Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 108

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möglichst klein bleibt. Sie haben hier nicht das Wahrheitsmonopol, Herr Dr. Pilz! (Beifall bei der ÖVP.)

Es kommt noch etwas dazu, und darauf basierte ja der Text, den SPÖ und ÖVP in den vergangenen Wochen ausgearbeitet haben: Das Wissen, dass es eigentlich selbstverständlich ist, dass sich die 15 EU-Mitgliedsstaaten und die, die beitreten wollen, neben einem gemeinsamen Wirtschaftsraum und einer gemeinsamen wirtschaftlichen Währung auch dazu verpflichten wollen – das ist das Wesen des Amsterdamer Vertrags –, eine Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik zu machen, und wir glauben, dass eigentlich folgerichtig am Ende einer solchen Entwicklung eine wechselseitige Beistandsgarantie stehen soll.

Wenn wir in einer solchen Familie europäischer Nationen drinnen sind, dann ist doch selbstverständlich, dass jeder dem anderen Schutz und Hilfe geben muss, wenn er angegriffen wird. Das ist das Wesen einer europäischen Beistandsgarantie, und das ist auch das Neue in den Texten, die gemeinsam außer Streit gestellt worden sind und denen, wie wir wissen, ja auch die Freiheitlichen als Gedanke absolut positiv gegenüberstehen. Damit hätten wir erstmals tatsächlich einen neuen, parteiübergreifenden Konsens – minus Grüne, das weiß ich schon, ich bedauere es auch –, um uns auf diesem Weg schrittweise einer europäischen Beistandsgarantie annähern zu können.

Das bedeutet dann natürlich  –  da haben Sie Recht, und darauf muss man auch klar hinweisen –, dass in einem EU-Zusammenhang Neutralität eben nicht mehr möglich ist. Wir sind dann solidarisch, und die späteren Gesetze, der Artikel 23f, was den Amsterdam-Vertrag betrifft, oder eine europäische Beistandsgarantie, die ja auch eine neue, zusätzliche Verfassungsbestimmung erfordern würde, würden dann tatsächlich in diesem Bereich die Neutralität deutlich und massiv einschränken.

Aber ich halte das für vertretbar. Es ist dies eine logische Konsequenz, die sich aus dem europäischen Engagement ergibt. Und ich gebe Ihnen Recht, dass man zusätzlich dazu noch ein Friedensgebot für unsere Außenpolitik oder für die Prinzipien der österreichischen Außenpolitik verankern sollte, denn es ist völlig klar, dass ein Land wie Österreich in diesem europäischen Konzert insbesondere die Stimme der Konfliktvermeidung, der Konfliktverhütung und der Friedenssicherung erheben sollte. Wir sind nicht die, die mit gebrauchten oder neuen Panzern, Hubschraubern oder Waffensystemen irgendetwas aktiv zur Kampfesbeendigung beitragen können. Aber wir wissen, dass unser Beitrag etwas mehr ist als Rhetorik. Und dass wir heute in Albanien, im Kosovo, in Bosnien, in Zypern oder sonst wo aktive Friedenssicherung betreiben, hat etwas mit der aktiven Außenpolitik der letzten Jahre zu tun, die Sie im Wiener Landtag offensichtlich nicht einmal bemerkt haben. Aber wir haben sie bemerkt, Herr Kollege! (Beifall bei der ÖVP.)

Es steht auch außer Streit – das möchte ich hier auch sagen –, dass wir im Sinne dieser Weiterentwicklung auch an der westeuropäischen Rüstungsgruppe teilnehmen wollen. Das stand außer Streit, und das ist auch sehr vernünftig. Denn vergessen Sie nicht: Da geht es um durchaus österreichisches Know-how, um österreichische Technologie, um österreichische Forschung und um österreichische Produktionsmöglichkeiten. Es wäre doch absurd, würden wir uns aus einer solchen gemeinsamen europäischen Rüstungsanstrengung ausklinken!

Das sagt nichts über die Höhe des österreichischen Verteidigungsbudgets und über den Grad der Militarisierung einer Gesellschaft aus, aber das sagt aus, dass es klug ist, sich an einer arbeitsteiligen Forschungs- und Beschaffungskooperation zu beteiligen.

Der zweite Teil hat mit der Neutralität an sich überhaupt nichts zu tun. Aber wie für sachlich denkende Menschen zu erwarten oder zu befürchten war, haben Sie klarerweise auch Ihre jüngste Skandalisierungswelle mit hereingebracht. Daher darf ich mich mit Erlaubnis des Präsidenten zumindest argumentativ rechtfertigen oder zur Wehr setzen.

Abgeordneter Pilz vertritt seit einigen Monaten – und das wird durch immer wiederkehrende Behauptungen nicht wahrer – die falsche Behauptung, ich hätte im Jahr 1994 als damaliger Wirtschaftsminister bei einem Radaranlagenbeschaffungsauftrag des österreichischen Bundes


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