Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 104

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sozialer und wirtschaftlicher Entwicklung, den Schutz der Umwelt und die kulturelle Entfaltung in den Reformstaaten endlich angemessen zu unterstützen, beinhaltet;

die Neutralität auch als Verpflichtung zu verstehen, bei humanitären Hilfsaktionen, bei Maßnahmen zur Entwicklung von Demokratie, Sozialstaat, Achtung der Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit, des Wiederaufbaus und der Entwicklungspolitik in besonderem Ausmaß Aufgaben und Lasten zu übernehmen;

die österreichische Neutralität in die Regierungskonferenz der EU so einzubringen, dass sie in den Beschlüssen zur Europäischen Sicherheitspolitik verankert wird;

die sofortige Durchführung einer Volksbefragung über die Beibehaltung der Neutralität zu initiieren, deren Ergebnis die Bundesregierung in der Regierungskonferenz der Europäischen Union zu vertreten hat. Ohne Verankerung dieses Ergebnisses im neuen EU-Vertrag ist eine Zustimmung Österreichs nicht möglich!

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieses Antrages gem §§ 74a (2) iVm 93 (2) GOG verlangt."

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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Pilz als Antragsteller zur Begründung des Dringlichen Antrages das Wort.

Gemäß § 74a Abs. 5 der Geschäftsordnung darf die Redezeit 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

15.01

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diesen Tag empfinde wahrscheinlich nicht nur ich in diesem Haus als außergewöhnlich. Wir diskutieren nach wie vor unter einer sozialdemokratisch-konservativen Bundesregierung, aber niemand merkt mehr irgendetwas davon.

An der Spitze der ÖVP – und ich werde darauf zurückkommen – weiß man nicht, ob der amtierende Vizekanzler und Außenminister früher Bundeskanzler oder Zeuge in einem Untersuchungsausschuss wird. Die größere Regierungsfraktion übt mit unterschiedlichem Erfolg die Rolle der Opposition, und die freiheitliche Fraktion zeigt eine Vor-Regierungstreue, wie ich sie weder in diesem Haus noch im Wiener Landtag ein einziges Mal erlebt habe: Streichel- und kuschelweiche, ehemals protestierende Politiker, die immer hinüberschauen und denken, womit der zukünftige Koalitionspartner gekränkt werden könnte, und daher jede Kränkungsmöglichkeit unterlassen, Schreihälse, die so schnell zu Wendehälsen geworden sind – das hat es wohl in der politischen Kultur dieses Hauses noch nicht gegeben.

Wir haben heute Vorkommnisse um die Handhabung der Geschäftsordnung erlebt, die mir absolut neu waren. Ich habe nicht erwartet, dass ein erfahrener Präsident die Interessen einer noch nicht einmal angelobten Bundesregierung über die Einhaltung des Geschäftsordnungsgesetzes stellt. Wir haben rund um die ersten Anträge das Umschwenken der Freiheitlichen auf die neue schwarze Linie erlebt. (Abg. Jung: Und dann ist er schweißgebadet aufgewacht!) Und wir haben auch schon ein internationales Echo, das auch die Regierungsfraktionen überraschen muss: Von Israel bis in die USA, von den skandinavischen Ländern bis nach Spanien und Italien gibt es nur eines, nämlich völliges Unverständnis über diese Regierungsbildung. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Wir haben Informationen, was Ihr Kollege Voggenhuber im Europäischen Parlament verbreitet, dass Sie Österreich so in den Schmutz ziehen!)

Herr Kollege Scheibner! Wir beginnen jetzt schon wieder mit der nächsten Nagelprobe. Am 9. September des Vorjahres hat Ihr Parteiobmann erklärt, es müsse so schnell wie möglich über die Frage der Neutralität einen Volksentscheid geben. Das ist auch der Grund, warum wir heute diesen Dringlichen Antrag eingebracht haben. (Abg. Scheibner: Ach, um die Sache geht es


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