.

9.55

Bundesminister für Justiz Dr. Dieter Böhmdorfer: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich gehe jetzt in der Reihenfolge, in der argumentiert wurde, auf die einzelnen Argumente ein und möchte vor allem zu den Äußerungen von Herrn Abgeordnetem Dr. Jarolim Stellung nehmen.

Herr Kollege! Sie haben die Petition der Richterschaft angesprochen. Ich möchte sagen, dass diese Petition durchaus existiert, aber längst überholt wurde (Abg. Dr. Mertel: Wovon überholt? Wovon?) und in verbesserter Form von mir selbst gemeinsam mit der Präsidentin der Richtervereinigung eine andere Petition herausgegeben wurde.

Wenn Sie sich die Ereignisse im Dezember – es war der 15. Dezember 2000 – in Erinnerung rufen, so galt damals Folgendes: Es gab eine öffentliche Diskussion zwischen Politikern, Richtern und Staatsanwälten. Ich habe damals sofort die Vertreter der Richtervereinigung und den Präsidenten der Staatsanwälte gebeten, ins Ministerium zu kommen. Diese hatten damals ungefähr zehn Tage hindurch keine Zeit, und das Gespräch fand am 15. Dezember 2000 statt.

Ich hatte damals eine Erklärung vorbereitet, die der Präsidentin der Richtervereinigung abgerungen werden musste und der der Präsident der Vereinigung der österreichischen Staatsanwälte sehr schnell zugestimmt hat. Diese Erklärung ist deutlicher, prägnanter und unterstützt die Unabhängigkeit der Richter viel mehr als die Resolution der Richter. Allerdings geht sie auch davon aus und erwähnt dies ausdrücklich, dass die Richter nicht frei von Kritik sind. Auch Richter müssen sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein. Auch Richter müssen sich, wenn auch sachlich, kritisieren lassen. Dem haben die Richter ausdrücklich zugestimmt. Dem haben auch die Staatsanwälte ausdrücklich zugestimmt, und ich möchte klarstellen, dass es keiner Initiative der Richter bedurft hätte, um diese Erklärung abzugeben. Das ist bewiesen, das ist historische Tatsache, und das lasse ich mir nicht nehmen und von niemandem verdrehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Öllinger: Das ist eine ungeheuerliche Verdrehung!) – Das ist keine Verdrehung, Herr Abgeordneter! Das ist absolut richtig, und man kann das auch nachvollziehen und nachprüfen. Ich bin gerne bereit, auch Ihnen persönlich den Nachweis darüber zu erbringen.

Diese Erklärung wurde zu einem Zeitpunkt unterschrieben, als die Erklärung der Richter noch gar nicht in die Öffentlichkeit gedrungen war. (Abg. Dr. Kostelka: Weil Sie zuvorkommen wollten!) – Nein, auch das ist nicht richtig, Herr Klubobmann – Herr geschäftsführender Klubobmann, entschuldigen Sie –, weil ich von dieser Aktion der Richter gar keine Ahnung hatte. (Abg. Dr. Kostelka: Natürlich!)


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