Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 6. Sitzung / Seite 107

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

schuss und bei der Abstimmung darüber werden wir sehen, wie gut Sie zusammenpassen. (Abg. Scheibner: Sie sind aber nicht der Oberlehrer des Parlaments!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich ersuche, jetzt wieder zum Thema des Dringlichen Antrags zurückzukehren!

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (fortsetzend): Selbstverständlich, gerne. (Abg. Scheibner: Sagen Sie einmal, was Neutralität ist, damit wir wissen, wovon Sie reden!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Trotz allem äußere ich die Hoffnung (Abg. Dr. Martin Graf: Um die Zeit der Abstimmung sind Sie eh nie da!), dass bei dieser dritten Nagelprobe des heutigen Tages etwas anderes passiert als bei den ersten beiden Nagelproben. (Abg. Scheibner: Da werden Sie ja nicht mehr da sein, oder haben Sie noch Journalisten herbestellt?) Ich hoffe, dass auch eine Freiheitliche Partei zu ihren Versprechen steht und mit uns stimmt, wenn es darum geht, der österreichischen Bevölkerung rechtzeitig die Möglichkeit zu einem Volksentscheid zu geben. Ich hoffe, dass die Kolleginnen und Kollegen der sozialdemokratischen Fraktion zustimmen, und ich hoffe, dass es in diesem Fall endlich einmal eine Mehrheit gibt, die auch den Interessen einer Mehrheit der österreichischen Bevölkerung entspricht. – Danke. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Scheibner: Das war aber schwach! Das war sehr schwach!)

15.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Im Sinne der Bestimmungen über den Dringlichen Antrag ist nunmehr der Herr Außenminister aufgerufen, eine Stellungnahme zum Gegenstand abzugeben, die eine Redezeit von 20 Minuten nicht überschreiten soll. – Bitte, Herr Vizekanzler.

15.15

Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten Vizekanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Die Grünen haben einen Dringlichen Antrag über die Bewahrung der Neutralität vorgelegt, und wir alle haben jetzt die Begründung des Abgeordneten Pilz gehört, der allen vorwirft, dass sie von ihren Prinzipien abrücken und ständig ihre Meinung ändern.

Nur: Ist das der gleiche Peter Pilz, der jetzt hier gesprochen hat und das Hohe Lied der Neutralität gesungen hat und sich gegen jede Intervention ausgesprochen hat, der aber laut einer APA-Aussendung – ich habe den Text vorliegen – am 1. August 1992 zum Bosnien-Konflikt gesagt hat, in der jetzigen Situation Bosniens gebe es nur noch die Alternative eines militärischen Eingreifens von außen, es gebe bereits einen Hilfszwang, militärisch einzugreifen, um militärisches Großgerät zu zerstören und Belagerungsringe zu sprengen?

Ist das der gleiche Peter Pilz, der hier das Hohe Lied der Neutralität singt und uns vorwirft, dass wir heute erkennen, dass in so einer dramatischen Situation wie in Bosnien, wie im Kosovo, wie in Tschetschenien es einfach nicht genügt, nur dazusitzen und zu sagen: Ach, wir sind neutral, wir mischen uns nicht ein!?

Herr Abgeordneter! Ich bitte um eine differenzierte Bewertung. Das wollen wir tun und haben wir auch getan, denn es haben sich natürlich auch die Bedrohungsbilder dramatisch verändert. Der Kalte Krieg ist zu Ende, wir haben heute eine Vielzahl von Organisationen, die Frieden, Sicherheit und Stabilität garantieren. Aber wie unvollständig Ihr eigener Antrag ist, zeigt, dass im Dringlichen Antrag der Grünen das Wort "OSZE" überhaupt nicht vorkommt. Es ist Ihnen offenbar entgangen, dass in dieser Organisation sehr wichtige Themen wie Krisenmanagement, Friedensverbreitung, Konfliktverhütung behandelt werden, eine Organisation, die, wie Sie vielleicht nicht wissen, derzeit von Österreich als Vorsitzland geführt wird.

Das heißt, das, was Sie hier vorlegen, ist sicher nicht jenes umfassende Stabilitäts- und Friedenskonzept, für das sich die österreichische Bundesregierung und, so meine ich, die überwältigende Mehrheit im Nationalrat immer eingesetzt haben. Hören Sie daher auf zu polemisieren! Wir wissen genau, dass wir allein nicht Frieden herstellen können, weder in Bosnien noch im Kosovo, in Kurdistan oder in Tschetschenien, aber wir versuchen, in einer aktiven, engagierten europäischen und österreichischen Friedenspolitik alles zu tun, damit sich die Zahl der Konflikte verringert, damit Flüchtlinge zurückkehren können und die Zahl der Opfer


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite