Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll37. Sitzung / Seite 165

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Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, wer gestaltet denn die Agrarpolitik in Öster­reich, wer gestaltet sie in Europa? – Es sind die konservativen Bauernverbände. (Abg. Grillitsch: Gott sei Dank!)

Und wer tritt dann auf, wenn Bauern und Bäuerinnen in Not sind, sich zusammen­schließen, um sich zu wehren, und gemeinsam versuchen, das Problem zu lösen? Wer ist die erste Adresse, um aufzustehen gegen diese Bäuerinnen und Bauern, die sich wehren? – Der Österreichische Bauernbund! (Abg. Wöginger: Der Pirklhuber!) Das Erste ist, dass diese Bäuerinnen und Bauern ausgegrenzt werden. Ja, das ist Ihre Poli­tik: Anstatt für alle Bäuerinnen und Bauern da zu sein, grenzen Sie aus! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wöginger.) Sie sind verantwortlich für eine Politik, die Tausen­de, ja Hunderttausende Arbeitsplätze in Europa gefährdet und zerstört. – Das, meine Damen und Herren, ist doch Zynismus ersten Ranges.

Wenn 40 000 Milchbäuerinnen und Milchbauern Aktionen durchführen, die so weit ge­hen, dass sie Milch, ein hochwertiges Lebensmittel, auf Feldern ausbringen, verschüt­ten oder sonst irgendwie zu verteilen versuchen, weil sie keinen Preis mehr dafür be­kommen (Abg. Ing. Schultes: Weil ihr verhindert habt, dass die Bauern liefern kön­nen!), dann ist das doch, Kollege Schultes, ein Warnsignal schlechthin. Diese Bäuerin­nen und Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand. Und statt Solidarität, Zustimmung und Unterstützung zu signalisieren, machen Sie das Gegenteil: Sie fallen diesen Bäue­rinnen und Bauern in den Rücken! Das ist unsolidarisch innerhalb der Bauernschaft, und das kann ich nur ablehnen, und zwar ganz massiv ablehnen. (Beifall bei den Grü­nen sowie bei Abgeordneten der FPÖ. – Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Schauen wir uns doch die Preisentwicklung an! – Im letzten Jahr minus 30 Prozent bei den Erzeugermilchpreisen. Für einen Liter Milch erlösen Bäuerinnen und Bauern der­zeit gerade einmal 25 Cent. Ein Bauer muss 13, 14 Liter Milch ... (Abg. Wöginger: In Deutschland vielleicht!) – In Österreich! Ein Bauer/eine Bäuerin muss 13 Liter Milch melken, damit er/sie sich überhaupt eine Halbe Bier im Wirtshaus kaufen kann. Das ist die Realität. Es ist doch einfach schauerlich, wenn man gleichzeitig davon spricht, dass Milch ein hochwertiges Lebensmittel ist. 25 Cent für einen Liter Milch! Das ist doch ge­radezu ein Hohn, und überdies liegt das weit unter allen Gestehungskosten, weit unter den Produktionskosten. (Abg. Ing. Schultes: Sie wissen nicht einmal den Milchpreis!)

Herr Kollege Schultes, reden S’ kan Blödsinn! Was Sie die letzte Zeit aufgeführt ha­ben ... (Abg. Grillitsch: Das habt ihr verschlafen!) – Wir haben nichts verschlafen, son­dern Sie, Herr Kollege Grillitsch, haben die Petition der IG Milch nicht mitgetragen. Vier Parteien im Haus, BZÖ, FPÖ, SPÖ und Grüne, haben gemeinsam, als die De­monstration der Milchbauern stattfand, diese Petition ins Parlament gebracht. (Abg. Grillitsch: Ihr verschlaft alles!) Sie jedoch, Herr Kollege Grillitsch, haben sich da ver­weigert und Sie haben sich auch einer Diskussion verweigert.

Das ist jetzt mein Appell auch an die SPÖ: Hochachtung, dass Sie da mitgegangen sind, aber bitte stehen Sie zu Ihrem Wort, diese Petition ernst zu nehmen, damit wir endlich im Ausschuss beraten – und deshalb dieser Fristsetzungsantrag –, welche Strategien wir entwickeln und wie wir uns mit Expertinnen und Experten austauschen können, und zwar im Interesse der Bäuerinnen und Bauern!

Kollege Grillitsch, da sind Sie gefordert! (Abg. Ing. Schultes: Sie betreiben billige Pole­mik auf Kosten der Menschen!) Kommen Sie endlich einmal aus Ihrem Eck, aus Ihrem Schmollwinkel heraus, aus jenem Eck, in dem Sie sich verschanzt haben, hinter Ge­meinplätzen und Stehsätzen. Sie, Herr Kollege Grillitsch, haben die vergangenen zehn Tage keinen Milchbauern gesehen; das ist ganz offensichtlich. Ansonsten würden Sie nämlich begreifen, dass diese Bäuerinnen und Bauern – übrigens viele davon Mitglie­der des Bauernbundes, zumindest noch bis vor Kurzem – enttäuscht sind von einer po-


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