Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 36

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10.05

Abgeordnete Dr. Evelin Lichtenberger (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Diese Aktuelle Stunde verdient einen neuen Titel: "Der Scheidungsreport". Wenn ich mir die Aufrechnungen und die verschiedenen Interpretationen der vergangenen Wochen ansehe, muss ich annehmen, dass die Abgeordneten, die jetzt gesprochen haben, von unterschiedlichen Ereignissen sprechen. (Abg. Dr. Mertel: Es sind auch verschiedene Veranstaltungen!) Offensichtlich haben sie sich nicht in denselben Verhandlungen befunden (Zwischenruf des Abg. Böhacker ), und offensichtlich hat die ÖVP jahrelang überhaupt bei Regierungssitzungen und bei Verhandlungen über das Budget gefehlt. Denn wenn es sich sogar bis Tirol durchgesprochen hat, dass es Probleme mit dem Budget gibt und geben wird (Abg. Oberhaidinger: Bis Vorarlberg!), dann ist es aus meiner Sicht schon sehr verwunderlich, warum das die Herrschaften von der ÖVP in der Regierung nicht mitbekommen haben. (Beifall bei den Grünen.) Der Gebrauch eines Taschenrechners dürfte doch wohl auch auf dieser Seite der Reichshälfte nichts völlig Neues mehr sein.

Sie haben darüber gesprochen, dass ein Risikoprojekt gescheitert ist, ein Risikoprojekt, bei dem eine Einigung zwischen ÖVP und SPÖ ganz klar – und das lässt sich vor allem an der Frauenpolitik und an der Frage der Pensionen ablesen – gescheitert ist, und zwar an genau diesen Fragestellungen, wie Lösungen, maastrichtkonforme Lösungen, budgetkonforme Lösungen in diesem Bereich möglich sein werden.

Gescheitert ist das Ganze aber zu Gunsten eines Hochrisikoprojektes, eines Hochrisikoprojektes insofern, als ich zwei Dinge mit besonderer Spannung erwarte: Dies ist zunächst einmal die Interpretation der Vergangenheit durch die Volkspartei. Es hat sich heute ja schon abgezeichnet, dass, während freiheitliche Abgeordnete meinen, sie übernehmen einen Scherbenhaufen, ÖVP-Abgeordnete durchaus noch immer stolz auf die Erfolge der letzten Jahre und Jahrzehnte sind. Da wird es noch einer Phase der Vergangenheitsbewältigung zwischen diesen beiden Parteien bedürfen, bis man sich darüber einig werden wird, worauf man jetzt eigentlich aufbaut.

Mit besonderer Spannung aber, meine Damen und Herren, warte ich gerade im Bereich der Pensionen darauf, wie die ehemaligen gegen die Beamtenprivilegien auftretenden "Antiprivilegienritter" der Freiheitlichen mit den geeichten Verteidigern der Privilegien der wohlverdienenden Beamten der obersten Etagen zusammenkommen werden, wie die zu gemeinsamen Lösungen kommen werden. Da, meine Damen und Herren, befürchte ich, dass es wieder so läuft, wie es sich schon in diesem Pakt mit den Sozialdemokraten abgezeichnet hat, dass es nämlich zu einer Lösung kommt, die auf Kosten der kleinen, der jungen Beamten, der Neueinsteiger geht, jener, die aus dem System nichts mehr lukrieren werden, aber jetzt schon die Lasten für dieses System übernehmen werden müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Das, was sich hier abzeichnet – und das wird der zweite spannende Punkt sein –, ist ja eine Uraltpolitik vor allem gegenüber Frauen, ist eine Uraltpolitik, die Privilegien nur mehr in ganz bestimmten Bereichen zulassen wird. Auch hier werde ich mir mit besonderer Begeisterung anschauen, wie sich dann die Vertreter der schlagenden Verbindungen und die Vertreter der katholischen Verbindungen untereinander ausmachen werden, wer die Spitzenjobs in Verwaltung und Bürokratie besetzen wird. In einem Punkt kann man sich bei dieser Konstruktion ganz sicher sein: Frauen werden keine dabei sein! (Beifall bei den Grünen.)

10.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegen dazu keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit ist die Aktuelle Stunde beendet.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisung verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.


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